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Hallo,

ich bin neu hier, und wie im Titel schon steht, habe ich glaube ich irgendwie ein übersteigertes Aufmerksamkeitsbedürfnis. Kurz gesagt: Ich erzähle gerne von mir selbst. Also genau das, was ich hier gerade tue, schön ironisch. Aber es geht ja gerade darum, mich mit diesem Problem auseinanderzusetzen.

Nun könnte man sagen, Aufmerksamkeitsbedürfnis sei ein typisches Phänomen unserer Zeit. Twitter, FB, Instagram, Blogs etc. - kennen wir alles zur Genüge. Alleine bin ich damit sicher nicht. Aber ich betreibe es nicht auf diese Weise. Nicht mit Foto oder gar meinem echten Namen oder so. Sondern in relativer Anonymität, in Foren wie z.B. diesem (ich bin heute zum ersten Mal hier). Dort suche ich den Austausch über kurz gesagt alles mögliche. Oft genug auch Fragen die mich tatsächlich konkret beschäftigen. Oft aber auch einfach um des Erzählens willen. Manchmal springe ich auf den Zug auf, wenn jemand anderes etwas schreibt. Oder ich schreibe etwas, in der Hoffnung dass jemand nachfragt.

Wie gesagt geschieht das relativ anonym (ich weiß, dass die Anonymität im Internet Grenzen hat). Was man daran problematisch finden kann, kann man sich leicht denken. Was mich persönlich am meisten stört ist wenn ich etwas über andere Menschen schreibe. Ich schreibe nicht gezielt über andere, sondern halt über mich. Aber mein Leben berührt natürlich auch unweigerlich die Menschen um mich herum. Was wenn es *mal* der Fall ist nicht weiter schlimm ist. Aber wenn es gehäuft vorkommt, ist das nicht mehr gut - selbst wenn es nur kleine Details sind, weiß ich trotzdem nicht ob sich jeder damit so wohl fühlen würde. Es sind quasi Dinge, die ich auch unter Freunden erzählen würde - aber sie stehen eben im Netz (ohne Namen oder so!). Deswegen fühle ich mich schlecht - und das ist überhaupt der Anlass gewesen mein eigenes Verhalten zu hinterfragen. Dadurch ist mir erst wirklich bewusst geworden, dass ich dieses Aufmerksamkeitsbedürfnis habe. Und gemerkt, dass ich es tatsächlich einen Drang habe, den ich nicht mal eben so abstellen kann.

Nun frage ich mich: Woher kommt das? Und wie kann ich etwas daran ändern?

Im echten Leben bin ich eigentlich gar nicht so, und dränge mich auch nicht in den Vordergrund. Es ist auch nicht so, als hätte ich keine Menschen um mich herum, sie sich für mich interessieren, und mit denen ich reden kann. Um so mehr wundert mich, dass ich dieses Ventil zu brauchen scheine.

Ich könnte noch mehr schreiben, aber ich will euch nicht im erschlagen (zumal ich dann schon wieder das Gefühl kriege viel zu viel von mir zu erzählen). Rückfragen dazu kann ich natürlich gerne beantworten.

12.08.2020 20:01 • 30.08.2020 #1


52 Antworten ↓


Wie geht es dir denn wenn du nicht schreibst, im alltäglichem Leben, fühlst du dich dann ausgeglichen und gut?

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Aufmerksamkeitsbedürfnis durch soziale Medien

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Hallo Nur_ein_Mensch,

fühlst du dich vielleicht, auch wenn du soziale Kontakte hast, innerlich manchmal einsam? Also das Gefühl, du müsstest was loswerden? Und willst es dann an anderer Stelle loswerden?
Wenn du dich mit deinen anderen sozialen Kontakten unterhälst, dann auch wie es dir geht oder ist es mehr oberflächlig?

Ich kenne das mit dem Aufmerksamkeitsbedürfnis in bestimmter Form. Ich habe eine Kliniktherapeutin mal gehabt, wo ich richtig abhängig geworden bin. Ich wollte von ihr immer aufmerksamkeit. Mir fehlte früher in der Kindheit etwas von meiner Mutter und das wollte ich mir da holen. Jetzt verstehe ich das ich mir das nur selbst geben kann. Ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass man auch deswegen aufmerksamkeit haben vielleicht möchte in erwachsenenalter. Vielleicht weil einen früher was gefehlt hat. Und das man jetzt nachholen möchte.

