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Romeo
Hallo,
ich bin 31, leide an sozialer Phobie und hatte noch nie eine Beziehung. Dass ich Soziophobiker bin, ist mir aber erst in den letzten Tagen klar geworden, nachdem ich mich mit dieser Krankheit intensiv beschäftigt habe. Dazu kommt noch eine andere kleinere psychische Erkrankung, die fällt aber nicht ins Gewicht. Ich habe mich die letzten 10 Jahre selbst belogen und betrogen. Niemals gestand ich mir ein, dass ich anders wäre, als andere Menschen. Seit meiner Kindheit zog ich es immer vor, alleine zu sein. Der Umgang mit anderen Menschen war mir unangenehm. Heute gehe ich durchs Leben, als wäre ich auf einer Theaterbühne, wo mich Millionen Menschen anstarren und bei jedem kleinsten Fehler beginnen, vor lauter Lachen zu brüllen. Niemand merkt mir das an. Ich wurde mit der Zeit perfekt. Ein perfekter Schauspieler und ein perfekter Lügner. Erst zu Hause in meiner Wohnung, wo ich allein lebe, kann ich endlich meinen Puls von 100 auf 70 senken. Mein Puls schießt schon in die Höhe, wenn ich im Treppenhaus jemandem begegnen muss.
Ich war schon immer ein Einzelgänger. Ich hatte zwar in meiner Kindheit und Jugend einige wenige Freunde, die mich immer überall mitschleppten, aber nachdem ich in eine andere Stadt zog, schliefen diese Freundschaften ein. Ich war darüber nicht unglücklich – im Gegenteil. Ich konnte nun endlich ganz allein sein und in meinen eigenen vier Wänden tun und lassen, was ich wollte. Und wenn ich möchte (so dachte ich, ich Narr) suche ich mir eben eine Freundin. Aber später. Immer immer später. Es hatte ja alles so viel Zeit. Was für ein fataler Irrtum. Nach diesen vielen Jahren der Einsamkeit wurde aus mir ein sozialer Analphabet, der nicht mehr fähig ist, eine Beziehung einzugehen. Zu niemandem.
Das ist jetzt wirklich schwer zu erklären, denn in meinem Beruf bin ich völlig normal, witzig und manchmal sogar gesellig. Aber das ist Schauspielerei. Es ist irgendwie so, als ob ich, bevor ich zur Arbeit gehe, den Teil meines Gehirns, der für Gefühle zuständig ist, zu Hause lasse.
Im Privatleben bin ich fast immer nur allein. Ich habe auch nebenbei ein Studium aufgenommen, nur um auf dumme Fragen eine Antwort zu haben. Es ist ja so bequem zu sagen: Ich habe keine Zeit.
Tatsächlich ist es jetzt so, dass ich fast unfähig bin, auf privater Ebene mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen.
Eine Beziehung mit einer Frau einzugehen, habe ich jetzt auf unbestimmte Zeit aufgegeben. Solange ich nicht weiß, wer oder was ich bin, kann ich es einer Frau nicht antun, mit mir eine Beziehung einzugehen. Es besteht aber ohnehin keine Gefahr, da meine krankhafte Schüchternheit, die Scheu vor Menschen und meine Hingebung bis zur Selbstaufgabe ohnehin alle Frauen verschreckt hat, in die ich in meinem Leben jemals verliebt war. Und die kann ich an den Fingern einer Hand abzählen.
Gott, was habe ich die letzten 10 Jahre gekämpft, um endlich eine Partnerin zu finden, die sich in mich verliebt hätte. Ich habe im Fitness-Club trainiert bis zum Umfallen. Ich wollte die Frauen verstehen: Ich habe unzählige Ratgeber wie „Männer sind anders, Frauen auch“ oder „Du verstehst mich nicht“ gelesen. Ich las Unmengen an Liebesromanen und habe mir Techniken für traumhafte Liebesbriefe angeeignet. Eine Zeit lang abonnierte ich sogar die Zeitschrift „Eltern“ – das war dann aber doch zu schmerzhaft.
Ironie des Schicksals: Ich wurde immer nachdenklicher, scheuer und damit unattraktiver. Bei der letzten Abfuhr sagte die Frau, dass sie keine Beziehung mit mir eingehen kann, da sie es nicht ertragen würde, mit jemandem zusammen zu sein, der fast zu gut für diese Welt sei. Wie man sich da fühlt, kann sich wohl jeder vorstellen.
Jetzt ist Schluss. Ich will nur noch Freundschaften.
In der letzten Zeit wurde das Leben immer unerträglicher für mich. Ich kann kaum jemandem in die Augen schauen, ich habe Herzklopfen und andere ganz üble Symptome, die ich mich hier gar nicht traue zu schildern. Menschenansammlungen machen mir Angst. Zwangsgedanken machen mir das Leben zur Hölle.
Aber wie gesagt, ich kann mich gut verstellen. In der Arbeit bin ich erfolgreich, weil alle denken, dass ich mit meiner disziplinierten Art, alle Probleme lösen kann. Tja, mag sein, aber nicht meine.
