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Hallo,

ich wüsste gern mal, ob jemand das Phänomen kennt.

Es gibt bestimmte Menschen in meinem Umfeld, die ihre Meinungen zu bestimmten Themen sehr überzeugt von sich und lautstark äußern.

Irgendwie macht das was mit mir und oft sehe ich die Welt dann nur noch durch die Augen dieser Person, selbst wenn ich das gar nicht will oder diese Meinung gar nicht teile. Ich denke dann sehr viel über die Meinungen und Ansichten dieser Person nach und setze mich sehr stark damit auseinander, überlege, wie man kontern und das widerlegen könnte. Oft denke ich aber gleichzeitig auch, ich müsste dem Weltbild bzw. dem, was diese Person als gut oder schlecht empfindet, entsprechen.

Beispiel: Eine laute Person aus meinem Umfeld betont immer wieder, dass sie mit introvertierten Menschen nichts anfangen kann.

Meiner eigenen Meinung nach ist es völlig ok, introvertiert zu sein, und extrovertiert oder introvertiert kann beides Vor- und Nachteile haben. Aber wenn ich öfter die Meinung von dieser Person höre, beginne ich das sehr stark zu verinnerlichen und fange an zu denken, diese Meinung (z.B. introvertiert = schlecht) wäre das Maß aller Dinge. Ich beginne mich selbst schlecht zu fühlen (wenn ich eher introvertiert bin) oder stelle sogar Kontakte mit Introvertierten infrage.

Außer dieser lauten Person gibt es noch viel mehr nette Personen in meinem Umfeld, die viel toleranter sind und ganz andere Ansichten in Bezug auf diese Themen haben. Trotzdem bin ich so stark auf die Meinung dieser lauten Person fixiert und mache sie zum Maßstab bzw. setze mich sehr stark damit auseinander.

Ich denke, das kommt aus meiner Kindheit, wo ich auch mit sehr krassen/abwertenden Meinungen meiner Eltern konfrontiert war und ständig überlegt habe, wie ich dagegen ankommen kann. Deshalb ziehen mich unbewusst vielleicht wieder genau solche Menschen an, die ihre Meinung für das Maß aller Dinge halten und 100 % von sich überzeugt sind.

Kennt das jemand?
Wie kann man sich von solchen Menschen und lautstarken Meinungen abgrenzen, ohne dass man das zu sehr an sich ranlässt?
Oder sollte ich immer direkt Kontra geben, auch wenn es zu Streit führt?

Es muss bei diesen lautstarken Meinungen nicht um persönliche Eigenschaften gehen. Es kann auch z.B. um politische Fragen gehen, bei denen mich die Meinung einer bestimmten Person sehr beeinflusst und vereinnahmt.

Danke
Lexi

12.12.2022 12:01 • 14.12.2022 #1


8 Antworten ↓


Hi Lex,
Zitat von Lex6543:
Kennt das jemand?

Könnte man das nicht allgemein dem Oberbegriff 'eingeschüchtert-sein' zuordnen?.. zumindest auf gewisser Ebene?

Zitat von Lex6543:
Wie kann man sich von solchen Menschen und lautstarken Meinungen abgrenzen, ohne dass man das zu sehr an sich ranlässt?

Würde jetzt ganz spontan annehmen, dass ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein / -sicherheit da schon eine gute 'natürliche Barriere' bilden kann.

Zitat von Lex6543:
Oder sollte ich immer direkt Kontra geben, auch wenn es zu Streit führt?

Hielte ich - ganz persönlich! - nicht wirklich für sinnvoll. Würde da wirklich eher 'bei mir' bleiben und mich abgrenzen, anstatt zu versuchen, jemanden - insbesondere anscheinend soo sehr von sich Überzeugten - zu meiner Sichtweise zu 'bekehren'. Denke, ein vernünftiges Maß an Gelassenheit ist da der gesündere Weg.

A


Lautstark geäußerte Meinungen beeinflussen mich sehr

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Zitat von Lex6543:
Es muss bei diesen lautstarken Meinungen nicht um persönliche Eigenschaften gehen. Es kann auch z.B. um politische Fragen gehen, bei denen mich die Meinung einer bestimmten Person sehr beeinflusst und vereinnahmt.

Kannst Du das näher erklären, was Du da jetzt mit beeinflussen meinst? Nimmst Du dann deren Meinung an, oder denkst Du automatisch, sie hätten recht mit dem, was sie äußern?

Es gibt so nen Spruch „wer schreit hat unrecht“, das ist zwar nicht allgemein gültig, aber Lautstärke ist kein Beweis dafür, dass etwas zutreffend ist. Ich kenne auch Personen die von hause aus laut sind, wenn sie reden. Bei einigen weiß ich, dass sie schlecht hören und da toleriere ich es. Ansonsten gehe ich, wenn jemand laut wird, eins zwei Schritte zurück. Meist wird dann verdutzt gefragt, weshalb ich das mache. Ich sag dann, das mir derjenige gerade zu Laut ist und ich mein Gehör schonen will. Meistens wurde es sogar vom anderen angenommen und es wurde dann in einer normalen Lautstärke artikuliert. Wurde es das nicht, sage ich in der Regel, darüber können wir reden wenn derjenige Bereit ist in einer angemessenen Lautstärke mit mir zu sprechen und gehe einfach weg.
Aber dieser vernünftige Umgang mit solchen Situationen gelingt mir nicht immer. Manchmal werde ich dann auch lauter und am Ende ärgere ich mich oft darüber, dass ich nicht ruhig geblieben bin.

