@Alina2245 :Ja, obwohl im herkömmlichen Sinn es nicht der Fall ist.
Beim ersten Fall geht es um meine Mutter, ihr ging es an ihrem Todestag körperlich nicht so gut. Ich hatte für den nächsten Tag eine Reissuppe mit Hackklößen angefertigt, es war schon spät und die trockene Wäsche wollte ich noch vom Dachboden runterholen. Ich bat meine Mutter, auf das Essen zu achten, sie gab ihr Einverständnis und ich ging hoch. Als ich runterkam, lag sie Tod in der Küche, weil sie unglücklicherweise mit ihrem Kopf gegen das Heizungsrohr fiel. Ich gebe mir für ihren Tod die Schuld, warum hat unsereins nicht einfach den Herd ausgestellt oder man hätte die Wäsche ruhig auch am nächsten Tag holen können.
Beim zweiten Fall geht es um eine junge Frau, die sich damals in der Jugendpsychiatrie in mich verliebt hat, weil unsereins aber in jemand anders sich verliebte, gab ich ihr ein schonendes Nein für ein Beziehungsstart. Wir verstanden uns trotzdem sehr gut und erzählten uns alle Sorgen. 5 Jahre später wollte sie mich treffen, sie wusste nur die Stadt, wo ich wohne und fand mein zu Haus trotzdem. Sie traf mein Vater an, ich war in dieser Zeit wieder in teilstationäre Behandlung, deswegen hatte mein Vater mich bei ihr verleugnet, weil er befürchtete, diese Begegnung würde mir nicht guttun. Er sagte zu ihr, dass ich längere Zeit in einer Klinik sei, obwohl unsereins jeden Wochentag am späten Nachmittag und am Wochenende sowieso zu Hause war. Beide trafen sich in kürzester Zeit wieder und zwar im Krankenhaus. Er erfuhr von ihr, dass sie sich erfolglos das Leben nehmen wollte, am nächsten Tag wollte er noch mal mit ihr sprechen, eine Krankenschwester sagte ihm daraufhin, dass sie in der Nacht sich leider erfolgreich ihr eigenes Dasein genommen hat. Als mein Vater viele Jahre später im Sterbebett lag, erzählte er mir alles, weil es ihm selbst wohl zur Last wurde, und jetzt ist es meine. Ich weiß nicht, ob ich sie hätte retten können, aber so wurde mir der Versuch genommen, weil man mich schützen wollte.
Ich stamme leider nicht nur von meiner Mutter ab, diese Linie stammt vor langer Zeit ursprünglich von Frankreich. Meine Vorfahren waren vom Glauben Protestanten (Hugenotten) und flohen aus ihrem Land wegen mehreren Pogromen. Deswegen waren einige aus unserer Familie schon immer sehr eng verbunden mit anderen Menschen, die Ähnliches erlebten. So war es auch bei Martha und Gerda, ihre Ehemänner gehörten dem jüdischen Glauben an. Sie sind meine Heldinnen, weil sie sich nicht getrennt haben von ihren Männern, wie leider es so viele andere taten, sie flohen aus diesem Land am Ende der Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts, ein Paar lebte daraufhin in den USA und das andere Paar in Australien. Aber ich habe auch die Linie des Vaters, ich bin so froh, meinen leiblichen Großvater nie gesehen zu haben, weil er glücklicherweise gefallen ist. Dieser Unmensch wollte sogar seinen eigenen Bruder ins Konzentrationslager bringen, weil dieser von dem Regime nichts gehalten hat. Nur weil seine Mutter um das Leben des Bruders gebettelt hat, blieb er am Leben. Mehr möchte ich über dieses Ungeheuer nicht sagen, weil er es nicht verdient, das man überhaupt von ihm spricht. Anstatt ihn habe ich den besten Opa bekommen, der mir beibrachte, dass Geschichte alles ist. Ich habe immer wieder das Gefühl, das ich kein Recht habe, am Leben zu sein durch meines Vaters Vater.