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Liebe Leidensgenossen!

Ich wende mich an euch, in der Hoffnung mich mit jemandem austauschen zu können dem es genauso geht wie mir.
Ich bin 36 Jahre alt und leide schon seit einigen Jahren an sozialer Phopie. Vor ca. 7 Jahren war ich deshalb in psychiatrischer Behandlung. Der Arzt hat mir damals Medikamente verschrieben die sehr gut geholfen haben. Nach einem Jahr (in dem es mir wirklich gut ging) haben wir die Medikamente dann aber wieder schleichend abgesetzt. Eine Zeit lang ging es mir dann auch dannach noch gut aber mittlerweile bin ich wieder an dem selben Punkt wie damals angelangt. Mein Psychiater hatte mir eine Therapie nahegelegt aber dazu bin/war ich einfach noch nicht bereit. Ich bin ein sehr verschlossener, schüchterner, introvertierter Mensch dem es an Selbstbewußtsein mangelt und nicht gerne über seine Probleme redet. Daher fällt es mir auch jetzt schwer, die passenden Worte zu finden.
Meine Angst/Panik macht sich in vielen Situationen bemerkbar. Z.B. vor anderen essen, trinken, eine Rede halten, unterschreiben, … es gibt so viele Situationen denen ich mittlerweile versuche aus dem Weg zu gehen dass ich sie hier gar nicht alle aufzählen kann. Meine Hauptprobleme sind jedoch essen, trinken und unterschreiben. Wenn man dies als Außenstehender liest klingt es einfach nur lächerlich. Wie kann jemand Angst davor haben eine Unterschrift abzugeben? Sogar für mich klingt das absurd, ist jedoch so!  Meine Hand beginnt zu zittern und mein Herz rast! Diese Situationen sind mir immer extrem peinlich.
Ich werde schon Tage vorher unruhig wenn ich weiß dass ein Termin ansteht wo ich unterschreiben muß.
Ich kann mich auch niemandem anvertrauen (weger Verwandten, noch Bekannten oder Freunden). Wenn ich es als Betroffene schon nicht verstehen kann, wie kann ich es dann von anderen erwarten?
Ich weiß dass eine Therapie wohl der einzige Ausweg ist aber da ich eindeutig mehr die Zuhörerin als die Rednerin bin, schiebe ich das immer noch vor mich her.
Hat jemand von euch ähnliche Probleme und hat diese mittlerweile in den Griff bekommen?
Bin für jeden Informationsaustausch/Tipp sehr dankbar!

25.01.2016 15:57 • 26.01.2016 #1


3 Antworten ↓


Hallo Lucky,
Willkommen im Club! Schön, dass du zu uns ins Forum gefunden hast.
Essen und trinken vor Publikum mag ich auch nicht. Trinken schon eher, aber essen geht gar nicht, da bleib ich lieber hungrig sitzen unter lauter Essenden (durchaus schon vorgekommen). Und das mit dem Unterschreiben ist auch gar nicht so ungewöhnlich, ich habe da auch Probleme (wenn auch nicht so extrem wie du). Ich übe, bevor ich wo unterschreiben muss, zuhause. Ich habe eine ganz doofe Schrift, von daher kommt das. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich darum gebeten habe, ein neues Formular zu bekommen und neu unterschreiben zu dürfen, weil ich mich für die erste Fassung geschämt habe
Warum fühlst du dich nicht bereit für eine Therapie? Was genau lässt dich zögern (neben dem, dass du eher fürs Zuhören als für Reden gemacht bist)? Ich denke, dass dir eine gut tun würde. Ich mache selbst auch eine.

A


Soziale Phopie - Essen, trinken, unterschreiben

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Liebe juwi!
Vielen Dank für deinen Eintrag. Hungrig zu bleiben und den anderen beim Essen zuzusehen kenne ich auch. Es mag zwar unhöflich sein, aber immer noch besser als sich zu blamieren
Ich habe eigentlich eine schöne Schrift (würde ich mal behaupten) Ich habe auch kein Problem damit wenn Leute z.B. in der Arbeit neben mir stehen während ich mir Notizen mache. Denn da kann ich selbst entscheiden ob ich gerade schreiben möchte oder warte bis die Person wieder weg ist. Beim Unterschreiben habe ich diese Wahl aber nunmal nicht.
Warum ich mich für eine Therapie noch nicht bereit fühle kann ich ehrlich gesagt nicht beantworten. Ich denke es liegt daran dass ich mich wegen meiner Ängste schäme. Wenn jemand an Höhenangst leidet oder Angst vor Spinnen hat dann ist das nahezu alltäglich. Jeder kann sich in die eine oder andere Situation hineinfühlen weil er sie selbst schon erlebt hat. Aber wie oft kommt es vor dass Jemand Angst hat eine Unterschrift abzugeben?
Vielleicht habe ich aber auch Bammel weil ich nicht genau weiß was in einer Therapie auf mich zukommen würde. Und es ist ja auch nicht mit ein paar Sitzungen abgetan. Ich denke so eine Therapie ist sehr zeitintensiv.

Echt, nicht essen, wenn andere essen, ist unhöflich? Das war mir bisher nicht bewusst. Oder meinst du, wenn man wo eingeladen ist und das angebotene Essen verweigert? Dann geb ich dir Recht. Aber in einem Lokal ist es egal, denke ich.
Keine Angst ist besser oder schlechter als die andere. Klar sind die verschiedenen Phobien unterschiedlich häufig, aber das heißt nicht, dass man sich für seltenere schämen muss.
Ja, bei einer Therapie weiß man vorher nie ganz genau, was einen erwartet und was da alles zum Vorschein kommt. Aber es lohnt sich wirklich. Ich habe ja auch eine Sozialphobie (neben anderen Problemen) und sie ist, finde ich, schon besser geworden. Dabei bin ich erst seit Oktober bei meinem neuen Therapeuten. Er hat eine sehr direkte Art und durchschaut mich total, ich kann ihm nichts vormachen. Das war am Anfang manchmal unangenehm, aber jetzt schätze ich genau das an ihm. Trau dich doch einfach auch! Es passiert dir nichts - außer, dass sich so manches zum Besseren wendet.





Dr. Reinhard Pichler
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