Zitat von Panikatthedisco:
Mich würde generell mal interessieren ob es hier Menschen gibt die ihre Herzphobie überwunden haben und falls Ja, was habt ihr gemacht?
Meine Herzphobie habe ich komplett überwunden.
Ich sage gerne, dass ich Großmeister in Herzphobie war. Nichts konnte mich beruhigen, Experten hatten nur nicht genau genug hingeschaut, mich nicht wirklich ernst genommen, das ganze Programm.
War gepaart mit einer knackigen Angststörung, die ich rückblickend als generalisiert bezeichnen würde, mit sehr üblen Spitzen von Panikattacken.
Losgekommen davon bin ich durch mehrere kleine Bausteine, die alle individuell sind, aber vielleicht doch ein Linie anzeigen. Ich begriff irgendwann, dass hinter meiner Angst erstens, ein gehöriges Machtpotential steckt (ich konnte meine Umwelt erschrecken und die Puppen tanzen lassen) und zweitens, viel Rechthaberei. Ich wusste es besser, als alle Experten und fühlte einen imaginierten Triumpf, wenn ich dann tot gewesen wäre, aber doch Recht gehabt hätte.
Nachteil: Ich konnte meine Empfindungen nicht einfach abstellen.
Ein anderer Baustein war die Aussage von Menschen, die suggieren konnten, dass sie wussten, wovon sie reden. Z.B., dass das Herz ein einfacher Muskel ist, der sehr robust ist und gut arbeitet und sich auch noch gut selbst reparieren kann. Da konnte ich mich etwas fallen lassen, das gab ein wenig Sicherheit.
Als Herzphobiker oder allgemein als jemand der zu psychosomatischen Reaktionen neigt, will man 100%ige Sicherheit, 99, 998% sind nicht genug, da man sich gerne für die Ausnahme hält. Und sie vielleicht auch oft sein möchte...?
Dann Psychotherapie. Muss nicht speziell auf das Herz zielen, Entlastung ist Entlastung und hilft. Auch hier fühlt man sich oft nicht ernst genommen, weil man zu wissen meint, dass man doch was Organisches hat und man möchte über das sprechen, das man gewohnt ist. Meine Therapeutin ließ mich da auflaufen, hat sie gut gemacht.
Dann, die Erfahrung, dass man sich wieder was zutrauen kann. Training, das man überlebt, wenn man es schafft so zu trainieren, dass man sich nicht selbst sabotiert und bis zur nächsten 'Attacke' trainiert. Auch das kann man noch als selbstdestruktives Verhalten deuten und sich sagen: Don't do that. Irgendwann hat man da selbst keinen Bock mehr drauf.
Ich bin nach schrittweiser Steigerung, mit dem Rad, genügend steile Berge bei Gluthitze hochgefahren, um meinem Herzen zu vertrauen. Aber nach sehr moderatem Anstieg des Trainings. Aber wenn man jung ist, braucht man dazu keine Ewigkeit.
Meditation hat mich die ganze Zeit begleitet und sicher ihre Rolle gespielt.
Final sicher die Erfahrung im Krankenhaus, als Pfleger. Gar nicht aufs Herz bezogen: Ich sah immer mal wieder Menschen vor mir, die zu jung waren, um viel falsch gemacht zu haben und dennoch an scheußlichen Dingen starben. Erkenntnis: Da machse nix. Will man nicht wahr haben, weil man im Leben in Phasen immer ein Kontroll-Idiot ist, aus diesen oder jenen Gründen. Hoffnungslos, man hat die Kontrolle einfach nicht, alles dumme Illusionen. Die Fassade will man aber nicht einstürzen lassen, mit all den Punkten davor führte die Gewissheit des Todes, trotz gutem Essen, Vorsorge, Cardio-Krempel und allen Wundermittelchen dazu, dass ich die Erkenntnis nicht vermeiden konnte. Hätte mich crashen können, statt dessen verschwand meine Hypochondrie, die quälend war, nahezu vollständig, Herzphobie inklusive.
Das Alter hilft auch, gewöhnlich ist man jung, wenn man den Mist hat.
Hoffe, Du kannst mit dem einen oder anderen Baustein was anfangen.