hallo ihr lieben,
ich bin erleichtert zu hören, dass es mehr menschen gibt mit dieser knall-phobie. -mir tut es natürlich leid für uns alle, aber es scheint mir wie: geteiltes leid ist halbes leid.
ich habe diese phobie seit ich mich erinnern kann, bin jetzt 28 jahre. sie ist bei mir sehr massiv ausgeprägt, sogar angst vor toastern (weil sie unerwartet hochspringen), und spannende krimiszenen im fernsehen -selbst wenn der ton aus ist kann ich nicht hinsehen. deswegen würde ich eher sagen, dass ich angst habe zu erschrecken. wenn mich allerdings ein mensch erschreckt, den ich gerne hab, finde ich das lustig u es ist nicht schlimm zu erschrecken. deswegen doch nicht wirklich nur angst zu erschrecken. mit den böllern ist es so schlimm, dass ich sogar schon fast kotzen muss, wenn ich die prospekte kurz vor sylester sehe, oder überhaupt bilder von feuerwerken. -am liebsten würde ich diese wörter nicht einmal aussprechen. aber naja,
ich habe schon einige therapien gehabt, unter anderem auch weil die angst vor sylvester so groß war, dass ich mich schon anfang dezember versucht habe umzubringen. darauf folgte eine total schrecklich verhaltenstherpie, die alles nur noch schlimmer gemacht hat. bei mir kam an, dass mein verhalten falsch ist, und dass ich mich der angst stellen muss. aber dadurch ist meine vermeidungsstrategie nur noch schlimmer geworden. damals war ich 13.
mit 17 hatte ich eine gute therpeutin, die meinte das gehirn kann nicht von herzen lachen und angst haben gleichzeitig. deswegen bestand ihre therpie hauptsächlich darin, meinen humor zu trainieren, und rumzublödeln, und mich mit humor zu konditionieren, und mich dann in meinem tempo an die angst anzunähern, so wie ich es möchte. dazu habe ich allerdings hochdosiert psychopharmaka nehmen müssen, die mich total breit gemacht haben. und dann ging es tatsächlich. ich habe täglich trainiert und hatte pupillen wie eine katze auf der jagd, aber ich habe es geschafft, an sylvester rauszugehen, und sogar selbst böller zu zünden.
nur war dieses training sehr zeitaufwendig, und die medikamente haben mir zuviele nebenwirkungen bereitet. deswegen habe ich aufgehört mit üben, und mit der chemie, und habe wieder angst bekommen.
mitlerweile habe ich akzeptiert, dass ich sie habe, ich verstehe nicht warum es so ist, aber ich mein körper/mein system möchte mir die antwort nicht verraten. deswegen habe ich mein leben so arrangiert, dass ich kaum mit der angst in kontakt komme, d.h. ich wohne sehr abgelegen alleine in der natur, gehe ab dezember bis lang nach fasching nicht mehr in die zivilisation (und wenn dann nur mit ohrstöpseln und unter total stress). ich gehe nicht mehr auf feste/festivals/konzerte/demos/theater/kino, weil es aus der erfahrung einfach immer irgendwo knallt.
und ich hoffe, dass ich irgendwann herausfinde, was der grund ist. ich kann mich an keine schlimmen situationen erinnern. bzw. hatte ich da immer schon die angst (auch vor der angst). manchmal träume ich, dass ich erschossen werde, und wache mit unendlich krassen schmerzen im rücken auf. aber weiter weiss ich auch nicht. die gefahr ist auch, dass ich mich sosehr nach einer erklärung sehne, dass ich anfange, mir die wildesten geschichten auszudenken, nur um einen grund zu haben. aber das bringt ja nichts, die antwort muss von innen kommen, und nicht von meinem kreativen verstand.
so, dass tat gut, mich mal unter leidensgenoss_innen mitzuteilen, und ich bin an austausch interessiert.
liebe grüße
flora
01.05.2013 20:07 •
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