Verwandtes Thema
Panikattacken - Angst vor Durchfall & Blähungen
Hi,
ich habe bisher fast mit niemanden über dieses Thema geredet, aber mittlerweile ist mein Leidensdruck so groß geworden, dass ich es mir von der Seele schreiben muss.
Vielleicht gibt es den ein oder anderen, der auch in einer Form davon betroffen ist.
Angefangen hat alles ca. damit als ich 13 war, wir in der Schule einen Test schrieben und ich Bauchweh hatte. Ich hatte zu dieser Zeit einen Schwarm, mit dem ich auch zusammen war.
Ohne es zu bemerken entfloh mir ein etwas lauterer Pups und mein Sitznachbar grinste (sonst hat es niemand gehört). In der Pause sah ich, wie der besagte Sitznachbar zu meinem Schwarm lief und es ihm erzählte, beide lachten und sahen mich an. Das wars auch schon wieder, die beiden Jungs redeten nie wieder darüber, doch mich begleitet diese Situation schon mein halbes Leben lang (heute bin ich 26).
Anfangs kam ich noch einigermaßen gut klar in der Schule und die Blähungen hielten sich in Grenzen.
Aufgrund einer Erkrankung musste ich mitten im Jahr die Schule abbrechen, war lange Zeit im Krankenhaus, hatte mehrere Operationen (an der WS), verlor meine Schulfreunde und komplett meinen Rhythmus, und hatte zudem keinen Schulabschluss.
Den Abschluss nachholen war die reinste Tortur für mich geworden, das Wort Schule löste in mir die totale Panik aus. Nachts hatte ich regelmäßig Albträume (auch heute noch), wie ich im kleinen Klassenzimmer sitze, gefangen bin, nicht flüchten kann und mich alle für meine Blähungen verurteilen auslachen.
Mit Müh und Not, einigen Kohletabletten und Bachblüten habe ich den Abschluss doch noch geschafft. In der Klasse hatte ich oft Herzrasen, ich setzte mich so gut es ging weit weg von allen anderen und wenn ich mal Durchfall hatte, fuhr ich direkt nach hause, weil ich mich einfach nicht mehr in die Klasse traute. Ich hatte dementsprechend auch viele Fehlstunden.
Von da an wurde es dann auch zunehmend schlimmer. (Eines vorweg: Ich habe keinen Reizdarm. Ich kann so gut wie alles essen und wenn ich zuhause bin und mich wohl fühle, habe ich keine Beschwerden).
Ich vermied immer mehr Situationen, wo mehrere Freunde/Bekannte anzutreffen waren. Je größer die Gruppe, desto schlimmer spielt mir die Psyche einen Streich. Bei einer Person ist es ok.
Meine Verwandten habe ich seit mehr als 6 Jahren nicht mehr gesehen, weil ich es einfach nicht auf die Familienfeste schaffe, zu groß ist die Angst vor möglichem Gelächter.
Wenn sich die Situation manchmal nicht vermeiden lässt, z.B bei Arztterminen, esse ich einen Tag davor relativ wenig. In der vollen Praxis (oder auch anderswo) treten dann die üblichen Symptome auf, Luftnot, Herzrasen, Blähungen bis zu Durchfall hin. Wenn die Praxis leer ist, passiert nichts.
Ich hatte schon etliche Situationen, wo meine Ex Freunde dachten, ich kann Menschen einfach nicht leiden, aber dem ist überhaupt nicht so. Ich habe mir durch mein Verhalten schon etliches kaputt gemacht und es schränkt mich natürlich auch total ein.
Dazu kommt noch, dass ich seit zwei Jahren im Rollstuhl sitze und kaum mehr selbstständig laufen kann, dieses Gefühl von Panik und ausgeliefert sein, hat sich dadurch noch potenziert. Als Rollifahrerin habe ich ohnehin oft das Gefühl, dass sich Menschen (z.B im Restaurant) gestört fühlen, wenn man mit dem Rolli ankommt, was ich an den Blicken sehe. Das macht es für mich, die ohnehin schon totale Panik vor Ausgrenzung hat, wenn sie mal pupst, nicht unbedingt leichter
Konträr ist es auch, dass ich sonst eigentlich sehr selbstbewusst bin und mich mag. Ich möchte Psychologie studieren und mache gerade mein Abi per Fernstudium. Präsenzunterricht war mit meinem Schultrauma ausgeschlossen. (Dass ich die Prüfungen vor Ort ablegen muss die mehrere Stunden dauern, daran will ich gar nicht erst denken. )
In meinem kleinen Kreis, Eltern und wenigen Freunden fühle ich mich auch sehr wohl, wo das Pups Thema auch nicht wirklich präsent ist.
Ich bin seit zwei Jahren in einer Beziehung und das ist auch der Grund, dass ich mich jetzt dazu durchringe, etwas ändern zu wollen. Bisher habe ich die Eltern von meinem Freund bzw. die Familie noch nicht kennengelernt. (Corona war in der Hinsicht ein Segen für mich)
Im Sommer soll es dann so weit sein, er möchte alle zum Essen einladen.
Die Familie kommt aus sehr gutem Hause, wo einige (laut Erzählungen vom Partner) großen Wert auf Tischmanieren, das korrekte Verwenden vom Besteck usw. legen. Das ist natürlich der absolute Supergau für mich, die ohnehin schon kaum vor fremden Menschen essen kann. Mein Partner kennt meine Ängste, aber natürlich kann er mich nicht ewig seiner Familie vorenthalten. Ich habe schon ernsthaft überlegt, dass ich mich mit ihm Schluss mache, nur um dieser Situation ausweichen zu können und mir dadurch große Peinlichkeiten erspare. Ich habe diese Gedanken natürlich gleich wieder verworfen, weil ich mir mit diesem Mann eine Zukunft vorstellen kann und das auch nicht die Lösung des Problems sein kann.
Es tut mir leid, dass der Text so lange geworden ist. Ich denke, man kann erkennen, wie sehr mich dieses Verhalten einschränkt.
Ich wäre sehr dankbar über ähnliche Erfahrungen oder Tipps bezüglich Panikattacken.
Eine Gesprächstherapie habe ich mir schon mal durch den Kopf gehen lassen, aber ich bin unsicher, ob es wirklich etwas helfen würde. Dieses Problem hat sich einfach über Jahre hinweg so in meinen Kopf eingebrannt.
Liebe Grüße
24.05.2021 00:36 •
#60