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Hallo,

ich wollte mich mal an Euch wenden, weil ich gerade überfordert bin was ich tun soll.

Ich bin 22 und habe eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung, die sich seit dem Kindesalter und verstärkt im Jugendalter entwickelt hat. Mittlerweile bin ich schon so weit, dass ich mir im Klaren darüber bin weshalb ich mich oft anders verhalte als andere oder bspw. das Zusammenkommen in Gruppen meide. Speziell in dem letzten halben Jahr habe ich für mich wirklich Forschritte gemacht, in dem ich mich Sachen getraut habe (z. B. Präsentationen oder viele Vorstellungsgespräche), die mich wirklich auf eine gewisse Weise gestärkt und in die richtige Richtung gebracht haben und ich das Gefühl habe mir eine gewisse Basis aufzubauen.
Jetzt ist es aber so, dass ich eine Zusage für ein duales Studium als Beamter in der Sozialverwaltung erhalten habe, bei der ich blockweise unter der Woche woanders wohne für ein paar Monate und danach ein paar Monate in der Praxisstelle bin.
Jetzt quäle ich mich aber schon seit einer Woche, weil ich nicht weiß wie ich mich entscheiden soll.
Meine Angst is es, dass ich mich damit überfordere und meine bisherigen Forschritte zunichte mache.
Und ich frage mich, ob ich nicht noch ein bisschen Zeit brauche, um dafür bereit zu sein, weil das Studium einen auch für später als Führungskraft qualifiziert bzw. vorsieht.
Andererseits sagt man ja auch so schön, dass man an seinen Herausforderungen wächst.
Meine andere Überlegung wäre erst noch zu reisen und bspw. ein Ehrenamt zu machen, um weitere positive Erfahrungen zu sammeln und meine Komfortzone zu verlassen, ohne das aber gleich so viel auf dem Spiel steht. Da hätte ich aber wiederum Angst, weil ich dann in einem Jahr mich erneut auf Jobsuche begeben müsste und das ja auch mit einer Unsicherheit verbunden ist überhaupt was zu finden.

Es tut mir leid, dass der Text so lange ist, aber kurzfassen war noch nie meins und ich wollte meine momentane Situation so verständlich wie möglich machen.

Ich hoffe und würde mich freuen, wenn einer von euch mir vielleicht dazu Erfahrungsberichte hat und mir in meiner Zwickmühle weiterhelfen kann.

25.05.2020 14:54 • 27.05.2020 x 1 #1


16 Antworten ↓


Zitat von Elisa123:
Und ich frage mich, ob ich nicht noch ein bisschen Zeit brauche, um dafür bereit zu sein, weil das Studium einen auch für später als Führungskraft qualifiziert bzw. vorsieht.


Das klingt so vernünftig. Unterm Strich ist es aber auch nur Meldeverhalten . Zeit brauchen tun Menschen, die Traumata zu verarbeiten haben. Und selbst diesen hilft das reine Vergehen von Zeit nicht weiter.

Hand auf's Herz: Wie groß wäre die Wahrscheinlichkeit, dass du - so du das Studium absagst - tatsächlich eine Reise machst oder dich einer anderen echten Herausforderung stellst?

Du bist in der Versuchung zu meiden, und dieser solltest du nicht erliegen. Schonräume schützen nur sehr begrenzt und haben ihren Preis. Ein Wildtier in einem Gehege mag überleben, weil ihm bestimmte Gefahren nicht drohen, überlebensfähig ist es dennoch nicht.

Eine hilfreichere Denkweise wäre, dich darauf zu besinnen, was du bereits geschafft hast und dich auf die nächste Challenge zu freuen. Es gibt nie Sicherheit im Leben. Du wirst alles erst dann wissen, wenn du es tust.

Keiner verlangt von dir, morgen als Führungskraft zu agieren. Dazu ist nach dem Studium noch lange Zeit . Studieren ist klasse! Es erweitert deinen Horizont und bringt dich mit Menschen zusammen, die das gleiche tun, wie du.

Freu dich drauf!

