zuiop
Ich habe in dieses Forum gefunden, in der Hoffnung, etwas Unterstützung oder Verständnis durch andere Betroffene zu bekommen.
Seit etwa fünf Jahren bin ich mir bewusst darüber, dass ich Iatrophobiker bin. Allerdings fing das Problem schon weit früher an. Ich hatte schon vor ca. 20 Jahren Probleme damit zum Arzt zu gehen, zunächst nur bzgl. Gynäkologen - bei dem ich mit ca. 15 Jahren sehr negative Erfahrungen machte -, sehr bald auch normale Hausarztbesuche. Ich reduzierte diese auf das notwendige Minimum und setzte lieber auf Hausmittelchen, ein Verfahren was ja auch nicht unbedingt auffällt. Auch mir selbst nicht. Skepsis gegenüber der Schulmedizin und Naturheilkunde sind in meinen Kreisen nichst Ungewöhnliches und wenn man nicht bei jedem kleinen Wehwehchen zum Arzt rennt, beweist man nur seine Disziplin und seinen Charakter.
Seit 10 Jahren lebe ich nun außerhalb der sozialen Kontrolle von Eltern und Geschwistern und nicht mehr im Einzugsgebiet meines ehemaligen Hausarztes und habe mir nie einen gesucht.
Auch da begründet duch Ausreden: Ich bin ja nur kurz hier, zieh bald wieder um! Mir fehlt ja nix! Das geht auch so wieder weg! Ich bin hart im Nehmen! Der hat nen schlechten Ruf, etc.
Da ich eine chronische Schilddrüsenerkrankung habe, suchte ich gelegentlich meinen ehemaligen Hausarzt auf, schickte meine Eltern vor oder brachte mir die im Ausland frei verkäuflichen Medikamente von Auslandsreisen mit, so dass ich die notwendigen Medis weiter nehmen konnte. Vor fünf Jahren versiegten aber einige Bezugsquellen für mich, so dass ich die Medis nur noch unregelmäßig und nun seit zwei Jahren gar nicht mehr nehmen konnte. Mit entsprechenden gesundheitlichen Auswirkungen. Ich habe mittlerweile sehr deutliche Symptome meiner leicht in den Griff zu bekommenden chronischen Erkrankung. Ich bin mir des Risikos, das ich eingehe auch durchaus bewusst.
Trotzdem bringe ich es einfach nicht fertig, einen Arzt aufzusuchen. Ich kann dafür nicht mal die Gründe benennen, frage mich selbst jeden Tag wieder, warum eigentlich nicht? Wovor hast du Angst und warum hast du überhaupt Angst? Ich habe keine traumatischen Kindheitserfahrungen gemacht. Da ist nie was Schlimmes passiert. Ich bin auch, abgesehen von der jetzigen Situation, nie ernsthaft krank gewesen. Und sonst in allen anderen Bereichen meines Lebens diszipliniert und kein bisschen wehleidig, auch niemand, der zum Lachen in den Keller geht oder sein Leben hasst.
Ich finde mein Benehmen selbst absonderlich.
Ich belüge meine Umgebung, was offensichtlich erkennbare Krankheitssymptome angeht und spiele sie vor anderen und auch vor mir selbst runter.
Ich gehe Menschen mit medizinischen Berufen aus dem Weg (meiner eigenen Mutter).
Ich wechsle vor Ärztehäusern die Straßenseite.
Ich mache keine Krankenbesuche. Die drei letzten Punkte berühren mich auch beruflich und fielen auch schon meinem Vorgesetzten auf. Berufliche Konsequenzen sind eine Frage der Zeit.
Ich quäle mich durch Krankheitsphasen durch - mit Hausmittelchen - weil ich mich nicht mal mehr in Apotheken traue, etc. Z.B. quäle ich mich wochenlang mit einer äußerst schmerzhaften steifen Schulter, bei der ich mir nicht mal mehr die Socken anziehen konnte, oder schlafe nicht mehr, weil mich übelste Zahnschmerzen quälen (ich habe keine Zahnbehandlungsangst, aber der Zahnarzt könnte bei Blick in meinen Mund auf meinen Gesundheitszustand schließen und mich erinnern zum Arzt zu gehen).