Glaube, sehr viele wurden mit solchen Meinungen der Eltern konfrontiert. Zumindest war es bei mir auch der Fall.
Das war im Berufsleben aber nicht viel anders, wie bei auch dir.

Wenn die Person ständig ihre Äußerungen lautstark von sich gibt und dich das nervt, da du anderer Auffassung bist, dann wäre es schon mal gut kontra zu geben und deine Meinung zu vertreten. Vielleicht kommt sie dann zur Überlegung, das nicht nur ihre Meinung für alle gilt.
Sie scheint sich sehr wichtig zu nehmen, wenn sie dasselbe immer und immer wieder erwähnt.
Sowas ähnelt schon fast einer Gehirnwäsche. Vielleicht möchte sie das auch erreichen, das irgendwann alle so denken wie sie.
Es hat ihr wohl noch niemand seine eigene Vorstellung gesagt, ob politisch, arbeitstechnisch...........

Wenn es dir schon so an die Substanz geht, du sie ggf. nicht leiden kannst und es dich dauerhaft beschäftigt, könntest du sie fragen, ob sie mit einem Papagei verwandt ist, wegen der ständigen Wiederholung.
Oder du sagst, das ihr alle es nun nach x-fach wiederholtem male bescheid wißt, aber nicht die Meinung vertretet.
Letzte Möglichkeit :Ohrenstöpsel.

In persönlichen (also nicht im Netz) Diskussionen ist es heutzutage schwierig, sich gegen Meinungen anderer zu Behaupten.

Viele sehen die Dinge schwarz oder weiß. Introvertiert ist schlecht, Atomkraftwerke müssen weg, Ausländer raus.
Durch das Internet laufen viele mit einem gefährlichen Halbwissen und Halbwahrheiten rum. Dabei werden Dinge verallgemeinert.

Grundsätzlich kannst du dir für Diskussionen merken: Die Welt ist bunt, nicht schwarz/weiß. Einzelne Eigenschaften/Vorgänge/Dinge sind nicht schlecht.
Extreme sind schlecht. Viel Salz ist ungesund, ein bisschen aber Lebensnotwendig. Ein Schnap. kann dich entspannen, viel Schnap. macht aus den meisten einen aggressiven Menschen.
Ein leicht introvertierter Partner ist i.d.R. empathatisch, ein Ruhepol in der Beziehung. Ein stark introvertierter Partner kann aber viel Kraft kosten und die Beziehung eher belasten (ja ich verallgemeinere hier mit Halbwissen ).
Also, es gibt immer Pro und Contra. Wenn du dich aber vorher nicht mit der jeweiliger Thematik beschäftigt hast, kannst du eigentlich nicht Diskutieren, weil du nur 20% der Fakten kennst und meist nur von einer Seite.

Ich lasse mich z.B. auf Diskussionen mit einem Nachbarn nicht mehr ein. Der ist so ein halber Verschwörungstheoretiker. Der steckt aber so tief in den Themen drin gespickt mit ein paar Fakten hier und da, da komme ich argumentativ gar nicht weiter, weil ich keine Ahnung von den Themen habe.

Zitat von Lex6543:
sehr überzeugt von sich und lautstark äußern.

Weil sie vielleicht sonst nicht gehört würden. Wie heißt es so schön, wer am lautesten schreit (spricht), gewinnt?


Zitat von Lex6543:
ich müsste dem Weltbild bzw. dem, was diese Person als gut oder schlecht empfindet, entsprechen.

Musst du nicht, du darfst nur dir selbst entsprechen, dass was du denkst, glaubst oder auch weißt, ist wichtig, nicht was andere davon halten. Welches Weltbild? Kommt es nicht auf die eigene Sichtweise an?


Zitat von Lex6543:
dass sie mit introvertierten Menschen nichts anfangen kann.

Hat sich diese Person jemals mit einem introvertierten Menschen beschäftigt?


Zitat von Lex6543:
Meiner eigenen Meinung nach ist es völlig ok, introvertiert zu sein, und extrovertiert oder introvertiert kann beides Vor- und Nachteile haben.

Sehe ich auch so.


Zitat von Lex6543:
Wie kann man sich von solchen Menschen und lautstarken Meinungen abgrenzen, ohne dass man das zu sehr an sich ranlässt?