Nun gut, sei es wie es sei. Wenn ich nicht aufgeben will, muss ich weiter kämpfen. Allerdings mit einer anderen Strategie.
Ich bin einer unter sehr vielen, denen es mehr oder weniger genauso geht wie mir. Der eine ist noch viel übler dran, als ich, dem anderen geht es aber noch relativ gut. Bei vielen ist es aber so, dass sich ihre Situation bessern würde, wenn sie mit Leuten zusammenkommen könnten, die sie verstehen. Wo sie sein können, wie sie wirklich sind und sich nicht verstellen müssen. Richtige Freunde eben.
Deshalb möchte ich in München eine Gruppe gründen (zusammen mit ScarSoul), die nicht nur aus Soziophobikern besteht, sondern auch einfach aus schüchternen Menschen, die nur schwer Anschluss zu anderen finden oder einfach ihre Freunde nach und nach verloren haben, weil diese alle schon längst verheiratet sind. Ich möchte aber keine Selbsthilfegruppe in der Art: Übungen durchführen; einer schüttet seine Seele aus, andere hören zu.
Das ist mir zu zwanghaft. Nein, ich stelle mir das so vor: Wir treffen uns an einem Tag in der Woche in irgendeiner Wirtschaft, essen und reden ein wenig und entscheiden dann zusammen, was wir machen. Wir können dann evtl. ins Kino gehen, oder ins Theater oder (für ganz mutige) zum Tanzen. Wir werden einfach für ein paar Stunden den Spaß haben, der für andere gar nicht mehr bemerkenswert ist. Wir machen einen festen Tag und Ort aus und jeder kann kommen und gehen, wann er will. Und vielleicht entwickeln sich ja Freundschaften, die über diese Treffen hinaus gehen. Ich denke, dass wir uns so wieder an das normale gesellschaftliche Leben heran tasten können und dass dies für so manchen besser ist, als die beste Therapie der Welt.
Wenn du also in München und Umgebung wohnst und Interesse an der Gründung einer lockeren freundschaftlichen Gruppe interessiert bist, dann melde dich bitte. Es spielt keine Rolle ob du weiblich oder männlich bist, ob du jung oder alt bist. Wir werden alle zusammenhalten.
So, für einen Soziophobiker war das nicht leicht, sowas ins Forum zu stellen. Ich sehe es aber als meine einzige Chance, meine Lage zu ändern.
Gruß
Romeo
ich bin 31, leide an sozialer Phobie und hatte noch nie eine Beziehung. Dass ich Soziophobiker bin, ist mir aber erst in den letzten Tagen klar geworden, nachdem ich mich mit dieser Krankheit intensiv beschäftigt habe. Dazu kommt noch eine andere kleinere psychische Erkrankung, die fällt aber nicht ins Gewicht. Ich habe mich die letzten 10 Jahre selbst belogen und betrogen. Niemals gestand ich mir ein, dass ich anders wäre, als andere Menschen. Seit meiner Kindheit zog ich es immer vor, alleine zu sein. Der Umgang mit anderen Menschen war mir unangenehm. Heute gehe ich durchs Leben, als wäre ich auf einer Theaterbühne, wo mich Millionen Menschen anstarren und bei jedem kleinsten Fehler beginnen, vor lauter Lachen zu brüllen. Niemand merkt mir das an. Ich wurde mit der Zeit perfekt. Ein perfekter Schauspieler und ein perfekter Lügner. Erst zu Hause in meiner Wohnung, wo ich allein lebe, kann ich endlich meinen Puls von 100 auf 70 senken. Mein Puls schießt schon in die Höhe, wenn ich im Treppenhaus jemandem begegnen muss.
Ich war schon immer ein Einzelgänger. Ich hatte zwar in meiner Kindheit und Jugend einige wenige Freunde, die mich immer überall mitschleppten, aber nachdem ich in eine andere Stadt zog, schliefen diese Freundschaften ein. Ich war darüber nicht unglücklich – im Gegenteil. Ich konnte nun endlich ganz allein sein und in meinen eigenen vier Wänden tun und lassen, was ich wollte. Und wenn ich möchte (so dachte ich, ich Narr) suche ich mir eben eine Freundin. Aber später. Immer immer später. Es hatte ja alles so viel Zeit. Was für ein fataler Irrtum. Nach diesen vielen Jahren der Einsamkeit wurde aus mir ein sozialer Analphabet, der nicht mehr fähig ist, eine Beziehung einzugehen. Zu niemandem.
Das ist jetzt wirklich schwer zu erklären, denn in meinem Beruf bin ich völlig normal, witzig und manchmal sogar gesellig. Aber das ist Schauspielerei. Es ist irgendwie so, als ob ich, bevor ich zur Arbeit gehe, den Teil meines Gehirns, der für Gefühle zuständig ist, zu Hause lasse.
