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Hi,

Noch vor gut 2 Jahren ging ich erfolgreich aus der Psycho-Therapie wegen meiner Angst-Störungen, zu denen auch soziale Ängste gehören.
Ich hatte viel durch die Therapie gelernt und entwickelte ein ganzen Repertoir an Strategien, um mit meinen Problemen besser klar kommen zu können.

Ich war also nun mutig genug, meine Selbstständigkeit im Bereich Software-Entwicklung aufzugeben und fest in einer Firma anzufangen.
Das war bis dato für mich jahrelang nicht möglich. Denn direkte Arbeit im Team passte nicht mit meinem Krankheitsbild zusammen.
Ich war nun 2 Jahre lang glücklich und relativ sorgenfrei. Meine Ängste gehorchten mir und im Büro lief alles wunderbar.

Doch bald bemerkte ich, dass ich immer mehr arbeite. Mein Chef betont gerne, wie gerne es gesehen wird unbezahlte Überstunden zu machen und wie sehr jeder für seine Aufgaben die Verantwortung trägt, was fast durchgehend längeres Arbeiten und Arbeiten am Wochenende bedeutet.
Viele zusätzliche Aufgaben-Bereiche die mir anvertraut wurden, konnte ich irgendwann nur noch von zu Hause aus erledigen.
Ebenso findet es mein Chef selbstverständlich unsere Wochenenden mit Seminaren und Konferenzen zu verplanen.

Mein Stress-Level stieg natürlich an, aber damit kamen auch wieder Ängste auf.
Denn ich hatte die letzten 2 Jahre nicht all zu viele Gelegenheiten mal richtig runter zu kommen.
So schwand langsam meine Energie immer mehr. Ich bekam darauf hin Angst, meine Aufgaben nicht gut oder nicht zeitgerecht fertigstellen zu können. Fühlte mich mehr und mehr als ein leistungsunfähiger Versager.
Nachdem ich dann noch bemerkte, dass mir ein einziges freies Wochenende noch nicht mal mehr ausreicht um wieder Kraft zu schöpfen und auch 10 Stunden Schlaf dazu nicht ausreichen wollte, versuchte ich zunächst nach Feierabend nicht mehr zu arbeiten. Auch viele Wochenend-Termine sagte ich ab.
Das hatte dann wirklich zur Folge, dass ich viele meiner Aufgaben in viel kürzerer Zeit erledigen musste. Nicht fehlerfrei natürlich. Andere Aufgaben wurden nicht fertig, weil mir einfach die Zeit fehlte.
Blöderweise, kamen zwischendurch sogar noch weitere Aufgaben auf mich zu mit denen man mit dauerhaft betraute.

Vor 3 Wochen war ich dann völlig am Ende.
Ich fühlte mich leer, ungut, ausgebrannt, einfach schei..

Also ging ich zu meiner Ärztin, worauf hin diese mich sofort eine Woche lang krank schrieb, zum Fit werden.
In der Zwischenzeit wucherten Gedanken in meinem Kopf, die mir glaubhaft machen wollten, ich sei ein Weichei, ein Simulant und wie man sich nur so anstellen könnte.
Das passt eigentlich gar nicht in meine selbstliebende Grundeinstellung. Aber gegen diese Einsprüche meiner Psyche kam ich in diesen Momenten kaum an.
Auch hatte ich ständig Bilder von meinem Schreibtisch im Kopf, auf dem sich jeden Tag seit meiner Krankschreibung die Arbeiten stapeln. Bei uns im Büro macht keiner was für dich wenn du krank oder im Urlaub bist. Dazu hängen die Aufgaben zu stark an Personen.

Es wurde während der Krank-Woche einfach nicht besser. Also ging ich erneut zur Ärztin. Ich wollte unbedingt ein paar coole Medikamente haben um wieder leistungsfähig zu werden.

Jedoch hatten mein Introjekte ganz andere Pläne mit mir.
Und so brach ich mitten im überfüllten Wartezimmer nach einer Panik-Attacke, die schon beim Betreten der Praxis begann, zusammen.
Ich schwitzte wie aus Eimern, bekam willkürliche Zuckungen, meine Hände zitterten, mein Gesicht fühlte sich wie abgestorben oder Fremd an und ich bekam fast keine Luft.
Ich konnte nur noch um Hilfe bitten, als zufällig meine Ärztin über den Flur lief.
Darauf hin wurde ich direkt in einen leeren Raum gebracht und ein Fenster wurde geöffnet.
Minutenlang war ich wie gelähmt und kam nicht mehr aus diesem Raum, bis ich mich wieder etwas beruhigen konnte.

