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Ich war als Kind schon relativ zurückgezogen. Hatte jahrelang meist nur eine richtig beste Freundin und war nie aktiv in einem Verein. In der Schule wurde ich zum Ende hin gemobbt. Das ist jetzt 25 Jahre her.

Mittlerweile habe ich Kinder und muss eben auch notwendige Angelegenheiten, die mir gar nicht liegen wie zb. Elternabend mitmachen. Ich habe ein großes Problem in einer Gruppe zu reden; man muss sich ja auf jedem Elternabend vorstellen. Da fällt mir unheimlich schwer.

Und generell in Gruppen hab ich ein Problem. Ich gehe da einfach unter. Bin immer zurückhaltend. Weiß irgendwann nicht mehr, was ich reden soll und bin einfach gehemmt und nicht so locker wie andere. Dann passiert es schnell, dass ich außen vor bin. Kommt nicht so richtig in Kontakt mit den anderen, was ja logisch ist, wenn man introvertiert ist.

Und dann geht natürlich der Gedankenkreisel an. Warum bin ich immer so nervös. Warum gehe ich immer gleich vom schlimmsten aus. Warum bin ich in jede Gruppe mehr oder weniger irgendwann außen vor. warum kann ich nicht so locker reden wie andere. Warum versiegen die Gespräche mit mir. Warum gehöre ich nicht in eine Gruppe.

Ich gebe mir ja echt Mühe, aber es gelingt mir nicht, mich selbstbewusst und interessant zu zeigen. Wie kann ich das lernen.

Wenn dann zb ein Fest, ein Elternabend, ein Elterntreffen o.ä. vorbei ist, gehe ich verschiedene Szenen durch und ärgere mich über mich selbst, wie ich wann falsch reagiert habe oder Gelegenheiten nicht genutzt habe, weil ich einfach wieder zu sehr in mich gekehrt war.

Habt ihr vielleicht Tipps, wie ich mich da etwas positiver und selbstbewusster geben könnte?

24.07.2022 06:56 • 09.09.2022 x 5 #1


11 Antworten ↓


Die Kindheit zzgl. Elternhaus nach Ursachen zu untersuchen könnte nicht schaden.

Gruppen sind m. E. an sich für weitaus mehr Menschen herausfordernd als man glaubt. Ich habe das Sprechen vor Gruppen im Rahmen meines ersten Meditationskurses schätzen gelernt. Reden musste ich schon viel - in der Schule, vor Kunden im Außendienst, vor Mitarbeitern - aber ich wollte es sie. Erst die Erfahrung mehrerer Tage gemeinsamer Stille lehrte mich echtes Zuhören und echtes Sprechen.

Zuhören und Sprechen bilden m. E. eine Einheit. Nur wer wirklich zuhört, hat auch was zu sagen - und lernt dadurch, auch von sich aus zu sprechen und nicht nur zu antworten.

Es hat also mehr mit Deinem Interesse an Dir und Anderen zu tun, als mit einer generellen Hemmung. Angst überwindet man am schönsten durch Interesse.

A


Wie wird man selbstbewusster in der Gruppe

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Zitat von moo:
Die Kindheit zzgl. Elternhaus nach Ursachen zu untersuchen könnte nicht schaden. Gruppen sind m. E. an sich für weitaus mehr Menschen ...

Vielen Dank für die Antwort.
Das muss ich mir verinnerlichen und auch Mal darauf achten. Ich hoffe, dass ich mit diesem Gedankenanstoß weiter komme

Hallo dreamdance

Ich habe Deinen Beitrag gelesen. Sicher ist es nicht leicht in einer Gruppe zu reden.
Doch versuche einmal bei einem Thema einfach Deine eigenen Gedanken und Vorstellungen ein zu bringen. Lasse Dich auch nicht unterbrechen. Auch nicht so schnell ab zu lenken.
Sollte eine andere Meinung kommen, nehme sie auf, und setze diese mit Deiner Vorstellung um, sage auch das Für und Wider der Meinung zu Deiner.

