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Ist es normal Angst vor einer Therapie zu haben?
Ich gehe das erste Mal zu einer Therapie, die ich wirklich ernst meine und ich habe Angst.
Ich war dort erst wenige male, dennoch arbeitet unfassbar viel in mir aufeinmal.
Die Frau ist wirklich nett und ich vertraue ihr, aber es fühlt sich so an, als ob es mich mehr destabilisiert als stabilisiert.
Mir geht so viel durch den Kopf, ich habe so viele neue Zweifel, neue Perspektiven.
Ich weiß nicht, ist es der Anfang einer Therapie?
Ist es normal, weil man aus seiner Komfortzone raus muss?
Oder heißt das, dass es nicht gut für mich ist?
Ich weiß es nicht, ich habe Angst.
Ich habe das Gefühl, ich werde komplett neu aufgebaut, aber dazu muss ich erst komplett auseinander gelegt werden und wenn ich komplett auseinander gelegt bin, dann wie kann ich mich noch über Wasser halten?
Ich lasse es gerade zu, aber ich spüre die Angst dabei, dass es nicht richtig ist.
Weil momentan bin ich ganz offen.
Ich nehme alles an was sie sagt und Versuche es zu verarbeiten.
Aber was, wenn ich zu offen bin?
Was wenn sie kompletten Mist macht und ich es zulasse, ohne mich zu schützen?
Ist es normal solche Zweifel zu haben oder bedeutet es, dass es für mich nicht gut ist, dort hin zu gehen?

11.07.2021 23:13 • 13.07.2021 #1


4 Antworten ↓


Vorweg möchte ich direkt einmal sagen das ich keine persöhnlichen Erfahrungen habe, was Therapien angeht, daher kann ich nur meine Sichtweise und Erfahrungen zweiter Hand teilen.

Wie jemand auf eine Therapie anschlägt ist ganz unterschiedlich. Aber Angst kann durchaus normal sein. Eine solche Therapie ist nichts einfaches. Das viel in dir arbeitet ist aber ein gutes Zeichen. Natürlich ist so eine Veränderung erstmal angsteinflößend. Du verlässt das dir bekannte Gebiet und betrittst etwas dir unbekanntes. Wie sagt man so schön? Das Übel das man kennt ist besser als das Übel das man nicht kennt. Daher ist deine Reaktion durchaus nachzuvollziehen.

Aber du gehst ja zur Therapie um eine Veränderung herbei zu führen. Desshalb solltest du jetzt nicht anfangen deine Fortschritte zu sabotieren, gerade wenn du merkst das es läuft. Veränderungen sind oft erstmal angsteinflößend. Aber ich bin mir sicher, wenn du das ganze durch ziehst wird es dir auf lange sicht besser gehen.

A


Angst vor Therapie normal?

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Hallo Luaaaa,

Ja, das ist alles völlig normal.
Nichts von dem, was Du beschreibst, ist in irgendeiner Form ungewöhnlich.
Es gibt darum hier im Forum ja auch sehr viele Threads zu genau dieser Thematik.
Und es ist kein Zeichen dafür, dass Du deswegen keine Therapie machen solltest.

Alles, was Du beschreibst, sind völlig normale Wirkungen und Nebenwirkungen von Therapie, die auftreten können (und sehr, sehr oft in der einen oder anderen Form auftauchen, ich kenne niemanden, bei dem das nicht so war). Deswegen unterschreibst Du auch einen Therapievertrag, in dem genau auf diese Punkte hingewiesen wird, und durch Deine Unterschrift bestätigst Du ja auch, dass Du davon Kenntnis genommen hast.

Du hast eine Eigenverantwortung bei der Mitgestaltung Deiner Therapie, diese Verantwortung gibt man nicht vollständig an den Therapeuten ab. Es liegt an Dir und ist Deine Aufgabe, offen mit Deiner Therapeutin zu kommunizieren, ihr ganz klar zu sagen, was in Deinem Leben gerade so los ist, wie Deine Lebensumstände gerade genau aussehen, wie hoch gerade Deine Alltags-Belastungen sind und was Deine Wünsche/Vorstellungen an die Therapie sind.

Dementsprechend wird Deine Therapeutin die Therapie gestalten. Die Intensität ist durchaus variabel. Wenn Du z.B. gerade beruflich stark eingespannt bist (oder Ärger auf der Arbeit hast), viel mit der Familie oder anderen Dingen um die Ohren hast oder akut noch zusätzlich körperlich krank bist, ist vielleicht eher so etwas wie Stabilisierung und Entspannungstechniken angezeigt, wenn man gerade selber angeschlagen und instabil ist, kann es z.B. ein ungünstiger Zeitpunkt dafür sein, traumatische Ereignisse intensiv-konfrontativ aufzuarbeiten.