Seit diesem Erlebnis bin ich total angeschlagen. Ich habe tierisch Angst, dass sich alles wiederholt und ich dadurch alles verliere was ich mir in der Zwischenzeit aufgebaut habe.


Wie geht ihr mit solchen Rückschlägen um?
Wissen euere Arbeitgeber von eueren Problemen?
Weiß jemand ob ich von meiner Ärztin auch vorläufig ein zeitlich begrenztes Attest über eingeschränkte Leistungsfähigkeit bekommen kann. (Keine Überstunden, keine Wochenend-Arbeit, keine Feierabend-Arbeit).

Liebe Grüße
Wulf

14.02.2013 18:12 • 16.02.2013 #1


8 Antworten ↓


Hallo Wulf,laß Dich von Deiner Ärztin erstmal ne Zeit krank schreiben,danach kannst Du eine Wiedereingliederung machen in der DU bestimmst wieviele Std du tägl schaffen kannst und über wieviele Wochen das dauern soll.Allerdings solltest Du Dir klar sein das der Stress in der Arbeit danach nicht weniger wird und ggf überlegen ob Du evtl den Job wechselst falls Dein jetziger Arbeitgeber nicht zustimmt das Du weniger arbeitest.Vielleicht wäre auch eine erneute Therapie sinnvoll?

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Mit dem Zusammenbruch im Wartezimmer fing wieder alles an

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Hallo Wulf,

Was soll ich sagen. Klingt nach nem klassischen Burn-Out.
Mich hat es letzen November erwischt und ich bin noch immer krank geschrieben.
Du hast, und ich glaube das ist die auch klar, saemtliche Fehler gemacht die man machen kann. War bei mir nicht anders immer mehr arbeiten, immer mehr Aufgaben, keine Regenerationsphasen ( Urlaub oder Wochenenden ) und die Warnsignale alle ignoriert. Ich hatte im November den völligen Zusammenbruch meine Ärztin hat mich vor die Wahl gestellt lange krank schreiben plus Therapie plus Medikamente ( in der Anfangszeit ) oder Klinik. Da ich aber nebenbei auch noch 2 Kinder und nen Mann zu Hause habe war die Klinik keine Option.

Ein Burn-Out dauert lange bis du wieder voll leistungsfähig bist. Es hat Monate gedauert bis du ganz unten angekommen warst da kannst du nicht erwarten dass du nach einer Woche wieder Top Leistungen bringen kannst.

Bei mir weiß mein Arbeitgeber weswegen ich krank geschrieben bin allerdings auch weil ich wenn ich wieder für bin eben nicht mehr so viel arbeiten moechte. Daher muss ich Unternehmensintern anders eingesetzt werden denn meinen bisherigen Job kann ich in Teilzeit nicht machen.

Gruesse
Nico

Hi,

Und vielen Dank für die bisherigen Antworten.

@Maggie46
Ich bin gerade auf der Suche nach freien Therapie-Terminen. Schaut wie immer sehr schlecht aus.
Aber als ich heute morgen unterweg war, rief mich meine alte Therapeutin zwecks Terminabsprache auf den AB an.
Du glaubst ja nicht, wie ich vor Freude gegrinst hatte, als ich den AB später abhörte.

@Nico_73
Um beim Arbeitgeber wieder eingegliedert zu werden, hast du dafür ein Attest benötigt welches dir die eingeschränkte Leistungsfähigkeit ausweist?
Wie reagierte dein Arbeitgeber auf dein Geständnis?

Liebe Grüße
Wulf

Hallo Wulf,

In der Wiedereingliederungsphase befinde ich mich noch nicht. Wenn es so weit ist wird meine Ärztin einen Wiedereingliederungsplan mit mir gemeinsam erstellen.
Ganz ehrlich mittlerweile ist es mir echt egal was mein AG darüber denkt. Anfangs habe ich mir auch ein schlechtes Gewissen gemacht von wegen ich sei halt nicht belastbar genug, nicht leistungsfähig genug usw. das volle Programm. Aber ganz ehrlich, ich habe um Hilfe geschrien in der Firma, mein Arbeitgeber ist verantwortlich dafür Sorge zu tragen, dass ich nicht verbrannt werde. Kann oder will er nicht die Verantwortung für seine Mitarbeiter übernehmen, dann ist er ein schlechter Arbeitgeber.
Ich weiß noch nicht ob ich nochmal in meine Firma zurück gehe, eigentlich habe ich keine Lust dazu, denn ich bin nicht die einzige die Verbrannt wurde. Von daher schließe ich für mich eine Rückkehr fast aus. Denn leider kenne ich mich auch ziemlich gut und weiß genau, dass ich die selben Fehler wieder machen würde.

