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Hallo Zusammen.

Ich weiß leider nicht, wie man meine Angst genau bezeichnen kann. Eine Agoraphobie ist es meiner Ansicht nach nicht oder eine VorStufe vllt.

Es gibt unterschiedliche Situationen, die diese Angst auslösen. Ich versuche sie mal bestmöglich zu beschreiben:

- Oberteil, bei dem ich schon beim anziehen merke, das wird schwierig rein und wieder da raus zu kommen (bsp. der 2. Arm bleibt mit dem Ellenbogen hängen oder Oberteil verdeckt meine Sicht, weil ich es nicht aus bekomme)
- Oberteil das sehr eng über den Kopf geht
- Hemd bei dem ich beim Ausziehen nicht aus den Armen rauskomme
- Kapuzenpullover sind oft ein Problem, da sie zudem sehr dick und fest vom Material sind
- unter dem Solarium liegen, meist halte ich die obere Hälfte mit der Hand fest und hebe sie leicht an, um sicher zu gehen, sie lässt sich noch öffnen
- Thaimassage, mit dem Gesicht nach unten liegen
- mit beiden Händen am Bett gefesselt sein (ja ihr wisst wo sowas vorkommen kann), richtig schlimm mit Maske über den Augen
- in den Schwitzkasten genommen werden

Ich habe keine Angst vor Fahrstühlen oder Menschenmassen. Kleine geschlossene Räume können je nach psychischer Verfassung ein unwohles Gefühl auslösen, wenn sie unbekannt sind und das Absperren schon schwierig ist, wo man sich fragt, ob das auch wieder auf geht.

Woher diese Ängste kommen kann ich nur vermuten. Ich denke mir meine Jugend hat eine Rolle gespielt. Mobbing durch eine spezielle Person, die mich auch mal in den Schwitzkasten genommen hat. Sonst keine Ahnung.

Zudem muss ich sagen, dass ich äußerst muskulös bin(Bodybuilding) und ich das Gefühl habe die Angstvorstellungen steigern sich mit mehr Gewicht. Zudem wird man unbeweglicher.

Ich habe auch eine extrem schiefe Nasenscheidewand, wodurch ich sehr wenig Luft durch die Nase bekomm. Gefühlt wie eine dauerhafte Erkältung, bekomme ich vielleicht 50% weniger Luft als es Normal wäre.
Hier ist eine OP geplant, allerdings habe ich Angst, dass ich in Panik verfalle nach der OP, wenn ich erstmal nicht durch die Nase atmen kann. Ich vermute, dass dieses schwere Atmen und wenig Luft ebenfalls zur Angst beitragen.

Der Grund, warum ich diesen Post hier heute Nachts um 3.38 Uhr schreibe ist, dass mein Kopf mir im Schlaf mit dem Thema kommen musste. Enges Oberteil, das aus festem Material besteht und ich nicht mehr rauskomme. Die Nacht ist damit erstmal vorbei für mich, da sich das Gedankenkarussel dreht.
Aktuell bin ich im Aufbau, somit ein paar KG schwerer, zudem einiges an Stress, vermutlich kommt daher dieser Gedanke.

Ich möchte unbedingt mit dieser Angst klarkommen, bestenfalls loswerden oder minimieren. Ich will wieder entspannt zur Mass. und auch mal engere Kleidung tragen können. Hemden sind bei mir beruflich auch immer wieder ein Thema.

28.06.2023 02:41 • 29.06.2023 #1


23 Antworten ↓


Hallo

Einen Teil Deiner Ängste kann ich auch auf mich übertragen, und ja es hat mit einer Agoraphobie zu tun. Man könnte es auch als Panikstörung bezeichnen, die oft eine Begleiterscheinung der Agoraphobie ist.

Bei Deiner Angst handelt es sich sicher um Situationen, in denen Du Dir hilflos vorkommst, und befürchtest, dass Dir keiner helfen kann.

Leider ist viele Kleidung so konzipiert, dass man sie sich über den Kopf an und ausziehen muss.

Beim Anziehen geht es bei mir noch, aber beim Ausziehen kann es ja mal vorkommen, dass man hängenbleibt, oder was für mich schlimm ist, wenn ich es nicht rechtzeitig über den Kopf bekomme und stecken bleibe.

