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Hallo zusammen,

erstmal: Die Emetophobie beschreibt die Angst vor Übelkeit und Erbrechen.

Und die Phobie beherrscht mich meistens mehr als ich sie. Ich mag gerade mal...jammern. Und drüber reden. In meinem Umfeld werde ich damit gefühlt nicht wirklich ernstgenommen bzw. das Ausmaß wird nicht wahrgenommen.

Vor einigen Jahren war die Phobie so heftig, dass ich am Tag paar mal an einem Butterbrot gekaut habe. Trinken ging fast gar nicht mehr. Ich hatte Angst vor Fleisch, Obst, Milchprodukten. Milch habe ich aufgemacht und am nächsten Tag entsorgt, ich konnte sie nicht nochmal nehmen. In der Therapie ging es nicht, mich hinzusetzen. Wochenlang sind wir durch die Stadt gelaufen während des Termins. Nachts bin ich stundenlang, oft mit der Telefonseelsorge am Ohr, durch die Stadt gelaufen. Schlaf ging nicht. Sobald es dämmerte, eskalierte die Phobie.

Ich habe abgewechselt zwischen MCP, Vomex Tavor und Promethazin. Nur unter Medikamenteneinfluss ging Busfahren.

Ich glaube, den Zustand habe ich nur 4 Wochen ausgehalten, dann wollte ich mein Leben beenden. Bin dann zur Psychiaterin und habe nach angstlösenden Antidepressiva gefragt. Ich lehne AD für mich selbst ab, aber alles andere half nicht. CBD-Öl, freiverkäufliches pflanzliches Zeugs, Skills, Ablenkung, Atemübungen. Nichts half mehr. Ich war am Ende meiner Leidensfähigkeit angekommen.
Dann habe ich Sertralin eingeschlichen. Da ich Panik davor hatte, habe ich es mit Tavor eingeschlichen.

Dann kamen die Wochen, in denen ich nachts mit einem bestimmten Hörbuch am sperrangelweit offenem Fenster geschlafen habe. Es herrschten Minusgrade zu der Zeit. Ich hatte Schal, Mütze, Sweatjacke und Socken an. Aber nur so konnte ich nachts irgendwann einschlafen.

Das Sertralin half und ich eigenete mir Wissen und Skills an.
Und irgendwann ging Essen wieder. Trinken. Sitzen. Schlafen.

Ich glaube, die Dunkelheit ist sehr mit der Phobie verknüpft.
Und die Phobie ist nun phasenweise stärker oder aushaltbar.

Aktuell wieder stärker. Also mir was unterwegs zum Essen mitnehmen kostet mich Überwindung. Abendbrot Essen auch. Sobald es dunkel wird, verändert sich meine Atmung. Sie wird flacher, ich hole weniger Luft. Und das verstärkt es dann.

Leider hab ich auch die A-Karte, dass Angst sich durch Übelkeit ausdrückt. Und Übelkeit Angst. Ich kann aber unterscheiden, ob es Angstübelkeit ist, oder wirklich körperlich.

Ich hab weniger Angst davor, mir in der S-Bahn eine Magen-Darm-Grippe einzufangen. Als Phobikerin kann ich vermutlich nichtmal eine Lebebsmittelvergiftung kriegen.
Ich meide auch bestimmte Nahrungsmittel nicht (mehr). Nur All You Can Eat beim Chinesen geht gerade nicht. Und fun fact: Ich arbeite mit kleinen Kinder. Mit dieser Phobie.

Ich weiß, dass Erbrechen nicht schlimm ist. Aber Wissen und Fühlen. Ihr kennt das ja alle sicher.

Das Sertralin (und für 6 Monate Venlafaxin) konnte ich wieder ausschleichen. Echt wahr, es gibt Skills!
Pfefferminze hemmt das Brechzentrum im Gehirn. Genauso wie Ingwer.
Ablenkung hilft mir auch sehr.
Und Affirmationen wie So wie man an einer Panikattacke nicht stirbt, werde ich wegen der Phobie auch nicht erbrechen. Alles ist okay. Ich muss normal atmen und mich ablenken. Alles ist gut. Und frische Luft und Licht helfen auch, wenn es mal stärker ist.

Aber es ist. hart. Einschränkend.
Deshalb hätte ich hier gerne einen Ort, um zu schreiben, wenn es wieder schwierig ist.
Muss jetzt auch aufhören, denn zu lange darüber reden/schreiben löst Angstübelkeit aus.

30.04.2024 21:47 • 02.05.2024 x 1 #1


6 Antworten ↓


Hallo du. Ich leide such unter der Emetophobie und Ja es ist manchmal echt sehr anstrengend damit. Bei mir gibg es damit los am 26.12.2006. Da hatte ich zum ersten Mal eine miese Panikattacke wegen der Emetophobie und dann gibg es erstmal bergab. Mittlerweile habe ich eine stationäre Therapie und Langzeittherapie hinter mir. Ob es besser ist? Ja ich kann wieder ganz gut damit umgehen. Ausser akute Situationen die machen mich immernoch fertig und ich kann noch nicht wirklich damit umgehen. Du bist nicht alleine mit der Emetophobie und manchmal ist das schön zu wissen nicht alleine zu sein

A


Mein täglicher Kampf mit der Emetophobie

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Danke für die lieben Worte

Hast Du so eine Konfrontationstherapie gemacht stationär? Gibt da die eine Klinik, die u.a. auf Emetophobie spezialisiert ist.