Danke für den Tipp.
Ja, es ist oft so, dass nach einer gewissen Zeit des Gesprächs Sprachlosigkeit herrscht und das Gespräch sich auflöst. Da muss ich unheimlich daran arbeiten.

Auch allgemein an meiner Einstellung. Ich nehme mir alles immer so extrem zu Herzen. Denk oft, ah jetzt reden sie über mich, wenn etwas leiser gesprochen wird und der Blick auf mich fällt.

Hallo,
danke für deinen Forenbeitrag. @moo hat mit seinem Tipp den Nagel schon auf den Kopf getroffen. Interesse ist ein echtes Wundermittel in solchen Situationen. Manchmal sorgt ein starker Blick nach innen auch dafür, dass man sich nicht richtig auf die Situationen in der man sich befindet einlassen kann, weil man so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass Reize von außen nicht wahrgenommen werden. Das geht dann in die Richtung der selbsterfüllenden Prophezeiung. Bitte verbessere mich, wenn ich mich irre, aber für mich hört es sich ein bisschen danach an, dass du hoffst in den Gruppen gut anzukommen. Das ist vollkommen normal und ich glaube es geht den meisten Menschen so, aber was hältst du davon das Blatt mal zu wenden und nicht mit dem Gedanken Hoffentlich finden die Leute mich interessant. sondern mit dem Gedanken Hoffentlich finde ich die Leute dort interessant. in die Situation zu gehen? So ein Wechsel der Blickperspektive kann schon sehr viel bewirken. Ich habe zwei Buchtipps für dich. Die packe ich die als Foto mit zu diesem Post. Diese Bücher beschäftigen sich mit Kommunikation und ich bin mir sicher, dass du darin einige wertvolle Informationen für dich finden kannst. Wenn ich merke, dass mir bestimmte Themenbereiche Probleme machen, decke ich mich immer mit allen Büchern die ich zu dem Thema finden kann ein. Informiert zu sein hilft ungemein, denn Wissen ist Macht.
Und ganz wichtig: Sei geduldig mit dir selbst und sei gut zu dir. Gruppensituationen sind oft nicht einfach zu navigieren. Du bist nicht alleine mit diesen Gefühlen.

Was du schreibst, dreamdance, kann ich sehr gut nachvollziehen.

Viele Jahre, vor allem in Kindheit und Jugend, habe ich mich nicht getraut, vor anderen meine Stimme zu erheben.
Das hat sich gründlich geändert. Heute kann ich in Versammlungen meine Meinung frei äußern. Es macht mir sogar Freude.
Was ich sagen will: Man kann es lernen.

Zitat von moo:
Erst die Erfahrung mehrerer Tage gemeinsamer Stille lehrte mich echtes Zuhören und echtes Sprechen.

Ja. Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Sich ohne innere Masken begegnen und einfach nur gemeinsam dasein.

Zitat von moo:
Es hat also mehr mit Deinem Interesse an Dir und Anderen zu tun, als mit einer generellen Hemmung. Angst überwindet man am schönsten durch Interesse.

Das sehe ich auch so.
Zitat von dreamdance:
Auch allgemein an meiner Einstellung. Ich nehme mir alles immer so extrem zu Herzen. Denk oft, ah jetzt reden sie über mich, wenn etwas leiser gesprochen wird und der Blick auf mich fällt.

Sie reden leider nicht über dich. Wir haben alle unsere eigenen Geschichten im Kopf und drehen uns viel zu sehr um uns selbst, viel zu wenig um andere.
Ja, manchmal wird getuschelt, auch gemobbt.
Falls jemand über dich tuscheln sollte: Er oder sie kennt dich ja gar nicht. Also würden die Inhalte nicht den Tatsachen entsprechen. Warum sollte es dich tangieren, wenn du den Ball nicht auffängst?