Es fällt mir dann schwer ruhig zu bleiben und mir selber zu sagen, dass man alles ausbekommt, denn wenn man reingekommen ist, kommt man auch wieder raus.

Ich habe immer versucht, meine Angst vor meiner Familie zu verstecken, aber wenn ich damals mit meinen Kindern rumgetobt und geblödelt habe, merkte ich schon Einschränkungen.

Wenn mir aus Spaß einer eine Decke über den Kopf geworfen hat geriet ich in Panik, noch schlimmer war dann festhalten, oder wenn sich die Kinder aus Spaß auf mich geworfen hatten, ich hatte das Gefühl zu ersticken.

In ein Solarium würden mich keine 10 Pferde reinkriegen, auch diese Vorstellungen die Du beschreibst, würden mich in Panik versetzen.

Mich triggert es schon, wenn ich einen Film gucke, und da wird z.B., ein Entführungsopfer in den Kofferraum eines Autos gepackt.

Geschlossene Räume machen mir Angst, besonders wenn sie fensterlos sind,
Und wenn ich irgendwo bin, gucke ich erst, wo ich in der Nähe der Tür sitzen kann, damit ich Notfalls schnell raus kann.

Man sagt ja eigentlich, man kann sich kaum erinnern, was einem als ganz kleine Kind passiert ist, aber bei mir gab es eine Situation, die einen Teil meiner Ängste erklärt.

Darüber hatte ich auch mit meiner Therapeutin geredet und sie sagte auch, dass das gut sein kann. Ich war noch sehr klein, und ich weiß nicht mehr wie es kam, aber meine Bruder hatte mich aus Spaß in einen Schrank gesperrt, und obwohl ich verzweifelt gegenhämmerte und weinte, ließ er mich nicht raus.

Ich bekam keine Luft mehr, damals waren die Schränke ja auch noch richtig massiv, und durch meine Panik konnte das gut möglich sein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte mich mein Vater und sperrte den Schrank auf und ich bekam nur am Rande mit, das mein Bruder Ärger bekam.

Das erklärt aber nur einen Teil meiner Ängste, ich finde es schon wichtig herauszufinden, woher die Ängste kommen. Bei mir gibt es leider auch noch andere Baustellen.

Am besten wäre es, wenn Du Deine Ängste mit Hilfe einer Therapie aufarbeiten würdest.
Ich habe leider erfahren müssen, dass solche Ängste nicht von allein weggehen, wie man es sich oft erhofft.

LG Angor

A


Angst nicht aus Hemden / Oberteilen raus zu kommen

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Lieben Dank für deine Rückmeldung. Ja die Beschreibung mit dem Hilflos sein beschreibt es denke ich sehr gut. Bei mir ist es noch nicht so extrem, wie bei dir, aber oftmals spiele ich auch Dinge im Kopf ab und denke mir was, wenn mir das passieren würde Bsp. im TV wurde jemanden ein Sack über den Kopf gezogen. Horrorvorstellung.

Man hört und liest ja oft gegen die Angst Hilft nur durch die Angst. Kann man denn auch selbst therapieren? Beispielsweise jeden Tag etwas machen, dass die Angst hervorrufen würde und einfach aushalten? In kleinen Schritten beginnend.

Wie sieht das bei einer Therapie aus, werden die Kosten übernommen, wenn ich zum Arzt gehe und meine Situation schildere?

Meine Nase hilft mir leider nicht gerade dabei mit Atemübungen wieder zur Ruhe zu kommen. Dann habe ich eher ein beklemmendes Gefühl, da ich mir denke ich bekomme zu wenig Luft, folge ist meist ein schweres Einatmen über den Mund, was aber auch keine Befriedigung bringt.

Ja, am besten gehst Du zum Arzt, die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen die gesamten Kosten einer Psychotherapie, wenn eine seelische Erkrankung bzw. eine Störung „mit Krankheitswert“ vorliegt.

Und ich denke dass ist bei Dir der Fall.

Sich selber zu therapieren könnte ich mir schwierig vorstellen, weil man auch nicht weiß welches das richtige Konzept ist, um die Angst zu verlieren.

