Hallo agreatwayoff,
schön dass du dich mitteilst. Du kannst hier nichts verlieren, nur gewinnen - an Erfahrungen, Anteilnahme und Ideen.
Sich auszutauschen muss nicht unbedingt einen Sinn erfüllen. Selbst wenn nichts 'dabei herauskommt' hat man ja nicht wirklich etwas verloren.
Auf der anderen Seite kann, wie schon gesagt, durchaus viel gewinnen.
Da du gerade in einer schlechten Phase bist musst du dich natürlich erst wieder neu orientieren und Erfahrung und Kraft sammeln. Und das dauert auch seine Zeit.
In solchen Phasen kann man es nur gut mit sich meinen, und es auch wohlwollend akzeptieren dass es einem nicht gut geht und man nicht viel leistet.
Grübeln und negative Gedankenspiralen sind natürlich durchweg negativ; da gilt es Wege zu finden diese zu durchbrechen.
Dass Gedanken kommen ist normal, aber man kann lernen diese wahrzunehmen, anzunehmen, und dann wieder ziehen zu lassen - also passiv. Oder aktiv, vor allem unpassende oder übertriebene Gefühle zu analysieren und rational zu einer anderen Überzeugung zu gelangen und sich immer wieder zu korrigieren.
Beides erfordert viel Übung und damit Zeit. Thema Achtsamkeit zur Selbstwahrnehmung, um diese Gedanken und Gefühle zunehmend schneller bewusst zu erkennen und dann auch eingreifen zu können.
Ansonsten ist das Ablenken und Beschäftigen natürlich auch ein guter Weg das Grübeln und negative Gedanken zu unterbrechen. Am besten etwas das auch Konzentration bindet. Etwas das man schon kann und automatisch passiert und man nebenher grübeln kann wirkt da nicht mehr.
Du sagst du bist wieder im Elternhaus.
Das kann einerseits ein sehr positiver Einfluss sein wenn du Unterstützung erfährst,
gleichzeitig frage ich mich aber woher deine Unsicherheit, dein geringer Selbstwert der zu einer sozialen Phobie führt, her kommt. Das hat eigentlich immer etwas mit Veranlagung zu tun genauso wie mit Erfahrungen und erlernten Grundannahmen. Das muss nicht von deinen Eltern stammen, kann aber?
Da kann man sich natürlich überlegen ob das ein gutes Umfeld ist oder eher hinderlich, wenn man sich ändern und neu erfinden will.
So wie sich das anhörte erfährst du aber durchaus Unterstützung, zumindest von deinem Vater.
Hast du dein Informatikstudium denn abschließen können?
Die Selbstbeobachtung ist wie du sie schilderst ist auch etwas sehr typisches.
Da kann ich dir nur den Rat geben nicht so sehr darauf zu achten.
Einfach trotzdem oder gerade wegen der Angst Dinge zu tun, vorwärts zu marschieren.
Durch ständige Selbstbeobachtung setzt man sich selbst unter Druck und Angst, man fühlt sich als würde man falsch gehen oder sein. Aber das sind unrealistische und unwichtige Gedanken. Wie ich laufe ist den anderen doch schei. egal. Und selbst wenn ich auffalle ist denen das über den Moment hinaus egal, und mir kann es das auch sein.
Generell zu Angstörungen kann ich sagen dass die gerade auch durch Vermeidung aufrechterhalten und verschlimmert werden.
Denn damit bestätigt man sich ich habe die Situation vermieden, dadurch ist nichts schlimmes passiert, also war die Situation gefährlich. Man erfährt nicht dass es nicht gefährlich war. Und selbst wenn man sie nur durchhält hilft das noch nicht unbedingt. In der Situation bleiben bis man bemerkt dass nichts schlimmes passiert und der Körper den Alarmmodus mit Adrenalin etc herunterfährt. Und/Oder sich hinterher bewusst machen dass man in der Situation war und nichts nachhaltig schlimmes passiert ist.
Das ist natürlich eine schöne Theorie, aber einfach noch lange nicht. Damit muss man sich erst beschäftigen und langsam annähern, sich ausprobieren und üben.
Und sich selbst auch nicht zu viel zumuten. Denn das sind alles Dinge die einen sehr belasten, da braucht man Ausgleiche, mit denen man sich wieder Energie holt.
Wenn sich dann eine Angststörung mit einer Depression kombiniert ist das natürlich doppelt ärgerlich.
Du sagst du kannst dich mit keiner Person unterhalten. Wie ist es denn mit deinen Eltern?
Was sind deine Befürchtungen?
Die Grundannahmen die du erlernt hast, wie du sagst dass du minderwertig und dumm bist, sind genau das - erlernt.
Die sind natürlich nicht gesund und unpassend. Das umzulernen erfordert viel Übung/Wiederholung und Zeit.
Weißt du denn woher du diese Grundannahmen vielleicht erlernt hast? War deine Erziehung eher kalt? Leistungsbezogen? Bist du Perfektionistisch? Hast du hohe und damit unrealistische Ansprüche an dich selbst?
Oder gab es andere Einflussfaktoren?
Zitat von agreatwayoff:Ich weiß ehrlich gesagt auch gar nicht genau, wieso ich mich hier angemeldet habe und was ich erwarte.
Schön dass du etwas neues ausprobierst. Nur so geht es weiter und ändert sich etwas.
Dass du noch keine Therapie beginnen konntest ist natürlich schade. Wenn man in so einer beschissenen Situation ist und dann nur Wartet ist das echt doof.
Aber vielleicht kannst du hier auch bereits ein paar Ideen und Impulse bekommen.
Dass man sich damit sehr alleine fühlen kann ist natürlich auch richtig. Je nach Umfeld gibt es oder gibt es kein Verständnis dafür.
Wahrscheinlich erst wenn man die eigene Machtlosigkeit selbst mal erlebt hat versteht man es richtig.
Aber trotzdem kann man Empathie und Unterstützung finden, auch bei jenen die es vielleicht noch nicht selbst erlebt haben (nicht bei allen natürlich).
Und generell ist das eigene Innenleben ja viel größer als alles was man von anderen Wahrnehmen kann.
Und wenn man sich nur schwer mitteilen kann oder es und sich selbst noch nicht richtig versteht ist es noch schwieriger.
Zitat von agreatwayoff:Mein Vater gibt mir immer tipps womit ich mir die zeit vertreiben soll und sagt dass es damit besser wird und das tue ich dann auch. Joggen gehen, Rätselhefte machen, Zeitung lesen und ab und an helfe ich ihm im garten, aber so richtig für mich tue ich das nicht, also ich hab einfach keinen Spaß dabei. Ich weiß auch ehrlich gesagt gar nicht mehr so richtig was Spaß haben eigentlich heißt, also ich empfinde generell gar keine freude mehr.
Das hört sich schon sehr gut an als Überlebensstrategie. Beschäftigung ist eine gute Ablenkung.
Und trotzdem wird sie die Grundursachen meist nur vertagen und beiseite schieben. Diese dann zu bearbeiten ist meist eine größere Aufgabe.
Bei einer Depression oder generell hoher Belastung sind Gefühlsempfindungen und vor allem auch Spaß und Freude natürlich getrübt. Das ist normal.
Du befindest dich gerade in einer Durststrecke die du überstehen musst. Aber du wirst ein paar Werkzeuge erlernen, wieder Kraft tanken, Dinge erkennen und anders interpretieren, und dann auch wieder mehr Freude empfinden können.
Gruß
Jan