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Hallo Forengemeinde,

bin neu hier und möchte gleich mein Problem beschreiben da mich die Angst wieder gepackt hat.

Ich bin männlich, 18 Jahre alt und ein schüchterner und nachdenklicher Mensch. Als Kind war ich richtig überschüchtern, man kann sagen ich hatte eine Sozialphobie, das hat sich aber gelegt. Heute kann ich sagen, dass ich einfach nur so schüchtern bin.
Dazu habe ich schon immer eine sehr merkwürdige unbeschreibbare Angst, die immer schlimmer wird in letzter Zeit: Die Angst vor etwas Ungewissem, oder dass etwas schief geht, auch dass ich mich blamiere usw.

Um genauer zu werden und ein Beispiel anzugeben:

Letzte Woche traf ich mich mit einer Freundin, die von etwas weiter herkam. Wir machten aus, dass ich sie an der Haltestelle in meinem Dorf abhole, wir dann in den Supermarkt gehn um etwas Alk. zu kaufen und was zu knabbern, da wir uns ein DVD Abend machen wollten.

Gleichzeitig musste ich aber auch noch ein paar anderen Kumpels absagen, die wieder einmal vorhatten, etwas um die Häuser zu ziehn.
Und genau da liegt meine Angst. Einfach Angst ,dass etwas schief geht.

Ich kann nicht sagen, vor was genau, einfach nur dass irgendwie etwas nicht hinhaut. Auf die Reaktionen der Kumpels, wenn ich ihnen absage, hatte ich Angst. Und wenn ich die Freundin abhole und einkaufen gehe, hatte ich auch unheimliche Angst ,dass irgendwas schief geht. Vllt dass ich mich blamiere oder Ähnliches. Schon vor der Begrüßung mit ihr hatte ich richtig Schiss. Bleibt noch zu erwähnen ,dass ich ihr gegenüber nicht schüchtern bin, wir über alles reden usw. .
Die Angst ist da bei mir so groß, dass wenn ich aufwache schon richtig Herzrasen bekomme, nix essen kann. Das ist so ähnlich wie ganz schlimmes Lampenfieber, aber irgendwie doch anders.

Wenn ein Tag stressig wird, oder etwas ungewiss ist, oder die Planung des Tages ungewiss ist und ich nicht genau vorhersehen kann ,wie alles abläuft ,bekomme ich totale Panikattacken. Ich versuch schon lang meine Angst zu analysieren, vor was ich denn genau Angst habe. Ich komm einfach auf kein gescheites Ergebnis. Vllt Angst vor Reaktionen und Emotionen anderer Menschen. Oder sowas.

Manchmal hab ich auch ganz miese Tage, wo ich einfach vollkommen grundlos Angst auf den Tag habe, auch wenn alles vorhersehbar ist, jedes Ereignis, und ich nicht weggehe zb. Also einfach nur riesige Angst, dass ich den Tag nicht rumbringe oder so.

So, das ist mein Problem. Tut mir leid ,dass der Text so lang geworden ist. Aber ich musste mir wirklich mühe geben und mir genau überlegen was ich da so schreib, weil ich ja selber net genau weiß wovor ich so schlimme Ängste habe.
Heute hab ich schon wieder Angst, den Tag net gut rumzubringen und zu überstehn, weil ich mir überlegen muss ob ich heute mit Freunden weggeh oder nicht.

Vielen Dank fürs Lesen, auch wenns lang geworden ist.

Beste Grüße

17.07.2009 14:23 • 10.08.2009 #1


5 Antworten ↓


Hallo Poseidon,

ich kenne das sehr gut und würde es als soziale Angst mit einer gewissen Tendenz zu Perfektionismus einordnen.

Soziale Angst deshalb, weil es ja darum geht, es jedem recht machen zu wollen. Und das geht natürlich nicht, wie man gerade an Deiner Situation gesehen hat. Als ich in Deinem Alter war, konnte ich kaum mal etwas absagen oder deutlich machen, dass ich auf irgendetwas keine besondere Lust hätte. Finde, man kann da im Prinzip nur auf seine Intuition hören und dann bei seiner Entscheidung bleiben. Wenn man mal absagt, heißt das ja nicht, dass die anderen deshalb gleich beleidigt sind und über einen lästern.