Die OP würde ich auf jeden Fall machen lassen, denn wenn Du überwiegend durch den Mund atmest, grade beim Sport ist die richtige Atmung wichtig, verkrampft sich Dein Zwerchfell und Du hast dann das Gefühl, weniger Atemvolumen zu haben.

Richtig atmen kann man lernen, am besten ist die Bauchatmung. Wenn Deine Nase erst mal wieder richtig frei ist, kann eine richtge Atmung auch in Stresssituationen helfen, oder man kann aufkommende Ängste wegatmen.

Die Bauchatmung entspannt das Zwerchfell und man hat mehr Atemvolumen wie bei der Brustatmung.
Ich habe die Bauchatmung damals durch den Sport erlernt.

@Angor Ja die OP muss definitiv gemacht werden. Die einzige Angst ist eben, dass ich ne Panik bekomm, solang die Nase komplett zu ist und nicht genutzt werden kann/darf.

Zudem habe ich einige Tics. War hierzu auch mal in Therapie. Lösung des Therapeuten ich soll die Tics annehmen...Tja leider belasten sie mich sehr. Nicht wegen der Umwelt, sondern mich selbst. Es ist anstrengend, wenn man ständig die Augen aufreißt, die Oberschenkel anspannt oder die Nase rümpft.
Und da ist auch das Thema mit der OP und meinen Tics. Ich vermute stark, die Heilung wird schwierig durch meinen Tic mit der Nase. Naseflügel weiten, Nase rümpfen, starkes ausschnaufen...Unterdrücken geht nur ein paar Minuten gut und kostet viel Konzentration.

Aber am Ende des Tages werde ich da einfach durch müssen

Zitat von nopro89:
Lösung des Therapeuten ich soll die Tics annehmen...

Was ist das denn für eine Lösung? Also damit hätte ich mich nicht zufrieden gegeben. Vielleicht solltest Du deswegen mal einen Neurologen aufsuchen, sollten die Tics Dich sehr belasten, er kann Dir eventuell eine Neuroleptika verschreiben.

@Angor Damals wurde ich zuerst zu einem Neurologen geschickt. Hier wurde nichts gefunden. Dann kam die Therapie, die nichts gebracht hat.

Vor ein paar Monaten war ich wieder bei einem Neurologen, hier wurde dann gesagt Blutbild, Scan usw usw.
Alles schon mal vor Jahren durchgemacht und unnötig. Daher habe ich das Thema erstmal liegen gelassen.

Werde mir wohl nochmal einen neuen Neurologen und Therapeuten suchen. Leider immer schwierig jemand gutes zu finden. Und dann wartet man einige Wochen bis Monate auf einen Termin, um doch an einen Schlechten zu geraten. Daher der Frust wieder jemanden aufzusuchen

Willkommen @nopro89,

ich finde Deine Beschreibungen sehr präzise und gut formuliert. Du beschäftigst Dich damit offenbar schon eine ganze Weile .

Zitat von nopro89:
Kann man denn auch selbst therapieren?

Ja, klar - kann man. Allerdings würde ich kreativ vorgehen und nicht die übliche Expositionstherapie machen.

Ich würde mich an Deiner Stelle erst mal fragen, welche Metapher für die von Dir beschriebene Phobie und die restlichen Tics genannt werden könnte. Es mag ungewohnt anmuten, aber letztendlich sind m. E. Phobien schon auch als ganzheitlich-systemische Symptome zu werten. Nix kommt von ungefähr oder zufällig!

Mir fällt z. B. beim Lesen Deiner obigen Beiträge ein: Fixierung.

Du selber wirst vielleicht eine andere Metapher ausmachen. Es kann auch einige Tage dauern, bis Du eine erkennst, die wirklich zutrifft.

Wenn Du sie dann gefunden oder zumindest eine halbwegs zutreffende als Arbeitshypothese akzeptiert hast, durchleuchte sie. Schau Dir die Metapher von allen Seiten her an, spiele mit ihr und überlege, warum dieses Thema so viel Gewicht hat, dass es zu einer geistig-körperlich manifesten Angelegenheit werden konnte, bzw. musste!

Denke dabei immer daran, dass Phobien und Tics uns stets etwas mitteilen können, wenn wir uns offen und interessiert mit ihnen beschäftigen. IdR gelangt man dann eine Stufe tiefer, in den Bereich des Un(ter)bewussten.