Mit ganz lieben Grüßen,
Delphie

Zitat von Delphie:
Hallo Nur_ein_Mensch,fühlst du dich vielleicht, auch wenn du soziale Kontakte hast, innerlich manchmal einsam? Also das Gefühl, du müsstest was loswerden? Und willst es dann an anderer Stelle loswerden? Wenn du dich mit deinen anderen sozialen Kontakten unterhälst, dann auch wie es dir geht oder ist es mehr oberflächlig? Ich kenne das mit dem Aufmerksamkeitsbedürfnis in bestimmter Form. Ich habe eine Kliniktherapeutin mal gehabt, wo ich richtig abhängig geworden bin. Ich wollte von ihr immer aufmerksamkeit. Mir fehlte früher in der Kindheit etwas von meiner Mutter und das wollte ich mir da holen. Jetzt verstehe ich das ich mir das nur selbst geben kann. Ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass man auch deswegen aufmerksamkeit haben vielleicht möchte in erwachsenenalter. Vielleicht weil einen früher was gefehlt hat. Und das man jetzt nachholen möchte. Mit ganz lieben Grüßen, Delphie

Jetzt, wo du's sagst... Ich habe die Tendenz, im Verhältnis zu einer Partnerin immer mal in die Kleiner-Junge-Rolle zu fallen. Das ist natürlich fatal, denn irgendwann lieben sie einen nur noch wie ihr Kind. Ich habe es bis jetzt nur mit einer Frau hingekriegt, beides parallel auszuleben, und wir spielen es dann auch regelrecht. Aber gesund ist das wohl nicht.

Zitat von kritisches_Auge:
Wie geht es dir denn wenn du nicht schreibst, im alltäglichem Leben, fühlst du dich dann ausgeglichen und gut?

Wenn ich Langeweile habe nicht. Dann schnapp ich mir mein Telefon, und surfe im Internet, um mich dort zu produzieren.

Wenn meine Zeit ausgefüllt habe ich den Drang nicht. Aber manchmal überschneidet es sich auch. Wenn dann z.B. mein Gegenüber kurz aufs Handy schaut mache ich das gleiche. Und dann sehe ich dass irgendwo was geschrieben wurde - und dann legen wir die Handys wieder beiseite, aber es arbeitet erneut in meinem Hinterkopf, und ich lauere schon auf die nächste Gelegenheit. :/

@delphi

Hmm, ich glaube mit dem Nachholen trifft irgendwie zu. Ich habe durchaus von meinen Eltern Aufmerksamkeit gekriegt. Sie hatten Erwartungen an mich und wie mein Leben werden soll. Und die habe ich versucht zu erfüllen, und bin nie so recht dem nachgegangen was ICH eigentlich will.

Irgendwann habe ich gemerkt dass ich das nicht mehr kann, und quasi völlig neu angefangen. Ungefähr zu der Zeit fing dieses Mitteilungsbedürfnis auch an. Vielleicht ist es so dass ich mich Selbst so lange zurückgenommen habe dass ein Teil von mir jetzt unbedingt, unbedingt wahrgenommen werden will?

Worüber würdest du dich gerne austauschen wenn du die Gelegenheit dazu hättest?
Kann es sein, dass dir irgendetwas fehlt?

Zitat von kritisches_Auge:
Worüber würdest du dich gerne austauschen wenn du die Gelegenheit dazu hättest?Kann es sein, dass dir irgendetwas fehlt?

Ich schreibe mal jetzt ziemlich spontan aus dem Bauch heraus.

Ich glaube ich möchte darüber reden, anders zu sein. Mein ganzes Leben bricht an mehreren Punkten mit vielen Konventionen, mit denen ich aufgewachsen bin (nicht im Sinne von rücksichtslosem Verhalten, mir ist Ethik sehr wichtig). Punkte, die zunehmend sichtbarer in der Gesellschaft werden, aber aus konservativer Sicht nach wie vor skeptisch beäugt werden.

Ich hatte lange eine riesige Angst davor, es erschien mir undenkbar. Bis ich irgendwann über meinen Schatten gesprungen bin. Und es funktioniert sehr, sehr gut für mich. Eigentlich bin ich unglaublich glücklich mit meinem jetzigen Leben. Und ich finde auch die Akzeptanz, die ich mir früher nie zu erträumen gewagt hätte!