A


Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung

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Vielen Dank für deine Antwort!
Die Reise würde ich wirklich machen, weil es sogar etwas wäre worauf ich mich freuen würde, weil ich mich dann selber noch besser kennenlernen würde bzw. Zeit hätte zu lernen mich selbst zu akzeptieren wie ich bin und ich es liebe zu reisen und den Herausforderungen würde ich sogar positiv gegenüberstellen und es wirklich als Challenge betrachten, bei der ich nichts verlieren kann.

Und ich geb dir schon recht, aber ich hab ehrlich gesagt Angst, dass ich alles nur schlimmer mach, wenn ich das Studium beginne. Ich habe nämlich schon einen Studienabschluss und in meinem Praxissemester musste ich leider echt schlechte Erfahrungen machen, die mich eigentlich nur noch weiter runtergezogen haben. Genauso war es letztes Jahr, als ich mit einer Gruppe auf ein Festival mitgefahren bin, da habe ich danach erstmal eine Zeit gebraucht, um mich wieder aufzubauen. Und genau das möchte ich eben eigentlich nicht, dass ich nochmal so eine Erfahrung machen muss, die mich wieder komplett runterzieht, nachdem ich eigentlich endlich einen Punkt erreicht habe wo ich mich wohl in meiner Haut fühle. Noch dazu hatte ich daraus resultierend teilweise mit Tendenzen zu einer Essstörung zu kämpfen.

Und dann hab ich noch zusätzlich Angst, weil ich mir dann denke, dass ich mit 25 mein Leben lang im Berufsleben feststecke und mich dann frage, ob das jetzt alles war... (Ich verpflichte mich mindestens für 8 Jahre, sonst muss ich das Geld zurückzahlen.)

Aber andererseits weiß ich, dass ein Job beim Staat eigentlich wie für mich zugeschnitten ist, weil ich von meinem Wesen wahrscheinlich eh nicht für die freie Wirtschaft gemacht bin. Deswegen mach ich mir auch so viele Gedanken, weil ich die Chance eben nur 1x bekomm, weil wenn raus dann raus als Beamter und es mir für die Zukunft schon vorstellen könnte, aber jetzt sträubt sich in mir eigentlich alles vehement, weil ich jetzt erstmal noch meine Freiheit leben möchte bevor ich mich ins Berufsleben begebe.

Sorry hört sich wohl echt alles bisschen wirr an, aber das sind die Gedanken, die mich seit Tagen ungelogen Tag und Nacht beschäftigen.

Und nachdem das letzte halbe Jahr für mich aber auch echt anstrengend war mit Bachelorarbeit, Vorstellungsgespräche Nebenjob usw. fehlt mir eigentlich grad jegliche Kraft mich was Neuem zu stellen. Und dann denk ich mir, dass es mit den Startbedingungen eh nix werden kann, weil sich in mir drin eigentlich alles vehement dagegen sträubt. Noch dazu, weil ich mir unsicher bin, weil ich eigentlich gerne beruflich etwas Gutes tun möchte und bei der Stelle bist du halt doch der, der nur im Sinne des Gesetzes handeln darf und da dann auch oft Härtefälle dabei sind. Das wär das nächste wo ich mir unsicher bin, weil Recht eigentlich bisher nie meins war und das Studium ein reines Rechtsstudium wäre...
Ach man, ich bin grad echt überfordert, weil ich eigentlich unbedingt absagen möchte, aber mir dann doch denk, dass es von allen um mich ein verlangt wird da zuzusagen bei einer Chance, die sich wohl so schnell wieder ergibt.

Das Reisen war was was ich eigentlich schon immer machen wollte, aber mich nie dazu bereit gefühlt habe und erst nach den positiven Erfahrungen im letzten halben Jahr hätte ich jetzt sogar wirklich Lust drauf.

Zitat von Elisa123:
Und dann denk ich mir, dass es mit den Startbedingungen eh nix werden kann, weil sich in mir drin eigentlich alles vehement dagegen sträubt.


Das ist die Angst, die spricht. Und die wird sich wieder und wieder und wieder melden und dir suggerieren, dass du dafür nicht bereit bist. Was hast du zu verlieren? Im blödesten Fall beendest du das Ganze und suchst dir was Neues. Das hat zudem den Vorteil, dass du rausfinden kannst, ob dir das Gebiet überhaupt liegt.

