Zitat von _Verzweifelt_:Daisho du hast dein Mobber auch konfrontiert oder wie hast du dieses Thema abgeschlossen?
Ja, und nein.
In meinem Falle handelte es sich um ein (heute würde man sagen) Bossing, welches mit meinem 8. Lj begann und mit meinem 16. Lj bedingt endete, weil ich mich dem durch Umzug entzog. Eine Lehrerin kam mit mir nicht zurecht, stellte mich vor der Klasse bloß, lenkte dadurch den von ihr produzierten Zorn der Klasse auf mich. Es kam zu nahezu täglichen Übergriffen auch körperlicher Natur.
Meine Eltern reagierten recht hilflos kontraproduktiv; zunächst rieten sie mir, ich solle mich wehren. Als ich dies dann tat, mich gegen 5 'Klassenkameraden' zur Wehr setzte, blaue Augen, blutige Lippen und zerrissene Pullis produzierte, war es auch nicht richtig. Ich wurde gezwungen mich bei allen Beteiligten zu 'entschuldigen'. Was für diese natürlich als Freibrief umgedeutet wurde. (Welcher auch bei mir in der erwähnten Kriegskunst mündete)
Dass ich wenig später - anstatt in eine Sonderschule abgeschoben zu werden, wie es die Lehrerin verlangte - Klassen übersprang, machte die Sache für mich unterm Strich auch nicht besser. Es blieb das gleiche Schulzentrum. Das gleiche Dorf (sprich Kuhkaff ). Auch blieb ich gerade dadurch 'immer' der Jüngste und Kleinste in der Klasse. Die körperlichen Übergriffe endeten erst Jahre später, als ich versehentlich einen Lehrer 'auf die Bretter schickte'. (Mir standen auf dem Schulhof mehrere 'Schwätzer' gegenüber. Ein Lehrer näherte sich - von mir unbemerkt - von hinten, wollte mich zur Seite schieben. Und fand sich im nächsten Moment via Schulterwurf im Fesselgriff auf dem Boden wieder. Hatte mit seinen Beinen noch den Rädelsführer umgerissen. Gab nur kurz Ärger - einen warnenden Zeigefinger vom Schulleiter - nachdem sich auch dieser Lehrer - trotz anhaltendem Tremors in den Fingern - für mich einsetzte. ) Das 'wirkliche' Ende der körperlichen Übergriffe kam dann mit dem Einsetzen meiner Pubertät. Nicht jedoch das Ende des Mobbings.
Mit 16 ergab der ausbildungsbedingte Umzug in einen 40 km entfernten Ort mir jedoch die Möglichkeit zur Verdrängung. Welche ich weidlich nutzte. Meine BW-Zeit, das Studium hernach führte mich noch weiter weg. Meinen Heimatort besuchte ich zumeist nur für Stunden um Eltern und Geschwister wieder zu sehen.
Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. So kam es zum beschriebenen Zusammentreffen mit dem benannten 'Mobber'. Und ich fühlte mich - wie beschrieben - wieder als sei ich 8 und absolut hilflos und allein. Meine inzwischen erarbeitete berufliche und private Gegenwart war vergessen. Ich war wieder das hilflose Kind.
Die Erkenntnis machte mir anfänglich recht schwer zu schaffen. Ging mir nicht aus dem Kopf. Ich habe lange darüber nachgedacht. Mich teilweise in biedermeierische Erziehungsfantasien verstiegen. (A la Wilhelm Busch 'Max und Moritz': Typ schnappen, übers Knie legen, die Hose herunter und Hand oder Gürtel tanzen lassen.) Auch wenn solche Visualisierungen durchaus 'entspannend' sein können, waren sie jedoch nicht der Weisheit letzter Schluß. (Stellt euch mal vor, ich hätte dies in der Eisdiele gemacht; was wäre hernach los gewesen? )
Ich bin dann - innerhalb meiner Kräfte - meine Erlebnisse - so weit ich mich entsinnen konnte - Stück für Stück angegangen. Begonnen mit der inzwischen lange verstorbenen Lehrerin. Konnte mit der Zeit meinen Frieden damit machen. Jene Dinge, die diese mir damals unterstellte, hatte ich ja schon lange wiederlegt. Es nur selber noch nicht begriffen.
Auch die Situation mit dem Mobber ging ich so durch. Begriff, dass die damals so verletzenden Vorwürfe eigentlich gesamt haltlos waren. Nur verwendet wurden, weil man festgestellt hatte mich damit verletzen und schwächen zu können. Und ich ihnen gezeigt hatte, wie sehr es mich verletzte und dadurch deren scheinbare Stärke bestätigte.
Das Treffen mit dem Mobber wiederholte einige Zeit später: Er kam in eben jene Eisdiele, erkannte mich und für einen Moment lächelte er etwas boshaft, wie ich empfand. Doch das Lächeln verschwand nur zu schnell. Er wirkte plötzlich etwas unsicher und setzte sich. Blieb auch die ganze Zeit meiner Anwesenheit sitzen, abgesehen von wenigen Blicken in meine Richtung.
Ich gestehe: es hat mich geärgert. Hätte ihn doch so gerne auseinander genommen. Habe mir über seine Reaktion lange den Kopf zerbrochen. Meine Erkenntnis war; ich war auf ihn vorbereitet. Und dieses strahlte ich mit meiner Körpersprache aus. Grund genug für ihn, es sein zu lassen....