Ich möchte das am Beispiel der Fixierung kurz darstellen: Fixierung kann bedeuten, dass man sich fixiert fühlt, oder eine fixierte Sicht auf die Welt hat (Sozialgefüge). Man kann sich - bemerkenswerterweise! - auch wünschen, fixiert zu sein, z. B. in Form kreativer sexueller Praktiken. Auch hier kann man sich dann fragen, woher das kommt, warum das so ist. Alles übrigens völlig wertfrei!

Fixierung kann auch mit Deinem Lebensstil zusammenhängen. Bist Du stark auf Bodybuilding fixiert, auf Deinen Beruf, auf Deine Freundin, auf ein Weltbild? Wenn ja, warum? Oder, im Gegenteil: Fehlt es an Fokus, Ausrichtung, Linie (= Fixierung) in Deinem (Er-)Leben? Oder, weiter gedacht: Fühlst Du Dich in Deinem Lebensstil fixiert (festgelegt, gefangen, abhängig) und sehnst Dich nach Befreiung (Flexibilität, Mobilität, Ungebundenheit)? Und ist dieses Gefühl der Fixiertheit tatsächlich angebracht, angemessen, berechtigt? Sind die Umstände, die zu diesem Gefühl führen zu ändern oder ist eher am Gefühl selber zu arbeiten, an Deiner Wahrnehmung?

Zu Deiner Phobie mit den Oberteilen kannst Du auch eine praktische Übung einbauen: Filme Dich selber beim Aus- bzw. Anziehen solch eines Oberteils und wie Du Dich darin verhältst. Schaue Dir die Bewegungen an, die explizit bei Dir damit einhergehen und bewerte sie vor dem Hintergrund der o. g. Metapher: Kannst Du in Deinen Bewegungen eine Antwort oder Reaktion auf die Metapher erkennen?

Die hier skizzierte Beschäftigung damit hat mehrere Effekte:

- Du blickst - von innen her - tiefer und nicht nur auf die lästige Oberfläche.
- Die verstehst die Phobie und die Tics ein Stück weit besser.
- Du lernst induktiv, sie nicht mehr abzulehnen.
- Du subjektivierst sie mehr anstatt sie als von Dir getrennte, unerwünschte Objekte zu empfinden.
- Du lernst etwas über Dein Leben und warum Du z. B. auch andere Dinge tust, die Andere nicht tun (z. B. Deinen Sport).
- Du erkennst idealerweise am eigenen Geist die Funktion von Ursache und Wirkung (und deren Weitergang!).
- Du bekommst ein etwas bewussteres Verhältnis zu Dir und zu Deiner Umwelt.

@moo erstmal wow vielen Dank für solch eine tiefgreifende Antwort.

Die Metapher Fixierung gefällt mir nach deiner Erklärung sehr gut. Hier spielen viele Facetten mit rein, die du genannt hast.

Ich bin, ich nenn es mal, typisch deutsch aufgewachsen. Schule, Abi, Studium, guten Job haben. Alles erreicht, weiterhin unzufrieden. Warum? Einfach einen Job genommen, der mir möglichst viel Geld einbringt und keinen der mich erfüllt.
Ich war als Jugendlicher leicht übergewichtig, was diese eine Person zum Mobbing veranlasst hat. Einhergehend mit körperlicher Gewalt (z.b. in die Wangen kneifen und ziehen). Dies war sicherlich ein Grund warum ich mit diesem Sport angefangen habe und ist sicherlich auch ein Grund, warum ich ihn seit über 17 Jahren betreibe. Hier fixiere ich mich extrem auf eine sportliche Figur und schränke somit meine Freiheit deutlich ein. Oftmals ist der Gedanke da, das Ganze zu beenden und einfach zu Leben. Macht der Kopf, aber nicht mit, weil ich mich direkt unwohl fühlen würde, sobald etwas Fett drauf gekommen ist oder die Muskeln schwinden.

Selbstständig werden, den Sport deutlich zu reduzieren oder Auswandern sind Gedanken, die schon lange im Kopf sind, aber aufgrund meiner Denkweise und Erziehung bisher nicht umgesetzt wurden. Hier spielt auch der eingetrichterte Sicherheitsaspekt eine Rolle, der mich davon abhält einfach zu machen. Ich bin ein starker Kopfmensch.