We mein Arbeitgeber reagiert hat ? Betroffen und mit schlechtem Gewissen ...aber ganz ehrlich dafür kann ich mir nichts kaufen und sie hätten es verhindern können. Die Burn-Out Fälle bei und häufen sich aber letztendlich ändert sich nichts an den Arbeitsumständen.

Gruß
Nico

Hallo,
so eine Eingliederung bekommt man nicht nach einer Woche Krankschreibung oder einem Attest, dass man nur noch eingeschränkt eingesetzt werden kann.
Wie schon hier erwähnt, ein Burnout zu therapieren dauert Monate oder sogar Jahre.

Bei mir kam der totale Zusammenbruch nach dauernder Angstkonfrontation (ist nicht immer der beste Weg) mit andauernder Überarbeitung. Ich war 9 Monate krank geschrieben und bin noch heute in Therapie.

Nach eben diesen 9 Monaten erstellte meine Ärztin mit mir gemeinsam einen Wiedereingliederungsplan ( Hamburger Modell), der dem Arbeitgeber vorgelegt wurde, wonach ich die ersten Monate maximal täglich 3 Stunden arbeitete. Das war großartig, nur langsam steigerte sich die Stundenzahl. Nach einem halben Jahr arbeitete ich wieder voll. Man hat eben nur eine begrenzte Zeit, um wieder ins Arbeitsleben zurückzufinden und es ist mir unglaublich schwer gefallen, alte Fehler nicht wieder zu machen. Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit und es ging auch tatsächlich alles seinen Gang ohne mich

Sei vorsichtig, so ein richtiger Burnout ist für einen Angstpatienten das Letzte was er braucht.

Mir hat meine Krankenkasse von sich aus eine Wiedereingliederung vorgeschlagen, nachdem ich fast ein Jahr krank geschrieben war. Während der Wiedereingliederungszeit ist man weiterhin krank geschrieben, arbeitet aber im Rahmen des gewählten Zeitplans und erhält Krankengeld. Ich habe es dann aber nicht in Anspruch genommen, weil ich gerade zur gleichen Zeit einen neuen Job bekommen habe, wo das nicht mehr notwendig war.

Die Sache mit der Eingliederung ist sehr interessant. Ich kann mir das gut bei mir vorstellen. Denn derweil sehe ich mich nach einigen Wochen Krank geschrieben sein, noch absolut nicht wieder fit zum Arbeiten.
Außerdem liegt es nahe, dass ich ohne Eingliederung gleich wieder auf dem Zahnfleisch laufe.

Zitat:
Bei mir kam der totale Zusammenbruch nach dauernder Angstkonfrontation (ist nicht immer der beste Weg) mit andauernder Überarbeitung. Ich war 9 Monate krank geschrieben und bin noch heute in Therapie.


Klingt wie bei mir.
Denn neben der vielen Arbeit hat mich ja auch noch mein natürlicher Angst-Patienten Hirnbrand gestresst.

Aber 9 Monate... Das macht mir schon etwas Angst.

Vielen Dank für eure Antworten und die interessanten Informationen.

Liebe Grüße und gute Nacht
Wulf

Hallo Wulf,
vor einer längeren Krankschreibung brauchst du keine Angst haben. In den ersten Wochen habe ich echt gelitten und mit letzten Kräften mir versucht vorzumachen, dass es nach 2-3 Wochen wieder geht... alles Quatsch, der Körper holt sich was er braucht und wenn körperliche Symptome nicht reichen, kommt der Kopf eben ganz verstärkt dazu und das Chaos nimmt seinen Weg. Nimm die Auszeit. Und danach gibt es diese gute Möglichkeit langsam - und hoffentlich schlauer- mit der Arbeit wieder zu beginnen. Das klappt wirklich. Die Therapie jetzt ist auch nur noch unterstützend, um sozusagen ein professionelles Feedback zu haben.
Mein Arbeitgeber und auch Kollegen wissen übrigens nichts über meine gesamte Symptomatik, sondern lediglich die Diagnose Burnout. Das war mir wichtig.

LG





Dr. Reinhard Pichler
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