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Hallo.

Wenn man mehrere Baustellen hat, ist es nicht einfach, Kontakte zwecks Erfahrungsaustausch zu knüpfen. Irgendwas gab/gibt es immer, dass nicht passte. Vielleicht könnt ihr mir ja Tipps geben, an die ich bisher noch nicht gedacht habe. Warum es bisher noch nicht klappte, erzähle ich mal kurz anhand einer typischen Depression. Eine psychische Krankheit, die viele Gesichter und Facetten hat. Mein Vorzeige-Depressiver führte ein ganz normales Leben, incl. sozialer Kontakte und einem ausfüllenden Berufsleben. Dann klopfte die Depression an seine Tür. Hervorgerufen durch verschiedene Auslöser, wie z.B. der Tod eines nahen Angehörigen, Mobbing, Überarbeitung, ein über Jahre schleichender Prozess usw. Er beschließt, sich in Therapie zu begeben, möglicherweise einer Gruppentherapie anzuschließen und...........trifft auf mich, einem stotternden und depressiven Sozial Phobiker.

DER Unterschied zwischen mir und sämtlichen psychisch Kranken, die ich jemals mehr oder weniger gut kennengelernt habe, ist, dass sie ihre sozialen Fähigkeiten mit in die Therapie nehmen. Fähigkeiten, die ich nie hatte, weil ich im Alter von 6 Jahren anfing zu stottern, und mein ganzes Leben, bis heute, darauf aufbaute. Es gibt ca. 750000 Stotterer in Deutschland. Viele werden, wie ich, depressiv und sozial unsicher sein. Doch im Gegensatz zu früher setze ich heute bei meinen Wunschkontakten das stottern nicht voraus. Aber auch Sozial Phobie ist ein sehr dehnbarer Begriff. Es gibt die Hardliner, die das Haus kaum verlassen, und die breite Masse, die das ganze differenzieren. Soll heißen, beruflich arbeiten sie mit Kollegen zusammen, haben jedoch Schwierigkeiten, private Kontakte zu knüpfen. Aber auch bei letzteren ist nicht sicher, ob sie nur schüchtern sind, oder Ansätze einer SP haben.

Ich zähle mich zu den Hardlinern, möchte jedoch was ändern. Ich habe schon meinen Therapeuten gefragt, ob er sich an Patienten erinnern könne, die mit mir vergleichbar sind. Fehlanzeige. Ich konnte ihm zwar erklären, dass hier die Schweigepflicht nicht greift, weil er in Betracht kommende Patienten vorher fragen könne, ob sie für ein Treffen bereit seien, aber bisher hat sich noch nichts ergeben, Ich hake beim nächsten Termin noch mal nach. Die nächste SP Selbshilfegruppe ist 50 Km von mir entfernt. Letztes Jahr habe ich sie angeschrieben. Doch es wurde auf beiden Seiten schnell klar, dass meine Zusatzbaustellen eine Zusammenarbeit unmöglich machen würden. Habt ihr noch Ideen, wo und wie Menschen aus meiner Liga treffen kann?

Gruß, catsitter

01.06.2016 22:12 • 03.06.2016 #1


8 Antworten ↓


guten morgen

Wenn du hier niemanden findest kannst du es ja mal den Foren für Stotterer probieren.

A


Wo und wie finde ich Gleichgesinnte ?

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Hallo.

Oh, hatte ich ganz vergessen zu schreiben. Stotterer sind die Schlimmsten. Sie vermeiden das Thema Psyche wie der Teufel das Weihwasser. Puh, was mir da an Angressionen entgegengeschlagen ist............

Mein Therapeut schlug mir vor, es doch mal mit den Kleinanzeigen in meinem Kreis zu versuchen. Dort gibt es immer jemanden, der Dienstleistungen oder Persönliches sucht oder anbietet. Doch ein Treffer bei der Suche in den KA ist so selten wie ein 6er im Lotto.