Zitat von nopro89:
Eine Agoraphobie ist es meiner Ansicht nach nicht oder eine VorStufe vllt.

Umn dir den Zahn zu ziehen: Deiner Beschreibung nach ist das SEHR unwahrscheinlich. Bitte verwechsel Platzangst (im Volksmund) nicht damit. Klaustrophgobie wäre eher das was du da hättest, sprich Angst vor engen bzw kleinen und/oder geschlossenen Räumen und würde auch eher zu deiner Vorgeschichte passen. Agoraphobie dagegen ist die Angst vor dem Rausgehen, weite(re)n Wegen, offenen Plätzen (ggf mit Menschenansammlungen) etc. Also vor dem draussen,
Das es bestimmte Syptomatiken gibt, wie du beschreibst, kommen in mehrern Panikstörungen vor wie Herzrasen, Atemnot, Übelkeit, Schwindel, Kreislauf unbd Magenprobleme. Die sind recht universell und an sich nur ein angeborener Schutzmechanismus, in dem sich dein/der Körper zur Flucht vorbereitet, insofern ist das bei Ängstzuständen völlig normal (auch wenns sich blöd anhört).
Die sollen eigentlich nur dabei helfen schnell zu agieren (erhöhter Blutdruck z.B., Adrenalinaussschuss und erhöhte Wahrnehmung), während die Magenprobleme (z.B. Übelkeit und Magenprobleme) dazu da sind überschüssigen Ballast abzuwerfen (da gehe ich jetzt mal nicht bildlich drauf ein).

Zitat von Marc_Sky:
Agoraphobie dagegen ist die Angst vor dem Rausgehen, weite(re)n Wegen, offenen Plätzen (ggf mit Menschenansammlungen) etc. Also vor dem draussen,

Nein, das ist nicht ganz richtig
Nach dieser Erklärung ist die frühere Gegenüberstellung von Agoraphobie (Angst vor offenen Plätzen) und Klaustrophobie (Angst vor geschlossenen Räumen) als überholt anzusehen:

https://www.angstselbsthilfe.de/wp-cont...phobie.pdf

Danke für Deine zielführende Rückmeldung. Wenn Du magst, können wir die Sache gemeinsam etwas weiter vertiefen?

Zitat von nopro89:
Wow - vielen Dank für solch eine tiefgreifende Antwort.

Danke . Bereits Deine, ich nenne es mal begeisterte, Reaktion legt die Vermutung nahe, dass es Deinem Dasein gefühlt etwas an Tiefgang mangelt? Und gleichzeitig legt es offen, dass Du eigentlich ein Mensch mit Tiefgang bist. Wenn Du dieser Vermutung zustimmst, könnte schon mal notiert werden, dass dies ernsthaft als Lebenskonflikt angesehen werden kann: Ein von Natur aus feinfühliger Mensch findet diesbezüglich keine Erfüllung. Und erkennt gleichzeitig, dass letztendlich er selber dafür verantwortlich (= zuständig) wäre. Damit haben wir bereits zwei Konflikte, die sich überdies gegenseitig bedingen.

Zitat von nopro89:
Schule, Abi, Studium, guten Job haben. Alles erreicht, weiterhin unzufrieden. Warum? Einfach einen Job genommen, der mir möglichst viel Geld einbringt und keinen der mich erfüllt.

Beachte: Weiterhin unzufrieden! Also immer noch nicht im Frieden!
Eine hochwertige Ausbildung (Abitur) bedingt ebenfalls gefühlt einen hochwertigen Job. Aber alles erreicht? Ein gut bezahlter, hochangesehener Job ist nicht gleichbedeutend mit einem für Dich guten Beruf, oder? Auch hier ein wechselseitig bedingter Konflikt.

Zitat von nopro89:
Ich war als Jugendlicher leicht übergewichtig, was diese eine Person zum Mobbing veranlasst hat. Einhergehend mit körperlicher Gewalt (z.b. in die Wangen kneifen und ziehen). Dies war sicherlich ein Grund warum ich mit diesem Sport angefangen habe und ist sicherlich auch ein Grund, warum ich ihn seit über 17 Jahren betreibe.