Dann bleibt aber immer noch die Sache mit dem Reisen, die ich eigentlich echt super gern machen würde und wo ich Angst habe die Chance nicht genutzt zu haben, weil jetzt könnte ich mir halt sowas noch super leisten ohne Verantwortung, Freund, Fixkosten usw. und könnte wirklich mal nochmal richtig frei sein bevors mit dem Berufsleben losgeht, dass einen ja ein Leben lang nicht mehr loslässt, weil man irgendwann ja auf das Geld angewiesen ist.

Und wenn ich es beende müsste ich anteilig das Geld für das Studium zurückzahlen und bin im schlimmsten Fall komplett am Boden zerstört und zieh noch Depressionen oder irgendwas an Land, sorry mal blöd gesagt...

Zitat von Elisa123:
Dann bleibt aber immer noch die Sache mit dem Reisen,


Aktuell kannst du Reisen doch ohnehin vergessen. Und bevor die Welt wieder RICHTG bereisbar ist, wird wohl einiges an Zeit vergehen. Die Zeit kannst du nutzen, um dein Studium zu beginnen. Dein Fortschritt bleibt nicht, wenn du jetzt wieder den Rückwärtsgang einlegst.

Du suchst dringend Bestätigung dafür, das Studium nicht antreten zu müssen. Niemand zwingt dich dazu, es zu tun .

Aber wenn ich jetzt halt vom 2. in den 5. Gang schalte könnts mich schon dezent überfordern...
Und ich weiß, dessen bin ich mir auch bewusst, aber ich weiß grad selber nicht was für mich richtig ist und irgendwo fühl ich mich doch gezwungen, weil ich halt in einer sehr traditionellen Familie aufgewachsen bin und ohne festen Plan B in einem Jahr ist es halt auch nicht einfach... Und nach dem Studium ist halt mit groß Reisen, abgesehen vom Jahresurlaub, nix mehr, weil ich mich ja für die 5 Jahre danach verpflichte...

Und eigentlich will ich ja nur glücklich sein und die ganzen Herausforderungen kosten aber eigentlich nur immens viel Kraft und nehmen mir viel Glück, wie zum Beispiel bei dem Festival wo ich ordentlich auf die Schnauze gefallen bin.
Ich frag mich dann halt immer, ob ich ein Mensch bin, der nicht für sowas gemacht ist, also meine Persönlichkeit und es sich leichter leben lässt das zu akzeptieren und sich dann halt darauf konzentriert lieber mit Einzelerpersonen was zu machen, was mir wirklich viel Spaß macht oder ob das die Störung ist und ich mich dem immer wieder stellen muss und es irgendwann besser wird... Verstehst du was ich mein?

Und dann frag ich mich auch ob ein rein sozialer Beruf für mich doch besser wär, weil ich bei meinem Nebenjob als Betreuungskraft grad älteren Menschen helfe und das mich eigentlich echt glücklich macht, aber da weiß ich auch wieder nicht, ob's nur die Störung ist, weil ich da halt viel Zuspruch erfahre und keiner Negativität ausgesetzt bin (z. B. Kritik).

Zitat von Elisa123:
Ich frag mich dann halt immer, ob ich ein Mensch bin, der nicht für sowas gemacht ist, also meine Persönlichkeit und es sich leichter leben lässt das zu akzeptieren und sich dann halt darauf konzentriert lieber mit Einzelerpersonen was zu machen, was mir wirklich viel Spaß macht oder ob das die Störung ist und ich mich dem immer wieder stellen muss und es irgendwann besser wird... Verstehst du was ich mein?


Diese Frage ist schwer zu beantworten, WEIL man es halt immer erst hinterher weiß. Ich bin von dieser Problematik nicht betroffen, hätte aber die Sorge, dass es schwer ist, einen Mittelweg zu finden.

Es wäre wohl kein Problem, im Freizeitbereich dein Leben so zu gestalten, wie es dir am angenehmsten ist und da z.B. nur mit Einzelnen unterwegs zu sein. Ich würde aber befürchten, dass das Ausweichen in diesem Bereich zur Folge haben könnte, dass du mangels Training auch immer weniger in der Lage wärst, einen Beruf ausüben und somit deine Unabhängigkeit zu sichern.