Indem du die Person akzeptierst, wie sie ist und deine Dinge, die DU für richtig hältst, weiter zu machen. Oder du könntest mit dieser Person in Kontakt treten und diese fragen, ob es nicht reiche, wenn sie nur einmal ihre Ansicht, Wissen, Meinungen äußere. Dann wäre es einmal raus und du kannst dich auf dich fokussieren.
Laut bedeutet ja nicht, dass es richtig ist und überzeugend dann nur, wenn es tatsächlich stimmt, davon müsste man sich dann selbst überzeugen, wenn es wirklich wichtig sei.


Zitat von Lex6543:
Es muss bei diesen lautstarken Meinungen nicht um persönliche Eigenschaften gehen. Es kann auch z.B. um politische Fragen gehen, bei denen mich die Meinung einer bestimmten Person sehr beeinflusst und vereinnahmt.

Da sollte man bei sich und seinen eigenen Überzeugungen/Wissen/Meinung bleiben, indem man nach den richtigen? Quellen recherchiert, wenn es für dich wichtig ist.
Ansonsten könnte man die Meinung (ist ja nur eine Meinung) akzeptieren und loslassen und sich wieder sich selbst widmen.


Zitat von Lex6543:
Ich denke, das kommt aus meiner Kindheit, wo ich auch mit sehr krassen/abwertenden Meinungen meiner Eltern konfrontiert war und ständig überlegt habe, wie ich dagegen ankommen kann. Deshalb ziehen mich unbewusst vielleicht wieder genau solche Menschen an, die ihre Meinung für das Maß aller Dinge halten und 100 % von sich überzeugt sind.

Du könntest auch einen Rhetorik Kurs besuchen und lernen, wie man gut reden kann und dazu noch dein eigenes Selbstbewusstsein stärken. Vielleicht würde dir das ja helfen, dich besser abzugrenzen oder der Person gegenüber sicher aufzutreten.

Das sind so meine Gedanken dazu.

Würde Lautstärke Sachkunde bedeuten, hätten Poliere und Politiker immer Recht, doch in manchen Berufen ist eine hohe Dezibelzahl halt auch unerlässlich.

Da Gesprochenes gehört wird, spielt die Lautstärke heutzutage oft eine gewichtigere Rolle als der Mitteilungsinhalt. Unsere Gesellschaft wertet inzwischen auch Formate z. T. höher als die Thematik an sich. Ein Nebeneffekt dieser Entwicklung ist, dass unser Geist sich eben darauf mehr konzentriert und entsprechend seine Wertung abhängig macht. Werbung funktioniert schon lange so.

Beim Lesen des Eingangspost kamen mir zwei Gedanken.

Zitat von Lex6543:
Beispiel: Eine laute Person aus meinem Umfeld betont immer wieder, dass sie mit introvertierten Menschen nichts anfangen kann.

Meiner eigenen Meinung nach ist es völlig ok, introvertiert zu sein, und extrovertiert oder introvertiert kann beides Vor- und Nachteile haben.

Du hast die Meinung deines Gegenübers wahrgenommen und sie für dich selbst überprüft. Bist letztendlich aber zu einem anderen Ergebnis gekommen.
Wenn man jetzt die Meinung des anderen immer wieder hört, ohne zu widersprechen, also seine eigene Meinung kundzutun, dann wirkt das wie eine Gehirnwäsche und man zweifelt seine eigene Meinung an.

Deshalb kam mir der Gedanke: Immer wenn die Äußerung kommt, dass sie mit introvertierten Menschen nichts anfangen kann, einfach den Satz fallen lassen: Und ich denke, dass diese Menschen auch durchaus interessant sein können (oder sowas in der Richtung). Diskussion ist nicht nötig. Somit hörst du beide Meinungen laut und kannst besser bei deiner bleiben.

(Wenn du dich selbst als introvertiert einstufst, kannst du auch fragen, warum sie sich dann mit dir überhaupt abgibt)

Und dann kam bei mir der Gedanke, ob Menschen, die immer wieder die gleiche Aussage machen überhaupt interessiert sind an der Meinung der anderen? Oder brauchen die das um selbst nicht unsicher zu werden?

Und was bedeutet das dann wiederum für uns selbst? Wie ernst wollen wir solche Menschen nehmen? Wie viel Einfluss sollen sie haben?

Hallo Lex,

dass Dich andere Meinungen beeinflussen verstehe ich. Die Frage ist nur, wie sehr lässt man
das jeweils zu.

Zitat von Lex6543:
Wie kann man sich von solchen Menschen und lautstarken Meinungen abgrenzen, ohne dass man das zu sehr an sich ranlässt?

Im Grunde finde ich das einfach. Du kannst Dich abgrenzen, indem Du zu möglichst vielen Themen
eine Meinung hast, die Du wenn es nötig ist, dann auch erklären und begründen kannst.

Zitat von Lex6543:
Oder sollte ich immer direkt Kontra geben, auch wenn es zu Streit führt?

Nicht unbedingt. Kontra geben ist oft nicht klug. Viele Menschen können nicht damit umgehen, dass man eine andere Meinung vertritt, als sie selbst.





Dr. Reinhard Pichler
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