Somit führte die Bewertung seitens einer anderen Person dazu, dass Du einen wesentlichen Teil Deines Lebens (!) darauf verwendest, Dir und der Welt etwas zu beweisen. Doch diesen (vermeintlichen) Beweis kann die Körperlichkeit (Dein durchtrainierter Body) nicht liefern, da Dein im Grunde tiefgründiges (mentales!) Wesen eine ganz andere Art von Beweis benötigt - nämlich Weisheit: einen wirklichen Sinn im Leben zu erfahren.
Bei genauer Draufsicht auch hier ein wechselseitig bedingter Konflikt in Form einer falschen Antwort (Körper) auf die richtige Frage (Geist/Seele).

Zitat von nopro89:
Hier fixiere ich mich extrem auf eine sportliche Figur und schränke somit meine Freiheit deutlich ein.

Gut erkannt und wenige Profisportler würden sich so etwas wirklich eingestehen! Ernsthaftes Bodybuilding, egal ob mit oder ohne Wettkampf ist Profisport, denn es umfasst nahezu alle Lebensbereiche.
Jedoch: während Dein Körper (scheinbar) immer perfekter (Masse, Definition, Posing Routine) wird, verkümmert analog (bedingt dazu!) Dein Geist, Deine Seele. Ich selber habe auch jahrelang BB betrieben und kann diese Entwicklung im Nachhinein bei mir selber und auch bei vielen Gym-Kameraden bestätigen. Darüber könnte ich Romane schreiben - der Eisensport war buchstäblich meine Welt. Doch wie Du glücklicherweise erkennst: wir sind letztendlich Skla ven unseres Körpers. Sollte es nicht genau andersrum sein - sollte nicht der Körper lediglich das bzw. ein Werkzeug des Geistes sein? Du musst zugeben: Wieder ein sehr manifester Konflikt...

Zitat von nopro89:
Oftmals ist der Gedanke da, das Ganze zu beenden und einfach zu Leben. Macht der Kopf aber nicht mit, weil ich mich direkt unwohl fühlen würde, sobald etwas Fett drauf gekommen ist oder die Muskeln schwinden.

Das nur, weil Du etabliert hast, in Muskeln/Fett zu denken. Sichtbare Leistung (Körper) steht für Erfolg. Unsichtbare Erfolge haben in Deiner akuten Erlebenssicht keinen Platz - das Modul dafür fehlt.
Dein Gedanke jedoch an das einfach-Leben würde immer noch die Schnittstelle für dieses Modul anbieten. Wir haben diese Schnittstelle ein Leben lang und sie wäre eigentlich immer passend. Dieses Unwagnis ist wieder ein Konflikt, der sich mit den Jahren verstärkt.

Zitat von nopro89:
- mit beiden Händen am Bett gefesselt sein (ja ihr wisst wo sowas vorkommen kann), richtig schlimm mit Maske über den Augen

Ein gesunder Masochismus, oft im sexuellen Kontext ausgelebt, öffnet (vermeintlich) ein wenig die Schleusen. Dort (und nur dort!) erlauben wir uns, ausgeliefert, abhängig, ein Spielball des Partners zu sein. Der Partner kann hier durchaus als etwas Allumfassenderes angesehen werden. Er steht für Schicksal, Chance und Abenteuer - kurz, alles was Leben potenziell zu bieten hätte. Auch der Org asmus steht letzten Endes für ein williges Aufgeben der Kontrolle.

Zitat von nopro89:
Selbstständig werden, den Sport deutlich zu reduzieren oder Auswandern sind Gedanken, die schon lange im Kopf sind, aber aufgrund meiner Denkweise und Erziehung bisher nicht umgesetzt wurden.

Versuche mal, hier nicht die Äußerlichkeiten (Objekt=Körperlichkeit) als Lösung zu adressieren sondern Dein Inneres (Subjekt=Geist/Seele) an die erste Stelle zu setzen: Fokussiere keine Dinge/Tätigkeiten/Veränderungen da draussen sondern lege Deinen Fokus auf den, der erlebt. Es gibt ein Erleben ohne äußerliche Bedingungen, ohne Abhängigkeiten.

Zitat von nopro89:
Hier spielt auch der eingetrichterte Sicherheitsaspekt eine Rolle, der mich davon abhält einfach zu machen. Ich bin ein starker Kopfmensch.

