Liebe Judy,
es tut mir so leid, dass Dir niemand bisher geantwortet hat. Ich glaube, diese Angst ist relativ selten.
Vor einigen Jahren hatte ich mal einen ganz schrecklichen Magen-Darm-Virus und habe nachts mehrmals erbrohen. Dieses Erlebnis hat mich so geprägt, dass ich auch eine solche Panik entwickelt habe. Eine ziemlich lange Zeit hatte ich entsetzliche Angst wieder krank zu werden. Ich konnte an fast nichts anderes denken. Das ging so weit, dass ich bei Familienessen nichts mitessen konnte, weil ich Angst hatte, dass das Essen evtl. verdorben ist und alle dann krank würden, mir somit keiner helfen könne deswegen, wenn ich immer und immer wieder erbrechen müsste. So habe ich zu solchen Anlässen nichts mehr mitgegessen. Es gab später sichere und unsichere Lebensmittel. Ich aß bestimmte Dinge gar nicht mehr aus Angst, sie könnten nicht gut sein. Ich hatte es auch wirklich dauernd am Magen, fühlte mich schlecht, nahm unheimlich viel ab. Ging wieder ein Virus um, hatte ich wahnsinnige Angst mich anzustecken. Ich habe Erkrankte gemieden wie die Pest. Und hätte damals ein Arzt gesagt, ich habe Krebs und müsse eine Chemo machen, bei der ich viel erbreche, ich hätte es abgelehnt. Wahnsinn! Wenn ich im TV Talkshows sah, versuchte ich in den Gesichtern der Gäste Anzeichen von Übelkeit zu entdecken. Übel werden kann ja schließlich jedem jederzeit! Und ich habe zugesehen, dass ich mich immer nur dort aufhielt, wo ich schnell weg konnte, ins Freie konnte o.ä. Hölle! Es war echt die Hölle! Ich habe mich so deswegen geschämt, dass ich mit niemandem darüber geredet habe. Ich nahm auch dauernd Medikamente gegen Übelkeit, die verursachten Durchfall und der versetzte mich in Panik, weil er irgendwie zum Erbrechen gehört....
Ich kann Dir nicht sagen, wie ich dieses Extrem losgeworden bin. Mit den Jahren hat es sich verschoben. Habe jetzt andere Ängste. Aber diese Angst ruht noch in mir und ich weiß, wenn ich wieder mal so heftig erkranken sollte, kann alles in dem damaligen Ausmaß von vorne losgehen.
Im Moment grassiert wieder so ein Virus in meiner Gegend. Und ich merke, dass mich das noch derbe beschäftigt. Ich flüchte zwar nicht mehr so panisch vor Leuten, die das hatten, doch ich habe heute noch irgendwas nicht unternommen, weil ich dachte, ich könnte mich ja auch angesteckt haben und müsse besser in der Nähe meiner Wohnung bleiben. Und ich habe oft einen Eimer neben meinem Bett stehen und sogar einen in meinem Auto, weil ich insgeheim doch damit rechne, dass es passieren könnte und ich gewappnet sein will. Irgendwie verrückt!
Ich kann Dich sehr gut verstehen, wenn ich auch überhaupt keinen Tip habe für Dich. Ich weiß noch, wie einsam ich mich damit fühlte. Das hätte kein Mensch verstanden. Erbrechen finden zwar alle schrecklich, aber Panik wie meine, hätte keiner nachvollziehen können. Und irgendwie ist das wohl noch ein Tabuthema unter den Ängsten. Bevor ich diese Angst entwickelte, hatte ich schlimme Errötungsängste. Ich bin irgendwie ein komischer Fall.
Machst Du denn Therapie?
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft.
Liebe Grüße
02.11.2007 00:02 •
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