Na dann nennen wir es statt Charakter einfach Persönlichkeitseigenschaften, was wohl auch aktuell der modernere Begriff ist.
Wie willst Du denn Persönlichkeitseigenschaften durch Therapie ändern? Wenn jemand kaum Emotionen hat und das seit über 40 Jahren, dann wird sich daran nichts ändern. Ich kenne z.B. eine Frau (62), die hat schon seit Jahrzehnten Depression. Einer der Gründe dafür ist wohl eine Art starkes Helfersyndrom, ohne an sich zu denken. Das ist aber nun mal Teil ihrer Persönlichkeit und daran hat auch keine Therapie was geändert. Die Therapie kann nur erreichen, besser damit umgehen zu können.
Ehrlichkeit ist auch eine Persönlichkeitseigenschaft. Meinst Du, wenn jemand 50 Jahre unehrlich war, dann ändert sich das durch Therapie?
Psychotherapie kann nur helfen, besser mit den Problemen umgehen zu können und sicher auch bis zu einem Punkt, an dem man die Probleme nicht mehr wahrnimmt. Heilen kann die Therapie aber nicht, auch keine Persönlichkeit umkrempeln.
Noch ein Beispiel.
Ich hab mich vor 3 Monaten von einer Frau getrennt, nach 8 Monaten, wir hatten aber nur ein freundschaftliches Verhältnis. Ich hatte sie letztes Jahr in der Tagesklinik kennengelernt, sie leidet an schwerer Depression. Sie wollte dann im weiteren Verlauf doch mehr. Ich hatte allerdings null Interesse, schätzte sie aber menschlich. Leider wurde das dann alles etwas anstrengend und ich zog den Schlussstrich. Sie kam nicht klar und musste stationär in die Psychiatrie, hab sie dort noch 1 mal besucht und mich endgültig verabschiedet.
Meine Therapeutin frage mich, ob ich nicht doch etwas Mitleid habe, weil sie ja schließlich quasi wegen mir nun in der Psychiatrie ist. Nein, sagte ich, es ist mir völlig egal und berührt mich nicht. Die Fakten waren von vornherein klar und wenn sie damit nicht klar kommt, ihr Problem.
Meine Therapeutin sagte dann, ja, es spricht für mich und meine Persönlichkeitsmerkmale. Emotional fast null.
Und wenn Du mir nun sagst, daran kann eine Therapie was ändern, dann wäre das so, als würde man einen Menschen, der einen anderen Menschen nicht liebt, dahin therapieren, dass er dann den Menschen doch liebt. Und das wird nichts werden.
Emotionen, Liebe, Gefühle, da kann man nichts an-therapieren. Man hat es/sie oder nicht.
Wenn das alles funktionieren würde, dann könnten wir auch alle gleichgeschlechtlich und Lesben zu Heteros therapieren. Und das geht mit Sicherheit nicht, auch wenn es irgendwo in der Welt immer noch unseriöse Psychologen gibt, die das Gegenteil behaupten.
03.04.2010 21:48 •
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