Ich habe ein geradezu morbides Interesse für Ärzteserien und Dokus im TV, die mir einen Thrill versetzen wie anderen Leuten Kettensägen-Massacker 1-15 Ich kaue mir da die Fingernägel vorm Fernsehen runter und fühle mich mies, weil ich ganz offensichtlich nen Knall habe.
In anderen Situationen, die mich irgendwie an Arzt erinnern, hatte ich nun auch schon mehrmals Panikattacken, z.B. weils in der Schule nach Desinfektionsmitteln riecht und der Kollege mir auf dem Flur im Laborkittel begegnet.
Ich weiß, dass ich dringend dagegen vorgehen muss. Mein physischer Zustand ist langsam bedenklich, mein psychischer auch.
Da ich selbst beruflich im Bereich KVT einige Fortbildungen gemacht habe, weiß ich, was ich als Akuthilfe bei Angst- und Panikattacken tun kann und vor allem, dass ich was dagegen tun kann. Dumm ist, dass ich bei mir auf dem Land, so gut wie keine Chance habe kurzfristig eine therapeutische Unterstützung zu bekommen - auch nicht als Privatpatient oder Selbstzahler. So richtig nötig wäre es vielleicht auch gar nicht. Ich brauche eher nen Pusch den ersten Schritt zu machen und mir einen Arzt zu suchen demgegenüber ich endlich offen zu gebe, dass ich mit der Situation ein Problem habe. In den letzten 24 Monaten habe ich es zweimal über die Schwelle in eine Praxis geschafft. Dort konnte ich aber nicht zugegeben, dass es mir nicht gut geht. Ich habe den Doc vollgequasselt und um Beratung bzgl. ner Fernreise bzw. ne Krankschreibung wegen Arbeitsüberlastung gebeten, die ich auch ohne Untersuchung bekam.
Ich kann einem wildfremden Menschen gegenüber nicht zugeben, dass ich Angst habe und Hilfe brauche.
Der nimmt mich eh nicht ernst, den ernst nehmen kann man daran ja auch nichts!
Der hält mich für meschugge!
Die sind in dem Bereich eh nicht ausgebildet und haben weder Verständnis noch Ahnung!
Ich kann nicht die kostbare Zeit von Ärzten (gerade bei mir auf dem Land) wegen so nem Pipifax beanspruchen, nur weil ich am Rad drehe und das Wartezimmer sitzt voller Schwerkranker.
Ich will nicht seine/ihre Aufmerksamkeit, dass da jemand denkt, die spinnt, stellt sich an, hat nen Knall, läuft völlig aus der Spur.
Ich weiß ja, der oder die kann das eh nicht verstehen, weil selbst nicht betroffen...
Das ist so dieses dämliche Gedankenkarussell, dass da zu laufen beginnt und das ich selbst nicht abstellen kann.
Da ich sehr zurückgezogen lebe, bzw. die wenigen mir wirklich nahestehden Menschen in den letzten Monaten/Jahren was meine Gesundheit angeht massiv belogen habe, kann ich mich auch sonst niemandem anvertrauen ohne viel Vertrauen, das sie in mich setzen zu zerstören.
Ich weiß echt nicht, was ich machen soll. Ich bin - abgesehen vom jährlichen Novemberblues - wirklich niemand, der sich durch schwarze Gedanken runterziehen lässt. Aber wenn ich mich momentan so mehr oder weniger durch meinen Alltag schleppe, dann kommt mir schon ab und an der Gedanke, dass es nicht besonders schlimm wäre, wenn das alles ein Ende hätte. Noch hoffe ich aber auf ein Happy End für mich
Sorry, ist ein bissl lang geworden. Ich hoffe hier gibts keine Strafpunkte dafür.
Danke fürs Lesen
zuiop
20.01.2013 14:45 • • 13.02.2013 #1