Zitat von GrüneBlume: ich bin ja der Meinung, dass gerade eine gesunde Selbstreflektion dazu führt in erster Linie seine eigenen Bedürfnisse und Willen zu sehen
Eine gesunde Selbstreflexion hat für mich damit zu tun, mein Handeln und meine Reaktionen zu verstehen. Wenn du das, was ich schreibe, als Meckern empfindest, scheine ich etwas anzurühren, was dich in irgendeiner Form triggert und dich zu reflexhafter Abwehr veranlasst.
Wenn ich solche Impulse verspüre - was durchaus immer wieder mal vorkommt - habe ich mir angewöhnt. mir anzuschauen, warum ich in diesem Moment so reagiere. Nur wenn ich erkennen kann, worin die Gründe für meine Abwehr liegen, kann ich auch gut mit mir umgehen.
Für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich ein Reiz-Reaktionsmuster bediene oder genau dieses unterbreche, indem ich mich bemühe rauszufinden, warum ich dem anderen gerade gerne ins Gesicht hüpfen würde. Nur dann bin ich nämlich wirklich bei mir und meinen Bedürfnissen.
Zitat von GrüneBlume: Wenn man mit sich selbst im Einklang ist und die Reaktionen des Umfeldes einen nicht tangieren.
Wenn das so ist, ist es gut. Wenn man sich aber so verhält, dass das Umfeld erst gar keine Chance kriegt, eine Reaktion auf das eigene Verhalten zu zeigen, die einem unangenehm werden könnte, ist man genau nicht mit sich im Einklang. Man passt sich nur quasi im Vorgriff vorsichtshalber den zu erwartenden Reaktionen an und versucht diese damit gar nicht erst entstehen zu lassen.
Persönlich gehe ich überangepassten höflichen Menschen meist aus dem Weg, weil ich es unglaublich anstrengend finde, dauernd raten zu müssen, wie deren wahre Befindlichkeit gerade ist.
Ein Beispiel: Es gibt ein Paar in unserem Bekanntenkreis, das gerne Zeit mit und bei uns verbringt und sich dabei bemüht, uns möglichst nicht zur Last zu fallen. Das bedeutet, dass sie niemals sagen, was sie möchten. Frage ich, ob sie beim Abendessen Lust auf Asiatisch oder Afrikanisch haben, kommt die Antwort Was ihr gerne möchtet. Wir sind da ganz anspruchslos. Mittlerweile weiß ich, dass beide afrikanische Küche nicht ausstehen können, was man dann an ihrem Essverhalten sieht, bei dem sie aber wiederum bemüht sind, sich das nicht anmerken zu lassen - vergebens natürlich.
Egal, um welche Entscheidung - und sei sie noch so simpel - man sie bittet: Sie treffen sie aus Rücksicht nicht.
Unterm Strich bedeutet diese angebliche Rücksichtnahme aber nur, dass sie fordern, dass ihr Umfeld errät, was sie möchten. Das führt dazu, dass wir Treffen stark reduziert haben, obwohl wir sie eigentlich gut leiden können. Natürlich habe ich das Thema auch schon angesprochen, aber dann kommt außer verständnis- und rücksichtsvollem Kopfnicken leider nicht viel.
Dass sie öfter nicht wirklich glücklich sind mit den Entscheidungen, die dann andere - in diesem Fall wir - treffen, ist die Folge aus diesem Verhalten und für beide Seiten unbefriedigend.
Bedürfnisse nicht nur zu haben, sondern sie auch adäquat äußern zu können, ist für eine normale soziale Kommunikation essenziell.