Naja, machen tust Du ja schon seit Jahren, eigentlich Dein ganzes Leben... Der Sicherheitsaspekt hat als Maßstab eben das Machen. Nicht-Machen steht dementsprechend für Maßlosigkeit, Orientierungslosigkeit und ergo für Misserfolg.

Ich rate dazu, die Gegensätze mal wegzulassen. Machen oder Nicht-Machen, Sicherheit oder Unsicherheit - das sind letztlich alles Narrative, denen Du gelernt hast, blind zu vertrauen. Bedenke, je sicherer wir leben, umso mehr Unsicherheit schaffen wir (potenziell), vor der wir uns fürchten. Erkennst Du sie - die gegenseitige Bedingtheit?

@Angor Sry aber sehe das eher nich als überholt an. Auch wenns Berührungspunkte hat sind das immernoch zwei verschiedene und eigenständige Phobien und nur weil Platzangst ein gesellschaftlicher durch Unwissen sehr stark verallgemeinerter Ausdruck ist, sollte das trotzdem dementsprechend differenziert gesehen werden (alle Daumen sind Finger, aber nicht alle Finger dind Daumen). Ich habe selber Agoraphobie, aber keine Angst vor engen Räumen.

Na wenn Du meinst, bei mir ist es dann Beides.

Joa meine ich. Sowas zielt mir dazu auch zu sehr auf die neumodischen politischen motivierten Verallgemeinerungen ab und die teile ich nicht, aber das ist ein anderes Thema was hier nicht rein gehört.

Zitat von Marc_Sky:
Joa meine ich. Sowas zielt mir dazu auch zu sehr auf die neumodischen politischen motivierten Verallgemeinerungen ab und die teile ich nicht, aber das ist ein anderes Thema was hier nicht rein gehört.

Ich finde schon dass es hier reingehört, denn Agoraphobie beschreibt auch die Angst oder Panik in einer hilflosen Situation, unabhängig davon ob es eine weiter Platz oder ein enger Raum ist.

@moo erstmal vielen Dank nochmal, dass du so tief und gezielt auf die einzelnen Aussagen eingehst.

Ich habe mich schon vor Jahren mit Themen, wie z.b. Sich seiner Bewusstsein (Selbstbewusstsein), befasst und kurzzeitig auch Meditiert, bin spazieren gegangen und einfach im Hier und Jetzt gelebt und Dinge bewusst wahrgenommen. Auch Dankbarkeit habe ich praktiziert. Allerdings bin ich nach einer Gewissen Zeit wieder in das alte Muster verfallen.

Das Thema Bewerten ist auch stets ein Faktor in meinem Leben und wie du schon erkannt hast prägt das auch meine derzeitige Lebensart.
Ich rate dazu, die Gegensätze mal wegzulassen. Machen oder Nicht-Machen, Sicherheit oder Unsicherheit - das sind letztlich alles Narrative, denen Du gelernt hast, blind zu vertrauen. Bedenke, je sicherer wir leben, umso mehr Unsicherheit schaffen wir (potenziell), vor der wir uns fürchten. Erkennst Du sie - die gegenseitige Bedingtheit?

Da stimme ich dir voll und ganz zu.

Von der Logik her, weiß ich genau oder zum Großteil was zu tun ist, aber das TUN ist die große Hürde.
Nehmen wir das Beispiel BB. Ich werde nie zufrieden sein mit meiner Figur, ich werde diesem Kampf nach dem Idealbild immer hinterherrennen. Und desto Älter ich werde desto schwieriger wird der Kampf. Wofür also all diese gequäle und dieser extreme Verzicht. Auch soziale Kontakte leiden natürlich darunter. Alles nur für eine gewisse Anerkennung, die dann in eine Selbstzufriedenheit mündet.
Hier ist mein Kampf. hör auf mit dem Sport, genieß dein Leben, kann jederzeit vorbei sein....Ach was jetzt bist schon voll dabei und du wirst noch besser, schaut doch gut aus
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Zitat von nopro89:
Nehmen wir das Beispiel BB. Ich werde nie zufrieden sein mit meiner Figur, ich werde diesem Kampf nach dem Idealbild immer hinterherrennen.

