Ich, w, 43, hatte eine ausgesprochen lieblose Kindheit, Prügel, Beschimpfungen, Vernachlässigung, Desinteresse, Alk..
Im Kindergarten fing es mit Mobbing an, in der Schule ging es weiter bis in die letzte Klasse hinein. Und nee, das waren keine harmlosen Späße. Ich wurde im Winter in Pfützen geworfen und musste den restlichen Tag in nassen Klamotten durchstehen. Ich wurde fast vor einen Lkw gejagt und aus dem Bus geschubst. Unzählige Spitznamen begleiteten mich. Ich war immer alleine und fühlte mich abgrundtief hässlich.
Erst, als ich meine Berufsausbildung angefangen habe, konnte ich irgendwie anfangen zu leben. Ich hatte eine Sozialphobie, wie sie im Buche stand.
Schweißausbrüche, Atemnot, konnte in der Öffentlichkeit nichts essen und trinken (bei Dates echt hinderlich) und zitterte oft bei Aufregung. Ich konnte mit niemandem reden, nur zwei oder drei Worte. Ja, Nein, vielleicht. Mehr kam da nicht, ging auch nicht. Ich war total blockiert. Aber ich bekam das in den Griff. Durch kontinuierliches Üben und niemals aufgeben. Zu Männern fällt mir der Kontakt immer leichter, da ich überwiegend von Frauen misshandelt und gequält wurde. Aber da muss man als Frau halt aufpassen, dass das nicht missverstanden wird.
Ich arbeite sogar im Verkauf/ Kundenbetreuung, Planung einer eher männlichen Branche . Das geht alles.
Soziale Phobie habe ich so gut wie hinter mir, allerdings fällt es mir unheimlich schwer, auf größeren Veranstaltungen, die eben dafür gedacht sind, dass die Leute sich kennenlernen, Gespräche zu führen oder überhaupt mit irgendwem in Kontakt zu kommen, wenn ich dort niemanden kenne.
Ich war eingeladen. Hatte keine Lust, sagte aber zu und fühlte mich dort total unwohl. Es war laut, es war voll. Die Leute dort sehe ich oft, wir tolerieren uns aber so richtig dicke war ich da mit keinem. Ich habe hier und da ein bisschen geredet, war aber auch froh, wenn man mal wieder Ruhe war.
Volle Konzertsäle sind dagegen kein Problem für mich. Da könnte ich die ganze Nacht verbringen.
Als ich heute Mittag eine von meinen Gesprächspartnerinnen traf, sagte sie, was für ein tolles Gespräch wir geführt hätten.
Und im selben Atemzug knallte sie mir vor den Kopf, dass ich unbedingt offener werden müsste. Ich empfand das jetzt nicht als hilfreich und würde selber niemals sowas zu jemandem sagen, weil ich weiß, dass jedes Verhalten seinen Grund hat. Ihr Verhalten ja sicherlich auch.
Wenn ich daran denke, dass ich nochmal mit ihr reden muss, verspüre ich nicht die geringste Lust dazu. Wenn sie eh denkt, ich sei nicht offen genug? Ihre Aussage hat mir echt wehgetan. Leider war ich zu überfahren, um darauf vernünftig zu antworten.
Das war jetzt richtig viel Text, ich bin richtig genervt von mir selber.
LG Highflyer
Gestern 15:45 • • 12.12.2024 x 1 #1