Was die Kritik betrifft: Es gibt keinen Beruf, in dem man nicht kritisiert wird. Egal, wo man arbeitet: Man begeht Fehler, und es gibt überall Menschen, die einem diese vorwerfen - zurecht oder zu unrecht. Der soziale Bereich ist extrem abhängig von Kommunikation. Wer nicht gerne redet und Probleme hat, sich immer wieder hinterfragen zu lassen, wird es dort schwer haben. Ich arbeite an einer Schule, die Erzieherinnen ausbildet. Ohne ausgeprägte Sozialkompetenz, ohne Lust auf den Kontakt mit Menschen und ohne Kritik- und Konfliktfähigkeit fähigkeit schafft zumindest bei uns niemand überhaupt die Ausbildung.

Was ich von Ängsten weiß ist, dass sie sich immer mehr und mehr Raum nehmen, wenn man nicht ständig dagegen hält und sich diesen zurückerobert. Und ja: Das IST sehr anstrengend. Die Frage, die bleibt ist, ob die Alternative dazu auf Dauer tatsächlich glücklicher macht.

Ich bin eigentlich absolut kritikfähig und kommunikationsfähig. Das Problem ist nur, dass ich wahrscheinlich zu kritikfähig bin und Aussagen von anderen quasi immer als Gesetz betrachte und es nicht schaffe auch mal für meine Meinung einzustehen. Und was die Kommunikation betrifft, gerade das macht mir eigentlich Spaß an meinem Nebenjob, dass ich mit vielen verschiedenen Menschen direkt zu tun habe und ihnen helfen kann.

Und stimmt da hast du schon Recht und der Meinung bin ich eigentlich auch, dass ich mein Leben nicht davon bestimmen lassen möchte, aber trotzdem ist es einfach wahnsinnig schwer, vor allem wenn man sich den einfacheren Weg vor Augen führt.

Aber vielen Dank für deine Zeit! Es ist halt doch gut wenn man Input von außen bekommt, der einem neue Blickwinkel gibt, nachdem ich doch komplett in meiner Gedankenwelt gefangen bin und selber nicht mehr weiß was ich eigentlich glauben soll.

Zitat von Elisa123:
Ich bin eigentlich absolut kritikfähig und kommunikationsfähig. Das Problem ist nur, dass ich wahrscheinlich zu kritikfähig bin und Aussagen von anderen quasi immer als Gesetz betrachte und es nicht schaffe auch mal für meine Meinung einzustehen. Und was die Kommunikation betrifft, gerade das macht mir eigentlich Spaß an meinem Nebenjob, dass ich mit vielen verschiedenen Menschen direkt zu tun habe und ihnen helfen kann.


Das wäre aber genau untypisch für deine Persönlichkeitsstörung. Wer hat die Diagnose gestellt? Ich habe diese Störung auch und kann überhaupt nicht mit Kritik umgehen, und mit Menschen zu tun zu haben und zu kommunizieren ist für mich ein Horror. Ich musste meinen Beruf als Lehrerin nach 20 Jahren Höllenqualen aufgeben. Im Ministerium, wo ich seit 9 Jahren arbeite, allein im stillen Kämmerlein sitze und hauptsächlich nur mit den paar Leuten in meinem Referat zu tun habe, geht es mir gut.

Guten Morgen ich geb Calima recht aber da Du so viele Gegenargumente hast hast Du Dir Doch die Antwort schon gegeben. Wer soviel Abers hat der möchte das Studium nicht machen also quäle dich nicht weiter und lass es. Du sagst soviel was dagegen spricht leider aber das ist okay vielleicht brauchst Du Zeit noch viel Erfolg

Finde heraus, was du wirklich willst. Schreibe vielleicht Pro und Kontra auf zwei Zettel und entscheide nicht sofort, aber bald, um den quälenden Zustand zu beenden.
Beide Wege haben Vor- und Nachteile. Es gibt keinen Weg, der nur Vorteile hat.

A


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Dr. Reinhard Pichler
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