Zitat von Schlaflose:Ich hatte noch nie das Bedürfnis, über meine ÄVPS zu sprechen. Ich war heilfroh, als ich diese Diagnose bekam und endlich wusste, was mit mir los ist und das es nicht meine Schuld ist, so zu sein wie ich bin. Ich fühle mich dadurch auch nicht beeinträchtigt. Wenn ich bestimmte Sachen nicht machen kann, dann ist es halt so.
Früher hätte ich auch nie geglaubt, dass ich mal das Bedürfnis entwickeln würde darüber mit andern Menschen sprechen zu wollen. Damals habe ich mich aber auch extrem für diese Probleme bzw. diese persönliche Schwäche geschämt. Vor einigen Jahren kam ich dann zur Einsicht, dass ich daran arbeiten möchte mich nicht mehr dafür zu schämen, und dies führte in Kombination mit der Erfahrung, dass ich in Wahrheit gerne mit anderen Menschen rede, eben dazu, dass ich gerne mal die Gelegenheit nutze, um mit anderen Menschen über diese Dinge zu sprechen.
Die Diagnose ÄvPS habe ich mit Absicht noch nicht sehr lange, aus Angst vor Diagnosen, aber auch weil ich lange Zeit große Angst vor dem Begriff Persönlichkeitsstörung hatte, da dies so stigmatisierend wirkte und irgendwie nach Geisteskrank klang. Inzwischen kann ich mit dem Begriff mehr anfangen, weil ich ihn besser verstehe. Für meine Therapie war es zudem wichtig es als ÄvPS anzunehmen, um besser die enorme Änderungsresistenz berücksichtigen zu können.
Die Schuld gebe ich mir schon lange nicht mehr dafür, dies liegt aber daran, dass ich inzwischen viel über soziale Ängste und ÄvPS gelernt habe und die Entstehungsgeschichte meiner ÄvPS aufgearbeitet habe. Außerdem habe ich mich viel mit dem Konzept Schuld beschäftigt, so das ich inzwischen keinen Sinn mehr darin sehe dies überhaupt noch zu verwenden.
Mein Leben wird von der ÄvPS bestimmt, so das sich nicht sagen könnte, dass ich davon nicht beeinträchtigt werden würde. Solche Dinge wie soziale Isolation, Armut durch EU-Rente usw. und das Vermeiden sehr vieler Situationen sind Teil meines Lebens, wobei meine Änderungsmotivation sehr gering ist, da ich daran gewöhnt bin und nicht darunter leide. Es gibt aber rationale Gründe, die dafür sprechen, dass ich langsam mal etwas daran ändern sollte. Mich interessiert es zudem, ob ich es schaffen werde diese ÄvPS wirklich zu überwinden? Was ich immer mehr für möglich halte.
Ich finde es zudem auch schade, dass ich so viele Dinge wegen der ÄvPS nicht tun kann oder einfach nicht mache. So habe ich früher gerne gezeichnet, was ich wegen der ständigen Vermeidung nicht mehr kann.
Vor einigen Jahren hatte ich mal eine Phase, wo ich aktiver war, und es fehlt mir einfach regelmäßig etwas mit anderen Menschen zu unternehmen. Immer nur alleine zu sein mag zwar für mich normal sein, so dass ich damit leben kann, aber es reduziert auch die sozialen Fähigkeiten, so dass der Kontakt mit anderen Menschen noch schwieriger erscheint. Momentan schaffe ich es nicht einmal ins Freibad zu gehen, was ich früher schon mal konnte. Ich weiß dabei noch nicht einmal wovor ich eigentlich genau Angst habe, trotzdem vermeide ich es und schiebe es vor mir her.
Auf der einen Seite ist es für mich okay, wen ich gewisse Sachen nicht machen kann, dies ist eben so. Und so eine ÄvPS kann auch wie ein vertrautes Nest sein, wo man alles kennt und nichts ändern möchte. Auf der anderen Seite ist es doch auch schade darum, dass man sich von so einer ÄvPS so das Leben beherrschen und einschränken lässt, schließlich sind es letztlich nur Ängste und Unsicherheiten im eigenen Kopf, und keine wirklich realen Gründe.