Ich war ja gar nicht mehr therapiefähig...

Ich kann mich mittlerweile überwinden und wenn ich Fernsehen erbrochen wird, ist es nicht mehr ganz so heftig. Also es gibt auch immer Phasen, in denen es aushaltbarer wird.

So. Reicht für heut. Will mich nicht selbst triggern und ich merke, wenn mein Kiefer verspannt und ich flacher atme, dass es dann zu viel ist mit dem Thema.

Danke, dass Du so schnell geantwortet hast

Nein mit Konfrontation haben wir relativ wenig gemacht. Ausser eine Situation und das harte much echt fertig gemacht bis heute fällt es mir immer und immer wieder schwer in Akutsituationen ruhig zu bleiben....leider

Hallo @Zinny und ein hinterhergetragenes Willkommen noch
Zitat von Zinny:
Ich weiß, dass Erbrechen nicht schlimm ist. Aber Wissen und Fühlen. Ihr kennt das ja alle sicher.

Stimmt - es bleibt gefühlt (sic!) eine Barriere zwischen Wissen und Fühlen. Ich glaube, das liegt daran, dass wir bei bestimmten Themen diese Barriere unbewusst errichtet haben. In anderen Bereichen gelingt es uns mühelos, beide miteinander in Einklang zu bringen.

Zuerst fände ich es interessant, sich das betreffende Thema näher anzuschauen. Mir hilft dabei immer, das Thema - rein arbeitshypothetisch - als Metapher aufzugreifen: Für was (Unbewusstes) könnte es stehen?

Danach finde ich es sehr hilfreich zu verstehen, wie diese Verkörperlichung des ursprünglichen Konfliktes zustande kam. Das Wie ist dann quasi gleichbedeutend mit dem Warum. Das Warum ist m. E. deshalb so wichtig, da die Unwissenheit über die Entstehung der Phobie sehr oft zu einem Schuldgefühl beiträgt, welche dann die körperliche Komponente (Ekel) unterschwellig begleitet.

Die Verbindung kann man ziemlich gut testen, indem man sich fragt, ob man Übelkeit oder Ekel grundsätzlich bei Schuldempfinden provoziert. (Bei mir ist das z. B. schon von Kind auf der Fall...).

Wenn dem so ist, würde ich auf der Schuld-Schiene weitergehen und ein wenig in der Vergangenheit, Jugend und v. a. Kindheit stöbern. Auch wenn man dort nix Konkretes findet, ist es m. E. trotzdem sehr funktionell, zumindest den Link zu einem wahrscheinlichen Vorfall im Hinterkopf zu behalten. Dies nicht, um eine etwaige Schuld zu konkretisieren sondern vielmehr um die Tatsache des Missing Links (also: die bisherige fehlende Bewusstheit darüber) greifbar zu machen.

So normalisiert sich idR nach und nach unsere un(ter)bewusste Perspektive vom Symptom zur Metapher und von der Metapher zum Zustandekommen der Symptome. Simpler: wir machen uns bewusst! Man wird quasi vom Opfer zum Täter, oder treffender, zum Handlungszuständigen...

Diese Vorgehensweise kann man als sympathische Mischung aus tiefenpsychologischer und verhaltenstheoretischer Eigentherapie ansehen. Wer sich dazu in der Lage sieht, erlernt ein Multifunktionswerkzeug für sein gesamtes (Er-)Leben.

Zitat von moo:
Hallo @Zinny und ein hinterhergetragenes Willkommen noch Stimmt - es bleibt gefühlt (sic!) eine Barriere zwischen Wissen und ...

Danke für das Willkommen

Meine Emetophobie ist sehr stark an Traumata in der Kindheit gebunden. Es gibt auch 2 Situationen, die ich dazu im Kopf habe.
Ich bin in der Aufarbeitung, das geht nur leider nicht so schnell.

Meine damalige Therapeutin meinte, dass Übelkeit manchmal ja wirklich sprichwörtlich sagt, dass da was ist, was man zum Kotzen findet.
Sie verfolgt also einen ähnlichen Ansatz wie Du

Hallo

ich leide auch seit meiner Kindheit unter emetophobie. Leider war es damals null bekannt. Als jugendliche wurde ich quasi dauerhaft wegen Anorexie behandelt....was es nunmal nicht war. Ich hatte extreme Zwänge entwickelt was das Essen anging. Dadurch hatte ich lebensgefährliches Untergewicht. Ich kann den Kampf den du durch machst sehr gut verstehen.





Prof. Dr. Borwin Bandelow
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