Wenn man gerade die Kapazitäten hat (und überschaubare Alltags-Belastungen), kann man sich intensiv mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen, wenn die Alltagsprobleme dominieren, sollten diese vielleicht vordringlich in der Therapie thematisiert werden. Es ist ein Prozess, den Du aktiv mitgestaltest und der variabel ist.

Es ist ein leider noch immer häufig anzutreffendes Missverständnis, dass man in der Therapie alle Entscheidungen der Therapeutin überlässt und seine eigene Verantwortung für den Therapieprozess an diese abgibt. Therapie ist aber eine Arbeitsbeziehung auf Augenhöhe zwischen zwei Personen, die beide ihre Verpflichtungen wahrnehmen müssen, jeder auf seine Weise. Es ist keine Eltern-Kind-Beziehung, in der die eine Seite alle Entscheidungen trifft und die andere Seite keine Mitverantwortung trägt. Dementsprechend ist man der Therapeutin auch nicht ausgeliefert. Nimm' Deine Verantwortung ernst, Du bist eine mündige Patientin und kein Kind. Sich in der Therapie einfach komplett fallenzulassen zu dürfen (oder zu müssen) und in der Therapie keine Verantwortung mittragen zu müssen/dürfen ist eine Wunsch- oder Angstvorstellung, die viele Patienten haben, die aber nichts mit der Realität professioneller Therapie zu tun hat.

Es liegt an Dir und ist Deine Aufgabe, Deinen Therapieprozess aktiv mitzugestalten. Ein zu offen sein gibt es da nicht. Wenn Dir etwas nicht gefällt oder Dich verunsichert, ist es Deine Verpflichtung, ihr das zu sagen. Melde ihr offen zurück, was bei Dir funktioniert und was nicht (im Rückbezug auf die vorangegangene Stunde), reflektiere den Prozess aktiv, am besten nach jeder Stunde, und rede mit ihr darüber.

Du hast eine Mitverantwortung für Deine Therapie, nimm' diese wahr. Ein solches Ausgeliefertsein gibt es in der Therapie nicht, es passiert dort nichts, was Du nicht zulässt, Du bist eine mündige erwachsene Geschäfts-Partnerin in dieser therapeutischen Arbeits-Beziehung, kein Kind ohne Mitspracherecht und ohne Verantwortung.
Ein solches Verantwortung vollständig abgeben gibt es in der Therapie nicht, weder zum Guten noch zum Schlechten hin.

Lass' Dich einfach in Ruhe auf den Prozess ein, trage Deinen Teil bei und mach' Dir keine Sorgen, bislang scheint alles ganz normal für eine Therapie zu laufen. Es fühlt sich für Dich noch ungewohnt und beängstigend an, weil es noch neu für Dich ist, aber Du wirst Dich daran gewöhnen, wenn Du am Ball bleibst.

Viel Erfolg weiterhin!

LG Silver

Ich halte das auch für ganz normal. Eine Psychotherapie ist gerade anfangs eine ungewohnte Situation und im Endeffekt geht es meistens darum Dinge an die Oberfläche zu holen, die erstmal unangenehm, anstrengend, ggf. peinlich usw. sind. Das ist neu. Das macht Angst.

Ich habe kurz vor einer Therapiestunde mal meinen Blutdruck und Puls gemessen: 180/110 und 110 bpm
Alleine diese Reaktion zeigt schon die 'psychische Ausnahmesituation', in der ich mich befand (normale Werte im Ruhezustand für mich: Blutdruck ~120/75 und Puls 70 bpm).

Bei mir selber ist diese Angstreaktion aber hauptsächlich VOR der eigentlich Therapiestunde aufgekommen und ist dann während der Gespräche spürbar gesunken.

Wenn das für dich ein größeres Problem ist, du deswegen Zweifel an der Therapie hast o.ä., dann würde ich empfehlen das einfach mal anzusprechen. Eine Therapiestunde ist genau der richtige Ort für sowas

Das ist ziemlich normal.

Du redest u beschäftigst Dich mit einem oder mehreren Trauma, ich musste im Anschluss der Stunde oft zuhause ein Schläfchen machen, weil ich so alle war.

Ich wünsche Dir alles Gute





Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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