Ja, das liegt aber in der Natur dieses Sports. BB ist weitaus mehr als Muskelaufbau und Eitelkeit. Aber den Preis, den jene, die ihn ausüben langfristig dafür zahlen, ist m. E. sehr hoch. Meine Hochzeit lag in den 90ern und ich habe in Santa Monica neben Flex Wheeler, Arnold Schwarzenegger, Lou Ferrigno, Mike Matarazzo, Mike Quinn, Aaron Baker, Laura Creavalle uvm. trainiert (nicht dass ich nur annähernd so aussah wie sie ). Auch bei Andreas Münzer beim Busek in München habe ich oft trainiert. Viele meiner damaligen Helden starben früh - und das nicht nur direkt aufgrund ihres Medikamentenmissbrauchs.
Der Vorteil am BB ist, dass man naturgemäß nie zufrieden sein kann! Bis ins hohe Alter kann man hier und da feilen, verbessern, erhalten, ausgleichen. Ein Idealsport für Zwängler und Perfektionisten - es erfüllt den Wunsch an der Kontrolle. Und indem diese nie voll erreicht werden kann, bleibt man stets hungrig. Im Laufe der Jahre wird aus dem Hunger der Selbstzweck und wir sind dann keine Bodybuilder mehr sondern Hungergeister.

Zitat von nopro89:
Alles nur für eine gewisse Anerkennung, die dann in eine Selbstzufriedenheit mündet.

Tja, genau so ist es. Doch wie bei einem Spülkasten, der leer ist (Unzufriedenheit) und nach Befüllung dürstet (Zufriedenheit), erhält sich dieser Wechselkonflikt wie ein Perpetuum mobile.
Wenn man sich diese Dauerspannung (und Dauerentspannung) mal wirklich ganz offen eingesteht, wagt man vielleicht mal den Ausstieg und lernt erst dann ein Leben abseits dieser (vermeintlich) lebensnotwendigen Spannung kennen. Es ist wie ein anderer Raum: Um ihn wirklich zu erleben, muss man ihn betreten - und dabei den alten Raum verlassen.

Zitat von nopro89:
Hier ist mein Kampf. hör auf mit dem Sport, genieß dein Leben, kann jederzeit vorbei sein... Ach was, jetzt bist schon voll dabei und du wirst noch besser, schaut doch gut aus!

Und genau so verhält es sich auch mit Süchten: Ein Leben ohne das Suchtobjekt erscheint unvorstellbar. Und das stimmt auch - die Vorstellung wird immer suchtgeprägt sein. Erst ein abstinentes Leben ermöglicht eine neue Realität.

@moo was wäre deine Ansicht nach der erste Schritt in die gewünschte Richtung. Es sind ja mehrere Punkte am Ende. Darunter das Thema mehr Freiheit (nicht dieses extrem Einschränken, berufliche sich nicht nur vom Geld und Status abhhänig machen), Zufrieden mit sich selbst sein und sich selbst annehmen/akzeptieren, unabhängig sein von äußeren Meinungen, das Leben und seine Zeit genießen.

Ich denke, ich war damals schon auf dem Weg in die Richtung, durch dieses bewusstes Wahrnehmen und im hier und jetzt leben. Ich konnte Problemlos Gefühle zeigen, inzwischen bin ich da eher wieder der Stein. Und mich haben Dinge weniger tangiert oder aufgeregt. Es ist wie es ist und es ist okay so.

Interessant, wie wir von der Angst zu den Tics über, hier gelandet sind

Zitat von Angor:
Ich finde schon dass es hier reingehört, denn Agoraphobie beschreibt auch die Angst oder Panik in einer hilflosen Situation, unabhängig davon ob es eine weiter Platz oder ein enger Raum ist.

Nö. Das ist schon sehr klar definiert. Und das schon seit Jahrzehnten. So ist es auch mit Klaustrophobie.

Zitat von Angor:
Agoraphobie beschreibt auch die Angst oder Panik in einer hilflosen Situation,

Wie bei so vielen anderen psychischen Beeinträchtigungen auch, lies bitte etwas genauer und achte auf die Syptomatik, wann diese auftritt bzw in welchen Situationen in Verbindug mit den Ursachen (falls bewusst bzw bekannt).

A


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Prof. Dr. Borwin Bandelow
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