Was für ein spannendes Thema! @Azure Wir denken offenbar über ganz ähnliche Dinge nach, viele Fragen, die du hier aufgeworfen hast, beschäftigen mich auch und immer wieder.
Ich denke vor allem in Worten, sowohl in Monologen als auch Dialogen. Dialoge führe ich mit verschiedenen Personen, entweder mit einem zweiten Ich, das dann mein Gegenüber oder den Gegenpart einnimmt. Oder - und das sind dann sehr intensive gedankliche Gespräche - mein imaginärer Gesprächspartner ist eine Person aus meinem Leben, von der ich mir wünsche, dass wir wieder mehr Kontakt hätten und zu der ich Vertrauen habe. Konkret geht es um eine Person aus meiner Kindheit und Jugend. Es ist fast immer diese Person, selten jemand anders. Manchmal kommuniziere ich mit meinen verstorbenen bzw. nicht mehr bei mir lebenden Katzen - und nein, ich bin nicht irre. Sie antworten mir nicht, sondern es ist dann meine Aufgabe, die Antwort zu finden und zu geben. Denke ich in Worten, geschieht das meistens in grammatikalisch ganzen Sätzen - vielleicht liegt es mit daran, dass ich als Kleinkind sehr früh gut sprechen konnte.
In Bildern denke ich eher wenig. Es hat mit den Jahren nachgelassen, früher war das stärker ausgeprägt.
Wie @Angstmaschine denke ich manche Dinge in Farben. Bei mir sind es Zahlen. Die 8 z. B. ist für mich weiß mit einem intensiv dunkelblau schimmernden Hintergrund. Die 16 ist weißgelb. Meist sind es helle Farben, und diese Bilder nehme ich viel intensiver wahr als die Zahlen, die ich mit dunkleren oder für mich unbedeutenden Farben assoziiere. Schon verrückt, dabei bin ich überhaupt kein Zahlenmensch. Wochentage haben auch Farben, sind aber nicht so ausgeprägt wie bei Zahlen und hier haben die Farben weniger Bedeutung für mich als bei Zahlen.
Oft denke ich in Musik. Ich bin ein musikalischer Mensch und finde Zugang zu bestimmten Fragen am intensivsten über die Musik - z. B. zu religiösen Fragen, aber auch zu eigenen tiefen Emotionen. Fast ständig habe und höre ich Musik im Kopf. Oft sind es Lieder oder Stücke, die man kennt. Manchmal entstehen aber auch eigene, neue Melodien. Der Rhythmus spielt dabei eine Nebenrolle, entscheidend sind die Melodien und Harmonien. Manchmal erinnern sie an Renaissancemusik, manchmal überlege ich mir, wie sie als Metal-Version klingen würden. Versuche ich die Melodie aber festzuhalten und bewusst im Kopf weiterzukomponieren, verschwindet sie.
In den letzten Jahren beobachte ich eine zunehmende Gedankenarmut, die mir Angst macht und unter der ich leide. Meine erste Depression hatte ich mit 20. In dieser schlimmen Zeit war mein Geist so aktiv, progressiv und kreativ wie nie wieder davor oder danach. So schlimm die Emotionen waren, habe ich diese Zeit als geistig wahnsinnig bereichernd wahrgenommen - und bin bis heute dankbar dafür.
In den letzten Jahren ist das Gegenteil der Fall : Mein Hirn ist lahm geworden, ich denke viel weniger, und die Denkgeschwindigkeit hat extrem nachgelassen. Ich empfinde das als quälend und beängstigend. @Azure du hast ein paar Stichworte geschrieben, die Antwort geben könnten: Hormonhaushalt, Kohlenhydrate Zucker, Hirnstoffwechsel Neurotransmitter, psychische Blockaden und Verschaltung der Synapsen. Ich glaube, dass es - zumindest bei mir - auch mit dem Gefühlsleben zu tun hat. Ich beobachte seit Jahren nämlich auch eine Emotionsarmut. Ich kann Gefühle schlecht wahrnehmen, vor allem positive. Oft ist da einfach nichts, Leere. Oder hat beides eine gemeinsame Ursache? Ich finde es auch deshalb schlimm, weil die Intensität von Emotionen ja auch dafür verantwortlich ist, wie stark sich Erinnerungen bilden und einprägen. Keine Emotion = Erlebnis nicht wichtig. Hinzu kommt also noch eine gewisse Erinnerungsarmut oder dass sich Erinnerungen nicht so tief eingraben.
Und schließlich hat das Ganze, glaube ich, auch mit Motivation und Kommunikation zu tun. Ich bin ganz schlecht darin, mich selbst zu motivieren. Ich brauche immer von außen Input und Anregung, meistens im Austausch mit anderen Menschen. Und dann kommt auch der Rest besser in Gang: es entstehen Gedanken, Ideen, die Gedanken fließen eher als dass sie kriechen, der Gedankenfluss kommt in Gang, man wird motiviert, bekommt Lust, Dinge zu tun, und auch positive Emotionen können sich dann regen oder stärker ausfallen.
So nehme ich mein Gedankenreich wahr. Zum Schluss bin ich etwas abgeschweift, aber für mich hängt das alles eng zusammen.
22.04.2024 01:31 •
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