Ich würde das nicht wollen, in einer Gruppe von Sozialphobikern zu sein. Ich bin lieber unter normalen Menschen, denn wenn alle so wären wie ich, gäbe es nur peinliches Schweigen. Ich hatte mal eine Kollegin an der Uni, die so ähnlich war wie ich. Wenn wir allein zu zweit waren z.B. im Bus nebeneinander saßen, wusste keine von uns, worüber man reden sollte. Ich saß dann immer total verkrampft und veruchte irgendein Gesprächsthema zu finden, aber meist fiel mir nichts ein. Wenn im Büro noch 1-2 normale Leute dabei waren, haben wir uns beide viel wohler gefühlt und auch an den Gesprächen teilgenommen. Ich brauche immer jemanden, der das Gespräch in Gang hält und ich nur darauf reagieren muss.

Mit Stottern kenne ich mich jetzt nicht aus. Ich weiß nur von einem ehemaligen Lehrerkollegen, der Stotterer war und sich mittels einer bestimmten Technik das Stottern abgewöhnt hat. Man merkte es manchmal ganz leicht. Er ist trotzdem Lehrer geworden, ist sogar zum Studiendirektor geworden, der oft vor dem gesamten Kollegium, vor großem Publikum mit Eltern und Schülern etc. Vorträge gehalten hat.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Sozialphobiker untereinander unterhalten, ist ungleich höher, als im Kreise von Normalen. Kennt man ja von den Selbsthilfegruppen. Inmitten von Gleichgesinnten muss man sich nicht fürchten oder schämen. Da geht`s viel entspannter und ungezwungener zu. Kenne ich noch aus meiner früheren Mitarbeit in verschiedenen SHGn.

Was du über den Lehrer schreibst, ist genau das, was ich im Eingangsposting gemeint habe. Das sind in der Regel psychisch und sozial gefestigte Stotterer, die auf der Suche nach Sprachtherapien oder anderen Hilfen sind, mit denen sie das stottern minimieren oder ganz verhindern können.

Naja, vielleicht liegt es bei mir daran, dass ich es allgemein nicht ertragen kann, mit Menschen zusammen zu sein, die in irgendeiner Form krank sind oder nicht der Norm entsprechen. Ich habe das in einer ambulanten Gruppentherapie so erlebt und dann ganz extrem in der 8-wöchigen stationären Reha. Ich hatte unter den Mitpatienten ständig richtige Beklemmungen und teilweise Aggressionen gegen sie. Und geredet habe ich dort so gut wie gar nicht. Nur mit der Therapeutin in der Einzeltherapie.

Deine Ehrlichkeit ehrt dich und schockt mich dann doch zugleich. Ist aber letztendlich nicht fremd für mich. In meinen beiden psychischen Rehakuren traf ich auf unterschiedliche Reaktionen. Das reichte von Verwunderung, weil ich mich am 3. Tag nicht bereits zum Rest der Patienten gesellte, bis hin zu offenen Agressionen und gezielten Angriffen. Seit dem halte ich mich von Menschenansammlungen fern. Fällt mir gerade ein. Neulich war wieder so ein Moment. Als ehemaliger Patient einer psychischen Einrichtung hatte ich kürzlich wieder einen Termin. Danach ging ich über den Flur und sah im Speiseraum ehemalige Patienten, die sich sich monatlich zu Kaffee und Kuchen treffen. Ich schaute in entspannte und lachende Gesichter und mir wurde sofort wieder bewusst, dass das nicht meine Welt ist. Selbst wenn ich mich dazu gesetzt hätte, was ich früher woanders schon getan habe, führt das immer zum gleichen Ergebnis. Ich starre vor lauter Stress vor mich hin, ab und zu treffen sich meine und die Blicke der anderen und es wird jedem sofort klar, dass ich nicht dazu gehöre.

Mit dieser Anfrage wollte ich die Tür wieder ein klein wenig öffnen und einen neuen Anlauf wagen.

Zitat von catsitter:
Mit dieser Anfrage wollte ich die Tür wieder ein klein wenig öffnen und einen neuen Anlauf wagen.


Dann viel Glück

Danke.





Dr. Reinhard Pichler
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