Das hat mir geholfen:
1. In jeder Versammlung konsequent etwas sagen und sei es nur, eine kurze Frage zu stellen. Übung macht den Meister. Sich daran gewöhnen, die eigene Stimme zu erheben.
2. Sich mehr auf die anderen Menschen einlassen: Wer sind sie? Zuhören.
Früher habe ich mich hauptsächlich um mich selbst gedreht. Solche Fragen gingen mir durch den Kopf: Wie sehen mich die anderen? Was halten sie von mir?Hab ich was Falsches gesagt? Was denken sie jetzt von mir? etc. Solche Gedanken stressen und verbrauchen viel Energie, so dass man eigentlich nicht mehr richtig zuhören kann.
Es hat mir geholfen, jeden Einzelnen innerlich anzunehmen, auch dann, wenn ich gerade nichts zu sagen hatte/habe. Innerlich bewusst Wohlwollen für die anderen während der ganzen Versammlung ausstrahlen. Öfter lächeln. Auch mal andere anlächeln...Natürlich nicht immer. Wahrhaftig bleiben.
3. In der Situation sein. Da sein. Früher habe ich mich hauptsächlich um mich selbst gedreht, siehe oben.
4. Sich sehr gut sachlich informieren zum Thema.
5. Tagebuch schreiben. Habe mich daran gewöhnt, eine Meinung zu haben und sie wichtig (genug) zu nehmen.
6. Die eigne äußere Stimme hören, sich daran gewöhnen. Habe dazu Aufnahmen gemacht, die ich dann angehört habe.
7. Die Stimme pflegen. Eine Zeit lang habe ich Gesangsunterricht (Einzelstunden) genommen und im Chor gesungen. Das stärkt das Zutrauen in die eigene äußere Stimme und ermöglicht dann Gemeinschaftserfahrung. Im Chor geht es um das Wir und das Einfügen in ein größeres Ganzes. Das geht auch ohne Gesangsunterricht.
8. Theaterarbeit hat auch geholfen.
9. Die innere Stimme pflegen durch Meditation.

Es gibt bestimmt noch viele andere Übmöglichkeiten, auch ganz einfache, im Alltag.


Alles Gute dir!

Ich habe mal einen Rhetorikkurs gemacht. Da wurde geübt, geübt, geübt vor Menschen zu reden.
Es wurde ein leichtes Thema, z. B. dein Lieblingshobby gewählt und dann vor den wenigen anderen Teilnehmern gehalten, fast alle taten dies zum 1. mal. Da gabs kein Schämen. Die Schauspieler z. B. haben auch heute noch Lampenfieber, welches dazu gehört. Einige schwören drauf, sich die anderen na ckt vorzustellen. Andere trauen sich nicht, in die Augen zu sehen. Sie schauen dann auf die Stirn oder die Nase.

So einen Vortrag könntest du vor deiner Familie/Freunde üben. Wenn du selber öfters so was machst, und das, was du selber merkst schon verbessert hast, dann kannst auch über konstruktives Feedback bitten oder dich dabei auch mal filmen lassen. Dann siehst du auch, ob du genügend Mimik und Gestik und verschiedene Stimmlagen/Betonungen eingesetzt hat, was hilfreich ist, um die Aufmerksamkeit zu halten (nach 45 Min. gehts ja bergab). Auch hilft es, sich eine Vertrauensperson im Publikum zu suchen, die du ansiehst und dir Kraft gibt durch Augenkontakt.

Vielleicht nutzt du auch die Gelegenheit, wenn du einkaufen oder spazieren gehst, mal die Menschen anzusprechen/zu grüßen?

Zitat:
Wie wird man selbstbewusster in der Gruppe?

Indem man bewusster wird.

Zitat von moo:
Nur wer wirklich zuhört, hat auch was zu sagen - und lernt dadurch, auch von sich aus zu sprechen und nicht nur zu antworten.