Auch dieses unbestimmte Gefühl, dass irgendetwas schiefgeht kenne ich. Ich plane auch manchmal im voraus selbst die einfachsten Sachen, Einkaufen usw. Dahinter wird der Wunsch stecken, alles haarklein kontrollieren zu wollen, selbst wenn gar kein Grund dazu besteht.

Grüße

pc

A


Unbeschreibbare Angst

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Hallo Poseidon,

toller Name



Das Leben ist ja grundsätzlich unberechenbar
wenngleich es doch physikalische Gesetze gibt die eine gewisse Vorhersagbarkeit für uns zulassen.

Die Menschheit hat sich damit auch schon in verschiender Weise interessiert
wie z. B. in der Chaos-theorie und ebenfalls im I-Ging (das Buch der Wandlungen).

Vielleicht interessieren Dich diese Ansätze auch?

Liebe Grüße,
Liesjen

PS:
Doch wenn ich ehrlich bin möchte ich garnicht vorher wissen wann mein Todestag ist,
persönlich lebe ich in diesem Ungewissen ruhiger
als wenn ich bewusst auf diesen Tag hin leben würde.

Guten Abend (oder besser gesagt gute Nacht ),

danke erstmal für die Antworten.

@panicchief:
Klar, die soziale Angst nimmt unterbewusst wahrscheinlich eine sehr große Rolle in diesem ganzen Angstgeflecht und meinen beschriebenen Problemen ein. Habe ja auch so vor Vorträgen, Aufführungen oder stinknormalen Aktivitäten, an denen viel Menschen beteiligt/anwesend sind ziemliche Angst im Vorraus.
Wahrscheinlich denke ich unterbewusst, dass ich an diversen Aktivitäten an einem Tag mich irgendwie blamieren könnte. Zum Beispiel beim Einkaufen irgendwie Mist bauen könnte, jemand unerwartetes treffen könnte, wo ich wiederum erröten könnte. Oder wenn ich meinen Freunden absage, irgendwie was falsches rauslasse.

Aber ich merke einfach, dass es das nicht allein ist. Da muss irgendwas anderes noch sein. Und da kommt deine Theorie vom Perfektionismus.
Da ich Angst vor zb. wichtigen Tagen habe, egal was es ist, versuche ich mich darüber immer genau zu informieren und alles selsbt vorherzusehen und zu planen.

Beispiel: Ich hatte vor 3 Wochen Abschlussfeier (mittlere Reife). Die Feier war in einem Theatersaal. Alle 10. Klassen inklusive die Eltern und alle Lehrer waren anwesend, es gab viele Programmpunkte und jede Klasse stellte irgendwas vor (gottseidank musste ich selbst nix aufführen oder so). Zeugnisausgabe gabs auch am Schluss.
Schon seit Monaten machte ich mir unglaubliche Sorgen und Gedanken, ob das alles gut ausgeht da für mich. Ich stellte mir die Programmpunkte vor, die Zeugnisausgabe, wie ich meine Klassenkameraden begrüße, wie ich ein paar Worte mit den Lehrern wechsle usw. . Ich plante, wie ich bei der Zeugnisausgabe auf die Bühne laufe, wie ich schaue, wo ich ins Publikum schaue. Was ich genau zu meinen Lehrern sage usw. Ich plante auch, wieviel Zeit jeder Programmpunkt einnimmt, oder wann ich an dem Tage morgens aufstehe und und und.

In diesen Fällen bin ich Perfektionist. Aber ansonsten eben nicht (mein Zimmer ist nicht aufgeräumt und ich komme auch mal leider zu spät ).



@Liesjen:
In den oberen Zeilen ist wohl auch weitesgehend dein Beitrag beantwortet. Meine Angst hängt damit zusammen, dass ich immer alles vorhersehen und planen will, da ich auch manchmal Angst vor Tagen habe, an denen ich mich praktisch nicht blamieren kann.
Wohl eher aber sind die Ängste noch Ansätze einer sozialen Phobie.

