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Hallo, ich bin suny und neu hier. Erstmal: Danke, danke, danke, ich bin nicht allein!! Und ich habe ernsthaft gedacht, ich bin die einzige auf der ganzen Welt mit diesem - nüchtern betrachtet - doch eigentlich lächerlichen Problem!

Erstmal zu mir: Ich bin weiblich, Mitte 30, verheiratat, habe Kinder und bin (jetzt kommt der Lacher der Nation) Lehrerin. Ich habe meine Ausbildung irgendwie überstanden und mich durch Lügengeschichten immer wieder vor Redesituationen (es geht ausschließlich nur um Erwachsene, mit Kindern kann ich sehr gut!) gedrückt. Vor 10 Jahren habe ich eine Familie gegründet, und seitdem wird die Redeangst und die Angst vor dem Tag, an dem ich wieder arbeiten muss, immer schlimmer. Ich kann noch nicht einmal meinen Kindern ein Buch vorlesen, wenn eine andere Mutter mit im Raum ist! Ist das nicht völlig lächerlich? Ich bekomme dann keine Luft mehr und mir wird schwindelig!

Eigentlich bin ich ein fröhlicher Mensch mit vielen sozialen (eher oberflächlichen) Kontakten, aber ich merke, dass ich mich zunehmend sozial isoliere (was größtenteils daran liegt, dass ich vor Redesituationen fliehe (sei es in Kirche, Schulelternschaft oder anderen Gruppen, in denen ich mich eigentlich sehr gerne engagiere)). Das Flüchten und vermeiden von Redesituationen wird sicherlich als Desinteresse und mangelnde Bereitschaft aufgefasst.
Ich habe große Zukunftsängste und schlafe seit einiger Zeit so gut wie keine Nacht mehr durch. Ich bin Meister im Verdrängen, und rede mir immer wieder ein, dass schon alles gut wird. Langsam wird mir immer bewusster, dass ich schon lange Hilfe brauche!

Habt ihr Tipps für mich? Wenn ich es mir so recht überlege, bin ich schon relativ verzweifelt!


Liebe Grüße,
suny

03.08.2010 15:40 • 07.08.2010 #1


2 Antworten ↓


Hey suny,

neulich erzählte mir eine der beiden Lehrerinnen von meiner Tochter (Grundschule), dass sie ganz schön Angst hätte vor ihrem ersten Elternabend (sie übernimmt zum ersten Mal eine eigene Klasse). Das gleiche Phänomen wie bei Dir: vor Kindern sprechen kein Problem, vor Erwachsenen dagegen sehr!

Extreme Redeangst habe ich auch. Es ging mir auch ein Leben lang so, dass ich Reden vor Leuten vermieden habe. Wenn es denn nicht anders ging, litt ich furchtbar dabei - Stress pur!

In der Tat bremst einen dies enorm aus! Das muss ich leider für mich heute auch feststellen. Beruflich bin dadurch überhaupt nicht voran gekommen, beispielsweise. Und dass ich alleinerziehend bin, hat damit vielleicht auch zu tun?

Viele schreiben hier, dass Phobien nur therapeutisch zu lösen sind. Das wird stimmen. Und so denke ich zum Beispiel über eine systemische Aufstellung nach, um heraus zu finden, warum ich diese Phobie entwickelt habe - was steckt genau dahinter?? Das interessiert mich inzwischen brennend ... nix Verdrängung mehr!

P.S. Das Problem ist überhaupt nicht lächerlich - ich find's ziemlich krass und ernsthaft. Es fällt schwer, es als solches zu sehen und anzunehmen. Aber mir hat es schon enorm geholfen, mich hier öffentlich dazu zu bekennen, und auch behutsam im Familien- und Freundeskreis. Willkommen im Club - Du bist nicht allein!

Hallo Genova!

Vielen Dank für deine Antwort, es ist schön, mit jemandem sich zu verständigen, der das gleiche Problem hat. Du hast geschrieben, dass du dein Problem nun nicht mehr verdrängst, und dass es dir dadurch jetzt besser geht. Das finde ich sehr bewundernswert und mutig. Ich glaube, das wird mir sehr sehr schwer fallen.
Ich weiß nicht, ob es aus meinem ersten Bericht klar hervorging, aber ich habe seit dem Referendariat vor fast 10 Jahren die Schule als Lehrerin nicht mehr betreten. Seit ich mein erstes Kind bekommen habe, bin ich sehr sehr glücklich zu Hause geblieben. Dadurch hatte ich so gut wie keine Redesituationen, und wenn mal was war, bin ich geflohen (z.B. Taufe meiner Nichte - ich sollte eine! kurze Fürbitte vorlesen und bin einfach kurz vorher krank geworden).
Dadurch, dass ich ein recht positiver, fröhlicher Mensch mit vielen Bekannten bin und auch angeblich selbstbewusst wirke, ahnt niemend von meinem Problem. Jetzt sind meine Kinder inzwischen so weit, dass ich eigentlich wieder arbeiten könnte. Ständig werde ich gefragt, wann ich denn loslege, und ich weiß gar nicht, wie ich das machen soll, weil ich einfach alle Redesituationen seit dem Referendariat gemieden habe. Jetzt bin ich auch noch in der Klasse eines meiner Kinder als 2. Elternvertreterin gewählt worden (ich kann auch schlecht nein sagen!), so nach dem Motto: Du bist doch Lehrerin und hast Zeit, du bist doch so diplomatisch, mit dir kann man so gut reden... Den letzten Elternabend habe ich schon geschwänzt, nur aus Angst, dass ich vielleicht irgendwas sagen muss (obwohl überhaupt nichts Besonderes anlag!).
Du hast etwas von einer Aufstellung erwähnt. Was ist das und hast du das schon gemacht?

Liebe Grüße,

Suny





Dr. Reinhard Pichler
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