Ich denke vor allem Übung macht den Meister.

Wenn man sich zu sehr überlegt wie etwas ankommen könnte bevor man etwas sagt und dann nicht sagt verstrickt man sich selbst.
je länger man sich zurückhält und nichts sagt desto schwieriger wird es.

Andere sind das extreme Gegenteil und reden einfach drauflos ohne zu überlegen - so scheint es mir zumindest manchmal.
Ein gesundes Mittelmass wäre gut.

Zitat von rero:
Andere sind das extreme Gegenteil und reden einfach drauflos ohne zu überlegen - so scheint es mir zumindest manchmal.
Ein gesundes Mittelmass wäre gut.

Ja, genau.
Wer nur drauflos plappert, hat meistens nichts zu sagen und braucht dazu viele Worte.

Hallo dreamdance,

Zitat von dreamdance:
Wenn dann zb ein Fest, ein Elternabend, ein Elterntreffen o.ä. vorbei ist, gehe ich verschiedene Szenen durch und ärgere mich über mich selbst, wie ich wann falsch reagiert habe oder Gelegenheiten nicht genutzt habe, weil ich einfach wieder zu sehr in mich gekehrt war.

Yep! Genau das mache ich auch ständig nach Familienveranstaltungen (Essen gehen, Billard spielen, Kaffeenachmittage, etc).

Mir hatte es etwas geholfen, nicht ärgerlich oder beschämt zu sein, sondern den Kritikpunkt aufzuschreiben, eine bessere Reaktion zu überlegen und dazuschreiben. Alles mit dem Hintergedanken Ok, war nicht optimal, aber sich selbst jetzt noch zu beschimpfen bringt auch nichts. Lieber konstruktiv überlegen, wie es nächstes Mal besser geht.

Zitat von Antiope:
Manchmal sorgt ein starker Blick nach innen auch dafür, dass man sich nicht richtig auf die Situationen in der man sich befindet einlassen kann, weil man so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass Reize von außen nicht wahrgenommen werden. Das geht dann in die Richtung der selbsterfüllenden Prophezeiung.


Absolut richtig. Dieser nach innen gezogene Blick ist auch eines meiner großen Probleme.

Zitat von Antiope:
und nicht mit dem Gedanken Hoffentlich finden die Leute mich interessant. sondern mit dem Gedanken Hoffentlich finde ich die Leute dort interessant. in die Situation zu gehen?


Genau. Oder auch: Ich interessiere mich, und wenn ich euch nicht interessiere, dann ist das Ok und nicht mein Problem.

Zitat von Hoffnungsblick:
Es gibt bestimmt noch viele andere Übmöglichkeiten, auch ganz einfache, im Alltag.

Zum Beispiel im Supermarkt, im Bus, etc. den Gesprächen anderer folgen und beobachten wie:

a) sie wechselseitig zuhören und reden.
b) sie die Äußerungen der Gesprächspartner aufnehmen und ihren Senf dazugeben.
c) viele dieser Gespräche belangloses Zeug enthalten und einfach nur sozialisierendes Geplapper (Smalltalk) sind.
d) sie schon nach wenigen Sekunden das missmutige Grummeln bei einer Meinungsverschiedenheit vergessen haben.
e) die kurzen, unangenehmen Momente der Stille, weil keiner mehr was zu sagen hat, mit welchen Äußerungen beendet werden.
...

Währenddessen in Gedanken die Fragen oder Äußerungen so beantworten, als wäre man der Gesprächspartner. Anschließend bei der nächsten Veranstaltung an dem gelernten orientieren und versuchen, ähnliche Gespräche zu führen.

Allerdings denke ich auch - inklusive für mich -, dass Gesprächstraining, z.B. in einer Gruppentherapie oder einer Selbsthilfegruppe viel effektiver sein dürfte.

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Dr. Reinhard Pichler
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