@sarah2
Ich habe selbst Asperger-Autismus, und bevor man sich mit Strategien zur Verbesserung beschäftigt, ist das Wichtigste zuerst eine gesicherte Diagnose. Dein Therapeut sagt, du hättest „zumindest Asperger-Züge“ – das kann viel oder wenig bedeuten, aber Autismus ist eine neurobiologische Entwicklungsvariante, keine reine Verhaltensstörung. Deshalb ist es wichtig, ob es sich wirklich um Autismus handelt oder ob deine Schwierigkeiten durch Sozialphobie oder andere Faktoren beeinflusst werden. Denn je nach Ursache braucht es andere Strategien.
Es gibt nicht „den Autisten“, genauso wenig wie es „den Neurotypischen“ gibt. Manche haben Probleme mit Mimik und nonverbaler Kommunikation, andere nicht. Manche sind extrem wortgewandt, andere haben Schwierigkeiten mit Sprache.
Asperger ist keine psychische Erkrankung, sondern eine neurobiologische Variante. Dein Gehirn verarbeitet Informationen anders – das kann Vor- und Nachteile haben. Der große Fehler, den viele machen, ist zu denken: „Wie kann ich mich anpassen, damit ich nicht auffalle?“ Das ist Masking, und langfristig führt das oft zu Stress, Erschöpfung oder Burnout. Viel sinnvoller ist es, herauszufinden, wie du deine eigene Art der Kommunikation findest und damit trotzdem funktionierst.
Das Problem bei einer unklaren Diagnose ist, dass es einen Unterschied macht, ob deine Schwierigkeiten durch Autismus kommen oder durch Sozialphobie oder Angststörungen. Wenn du wirklich Autismus hast, wirst du nie neurotypisch „lernen“ können. Wenn es eher eine soziale Unsicherheit ist, kann gezieltes Training helfen. Deshalb ist eine klare Diagnose so wichtig – einfach nur „autistische Züge“ zu haben bedeutet nicht unbedingt, dass man auch Autismus hat.
Falls du eine gesicherte Diagnose bekommst, ist das Wichtigste, nicht nur auf Defizite zu schauen. Viele Autisten haben sehr klare Stärken – sei es analytisches Denken, Detailwahrnehmung oder eine tiefe Begeisterung für bestimmte Themen. Anstatt nur zu versuchen, an deinen Herausforderungen zu arbeiten, kann es auch hilfreich sein, deine Stärken mehr in den Fokus zu rücken.
Letztendlich geht es nicht darum, sich „anzupassen“, sondern zu verstehen, wie du funktionierst – und dir dann das Leben so einzurichten, dass es für dich passt.
Aber dazu bedarf es einer gesicherten Diagnose, die dein Therapeut hier anstoßen sollte und nicht ins blaue hinein aufgrund seiner Vermutung der asperger Züge therapieren. Weil eben die Therapie des ganzen komplett anders ausfällt.