Aber wie dein gut gelungener letzter Satz zeigt, ist es auf jedenfall logischer und einfacher, sich nicht über alles seine Sorgen zu machen, alles kontrollieren und vorhersehen zu wollen. Nämlich einfach genießen und auf sich zukommen lassen ist eigentlich viel besser


Danke fürs Lesen, ist ja wieder viel geworden .Aber ich musste es mir mal von der Seele schreiben.

MFG
Poseidon

Hallo Poseidon,

früher habe ich immer verzweifelt versucht, die Erwartungen von anderen zu erfüllen. Obwohl es mir damit schlecht ging, aber nicht einmal letzteres wollte ich wahrhaben.

Bis es mich krank gemacht hat. Das mit dem Perfektionismus bezieht sich bei mir auch nur auf manches, bei anderen Dingen kann ich Chaot sein .

Grüße

pc

Hallo Poseidon,
was Du beschreibst, kenne ich im Prinzip schon seit ich denken kann auf mehr oder weniger genau die gleiche Art und Weise und es beschäftigt bzw. belastet mich mal mehr, mal weniger.
Ich wache in der früh auf, weiß dass ich z.B. am Abend verabredet bin und dann geht es schon los mit einem schlechten Gefühl im Bauch. Das Wetter könnte schlecht sein, ich könnte zu spät kommen, weil irgendetwas schiefgeht oder ich könnte bis zum Abend krank werden... was auch immer.
Eine Zeit lang hat sich dies dann mehr und mehr ausgeweitet, sodass ich es irgendwann vermieden habe, mich zu verabreden bzw. ich habe versucht, ein Treffen in kontrollierbarem Rahmen stattfinden zu lassen, indem ich Freunde nur noch zu mir nach Hause eingeladen habe. Da spielt das Wetter keine Rolle, für das Essen etc. kann ich selbst sorgen. Falls es mir nicht so gut geht, muss ich trotzdem nicht unbedingt absagen - bin ja zu Hause.
Das hat aber irgendwann auch nur dazu geführt, dass Treffen mit Freunden immer seltener wurden. Klar, im Sommer will sich kein Mensch in die Wohnung setzen, wenn draussen schönstes Wetter ist. Die Probleme wurden eigentlich immer größer und immer mehr, je mehr ich dieses Vermeidungsverhalten praktiziert habe und ich bin weit davon entfernt, dass ich diese undefinierbaren Ängste abgelegt hätte. Aber ich glaube, dass ich einen recht guten Ansatz gefunden habe, woran es zumindest teilweise liegt: Kontrolle und Perfektion.
Ich fühle mich oft nur sicher, wenn ich die Kontrolle über eine Situation habe und zwar vollständig. Ebenso soll es perfekt ablaufen, nichts unvorhergesehenes soll passieren, denn dann fehlte mir ja wieder die Kontrolle. Immer wenn mich diese Ängste überfallen, lasse ich mir genau das durch den Kopf gehen. Was wäre so schlimm daran, wenn etwas nicht wie gedacht verläuft? Ich denke mir gleich eine Alternative aus - wenn ich mit Freunden im Biergarten verabredet bin und am Abend hats schlechtes Wetter -- dann setzen wir uns halt irgendwo rein und machen dort nen schönen Abend. Am Anfang war das immer nur ein schwacher Trost aber mittlerweile fällt es mir deutlich leichter und immer öfter komme ich jetzt auch ohne diesen Plan B aus. Ich denke garnicht mehr dran und habe damit jetzt schon sehr oft ein Erfolgserlebnis gehabt, nämlich dass es ohne weiteres funktioniert, ohne mir Gedanken über das wie und was gemacht zu haben. Es ist sogar so, dass es sogar viel besser funktioniert weil ich sehr viel gelöster bin und in eine Situation eintauchen kann. Die Beste Methode mit diesen Ängsten klar zu kommen ist nach meinen eigenen Erfahrungen zu Handeln. Und weil der Weg dort hin relativ schwer ist hilft mir dabei einen Plan B zu haben. Und auf einmal hab ich den dann gar nicht mehr gebraucht, weil er eh nur nutzlos in einer Schublade meines Kopfes lag.

Viele Grüße

Caspar





Dr. Reinhard Pichler
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