Und trotzdem hat ein Teil in meinem Unterbewusstsein eben doch jene Menschen im Blick, die Vorurteile haben, und gibt mir das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen. Will sich das OK abholen, dass es WIRKLICH in Ordnung ist. Dass ich ein toller Mensch bin.

Ich stelle mich nicht als besonders toll dar, ich will nicht dass alle so sind wie ich. Im Gegenteil, ich finde jeder sollte so glücklich sein wie er oder sie ist. Ich bin auch offen mit meinen Schwächen. Aber ich brauche trotzdem das Gefühl, dass ich AUCH toll so bin, dass eben nichts fragwürdiges an mir ist.

Manchmal nehme ich gedanklich schon die Vorbehalte vorweg die ich befürchte zu bekommen, und hoffe auf eine ganz komische Art gleichzeitig dass sie kommen, und habe gleichzeitig Angst davor. Was meist aber gar nicht der Fall ist, weil unsere Gesellschaft heute schon viel offener ist. Ich werde meistens so akzeptiert wie ich bin - aber irgendwas in mir drin traut dem Braten nicht. Irgendwas treibt mich dazu, mich doch wieder damit zu quälen. Vielleicht die Angst dass mich unausgesprochen doch ganz viele Menschen komisch finden.

Was mir fehlt? Wirklich 100%ig mit mir im Reinen zu sein.

Okay, eigentlich hatte ich gar keine Details nennen wollen, aber nach dem letzten Beitrag brauche ich nicht mehr um den heißen Brei herum reden. Teufelchen sagt: Jetzt machst du es wieder und stellst dich dar. Engelchen sagt: Wenn du ein großes Tamtam drum machst, ist das erst recht aufmerksamkeitsheischend.

Also, Klartext: Es geht - neben anderen - Punkten darum, gleichgeschlechtlich zu sein.

Nachtrag: Okay, eigentlich hatte ich nicht das Wort gleichgeschlechtlich geschrieben, anscheinend wird das durch die Forensoftware automatisch geändert. Ich denke man weiß was ich meine. Finde ich aber gerade etwas irritierend. Dass das eigentlich verwendete Wort in der Forenphilosophie offenbar zensierenswert ist, gibt mir nicht unbedingt das Gefühl hier gut aufgehoben zu sein.

Wie sage ich es nur kurz? Es gibt im Internet viele Ferkel die sich an Dingen auf g ei len wollen und diese Ferkel sollen dieses Forum nicht finden wenn sie gewisse Worte eingeben.
Ich verwendete gestern das Wort f e u c h t und das wurde in wässrig geändert, wahrscheinlich sollen keine User die eingeben ich suche... den Rest kannst du dir denken hierhin kommen. Es geht nur um diese Google-Suche.

Und ich gebe dir meinen Kopf dafür, dass deine Art hier vollkommen akzeptiert wird, ich würde mich über einen guten Austausch sehr freuen, auch ich hatte schon einmal gleichgeschlechtliche Beziehungen.

Es geht wirklich nur um diese doofe google Stichwort-Suche, ich habe es früher auch nicht verstanden warum bestimmte Wörter geändert werden, heute verstehe ich es.

Danke für die Erklärung. Lasse ich erstmal so stehen.

So oder so merke ich bereits dass mir die Antworten helfen, drüber nachzudenken.

Ich versuche gern zu helfen.

Ich phantasiere einmal.
Vielleicht ist es für dich wichtig, dich in Übereinstimmung mit der Umwelt zu befinden und ein kleines Teufelchen flüstert dir zu, dass dies nicht der Fall ist.Du willst nicht außerhalb stehen.

Von daher brauchst du den ständigen Kontakt mit anderen, dann lichtet sich die Nebelwand und du bist wieder ein Teil des Ganzen.

Wie gesagt, es ist nur eine Phantasie, nur du kannst entscheiden, ob etwas davon zutrifft.

Zitat von Nur_ein_Mensch:
Und trotzdem hat ein Teil in meinem Unterbewusstsein eben doch jene Menschen im Blick, die Vorurteile haben, und gibt mir das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen. Will sich das OK abholen, dass es WIRKLICH in Ordnung ist. Dass ich ein toller Mensch bin.


Hat deine Familie deine sexuelle Orientierung akzeptiert?