Im Privatleben bin ich fast immer nur allein. Ich habe auch nebenbei ein Studium aufgenommen, nur um auf dumme Fragen eine Antwort zu haben. Es ist ja so bequem zu sagen: Ich habe keine Zeit.
Tatsächlich ist es jetzt so, dass ich fast unfähig bin, auf privater Ebene mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen.
Eine Beziehung mit einer Frau einzugehen, habe ich jetzt auf unbestimmte Zeit aufgegeben. Solange ich nicht weiß, wer oder was ich bin, kann ich es einer Frau nicht antun, mit mir eine Beziehung einzugehen. Es besteht aber ohnehin keine Gefahr, da meine krankhafte Schüchternheit, die Scheu vor Menschen und meine Hingebung bis zur Selbstaufgabe ohnehin alle Frauen verschreckt hat, in die ich in meinem Leben jemals verliebt war. Und die kann ich an den Fingern einer Hand abzählen.
Gott, was habe ich die letzten 10 Jahre gekämpft, um endlich eine Partnerin zu finden, die sich in mich verliebt hätte. Ich habe im Fitness-Club trainiert bis zum Umfallen. Ich wollte die Frauen verstehen: Ich habe unzählige Ratgeber wie „Männer sind anders, Frauen auch“ oder „Du verstehst mich nicht“ gelesen. Ich las Unmengen an Liebesromanen und habe mir Techniken für traumhafte Liebesbriefe angeeignet. Eine Zeit lang abonnierte ich sogar die Zeitschrift „Eltern“ – das war dann aber doch zu schmerzhaft.
Ironie des Schicksals: Ich wurde immer nachdenklicher, scheuer und damit unattraktiver. Bei der letzten Abfuhr sagte die Frau, dass sie keine Beziehung mit mir eingehen kann, da sie es nicht ertragen würde, mit jemandem zusammen zu sein, der fast zu gut für diese Welt sei. Wie man sich da fühlt, kann sich wohl jeder vorstellen.
Jetzt ist Schluss. Ich will nur noch Freundschaften.
In der letzten Zeit wurde das Leben immer unerträglicher für mich. Ich kann kaum jemandem in die Augen schauen, ich habe Herzklopfen und andere ganz üble Symptome, die ich mich hier gar nicht traue zu schildern. Menschenansammlungen machen mir Angst. Zwangsgedanken machen mir das Leben zur Hölle.
Aber wie gesagt, ich kann mich gut verstellen. In der Arbeit bin ich erfolgreich, weil alle denken, dass ich mit meiner disziplinierten Art, alle Probleme lösen kann. Tja, mag sein, aber nicht meine.
Nun gut, sei es wie es sei. Wenn ich nicht aufgeben will, muss ich weiter kämpfen. Allerdings mit einer anderen Strategie.
Ich bin einer unter sehr vielen, denen es mehr oder weniger genauso geht wie mir. Der eine ist noch viel übler dran, als ich, dem anderen geht es aber noch relativ gut. Bei vielen ist es aber so, dass sich ihre Situation bessern würde, wenn sie mit Leuten zusammenkommen könnten, die sie verstehen. Wo sie sein können, wie sie wirklich sind und sich nicht verstellen müssen. Richtige Freunde eben.
Deshalb möchte ich in München eine Gruppe gründen (zusammen mit ScarSoul), die nicht nur aus Soziophobikern besteht, sondern auch einfach aus schüchternen Menschen, die nur schwer Anschluss zu anderen finden oder einfach ihre Freunde nach und nach verloren haben, weil diese alle schon längst verheiratet sind. Ich möchte aber keine Selbsthilfegruppe in der Art: Übungen durchführen; einer schüttet seine Seele aus, andere hören zu.
Das ist mir zu zwanghaft. Nein, ich stelle mir das so vor: Wir treffen uns an einem Tag in der Woche in irgendeiner Wirtschaft, essen und reden ein wenig und entscheiden dann zusammen, was wir machen. Wir können dann evtl. ins Kino gehen, oder ins Theater oder (für ganz mutige) zum Tanzen. Wir werden einfach für ein paar Stunden den Spaß haben, der für andere gar nicht mehr bemerkenswert ist. Wir machen einen festen Tag und Ort aus und jeder kann kommen und gehen, wann er will. Und vielleicht entwickeln sich ja Freundschaften, die über diese Treffen hinaus gehen. Ich denke, dass wir uns so wieder an das normale gesellschaftliche Leben heran tasten können und dass dies für so manchen besser ist, als die beste Therapie der Welt.
Wenn du also in München und Umgebung wohnst und Interesse an der Gründung einer lockeren freundschaftlichen Gruppe interessiert bist, dann melde dich bitte. Es spielt keine Rolle ob du weiblich oder männlich bist, ob du jung oder alt bist. Wir werden alle zusammenhalten.
So, für einen Soziophobiker war das nicht leicht, sowas ins Forum zu stellen. Ich sehe es aber als meine einzige Chance, meine Lage zu ändern.
Gruß
Romeo
23.06.2001 16:45 • • 04.01.2002 #1
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