Zitat von kritisches_Auge:
Vielleicht ist es für dich wichtig, dich in Übereinstimmung mit der Umwelt zu befinden und ein kleines Teufelchen flüstert dir zu, dass dies nicht der Fall ist.Du willst nicht außerhalb stehen.

Hmm, kann sein. Das ist natürlich eine sehr offene Formulierung, die es leicht macht sich da rein zu interpretieren .

Aber das Gefühl, außerhalb zu stehen, nicht dazuzugehören / unsichtbar zu sein hatte ich tatsächlich sehr lange Zeit.

Zitat von Calima:
Hat deine Familie deine sexuelle Orientierung akzeptiert?

Ja, das hat sie tatsächlich. Überraschend einfach.

Hast du dich vielleicht nach etwas gesehnt das die anderen haben?

Ja, sie waren Teil der Gruppe, anerkannt, cool.

Jetzt muss ich nur noch raus kriegen, was ich mit meinen Erkenntnissen mache.

Je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr habe ich das Gefühl irgendwem was beweisen zu müssen.

In meiner Fantasie gibt es manchmal Situationen wo ich meinen alten Klassenkameraden und Lehrern begegne. Und diese überrascht sind wohin mein Leben gegangen ist, so ganz anders als es damals alle gedacht hätten. Obwohl ich die meisten dieser Leute seit langer Zeit nicht gesehen habe, und sie eigentlich überhaupt nichts mehr mit meinem Leben zu tun haben. Ähnliche Gedanken habe ich bei entfernteren Verwandten, die ich teils seit vielen Jahren nicht mehr gesehen habe.

Ich hoffe dann immer ihnen stolz zu präsentieren wie mein Leben ist, am besten Seite an Seite mit meiner Partnerin. Und in meiner Fantasie geht es dann so weiter, dass diese sich für mich freuen, dass sie überrascht sind. Und immer auch mit der bangen Sorge, dass jemand negativ reagiert. Aber die Reaktionen selbst, die male ich mir bezeichnenderweise gar nicht so genau aus.

Ich glaube ich habe einfach zu lange in einer bestimmten Schublade gesteckt, mich dort bereitwillig reinstecken lassen. Und nun will ich irgendwie unter Beweis stellen: Nein, das bin ich gar nicht. Will am liebsten, dass die Leute von früher das Bild das ich damals abgegeben habe überschreiben damit wie ich heute bin.

Hmm, das kommt mir alles etwas kleinlich vor. Was hätte ich davon, bei Menschen die für mein Leben völlig bedeutungslos geworden sind? Oder eben heute zwar Teil meines Lebens sind, aber trotzdem keine wichtige Rolle spielen (irgendwelche halb-anonymen Menschen in Internetforen)? Warum genügt es mir nicht, dass mein reales Umfeld mich kennt, mich akzeptiert?

Manchmal geschehen Dinge die ich ganz wunderbar finde. Und ich habe den Impuls, das mit anderen Menschen teilen zu müssen. Solange das nicht geschieht, fühlt es sich irgendwie nur halb gut an. Und wenn ich es teile aber keine Resonanz kommt, bin ich auch enttäuscht. Warum genügt es mir nicht, es mit den Menschen zu teilen die mir nahestehen? Warum habe ich dieses Gefühl, ein größeres Publikum zu brauchen?

So Ich-bezogen will ich gar nicht sein. Aber bin es irgendwie.
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Vielleicht lautet die richtige Frage: Wie komme ich dahin, mir darin zu genügen dass ich selbst mein eigenes Leben spannend, glücklich und gut finde? Wie komme ich davon weg mich so von äußerer Bestätigung abhängig zu machen?

Ich glaube ich habe da einfach einen tiefsitzenden Selbstbewusstseinsmangel von früher.

Oder kämpfe ich gerade gegen ein ganz normales, urmenschliches Bedürfnis (Wunsch nach Anerkennung) an?

Gehen wir einmal einen Schritt zurück. Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, gab es ein Mädchen das erzählte, lachte, alle anderen hörten ihr zu, vielleicht waren es auch manchmal zwei oder drei, wichtig ist, dass sie ganz viel Aufmerksamkeit bekam.

Gab es so etwas in deiner Schulzeit auch?

Ja klar gab es die. Die Coolen halt. Nur habe ich es damals nicht so überblickt.

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Prof. Dr. Borwin Bandelow
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