Hallo Silence,
ich fang mal von hinten an:
Zitat:P.S. War dein erster Satz sarkastisch?
Er war aber ganz ernst gemeint. Nach dem, was ich hier alles von dir bisher gelesen habe, halte ich dich für sehr stark.
Auch und gerade, dass du so
konsequent alles vermeidest, was dir Angst macht, sogar bis zum Aufgeben (mit 21 Jahren!), kommt nach meinem Gefühl davon, dass du alles mit großer Stärke machst. Eben auch das Sich-Zurückhalten.
Zitat von ~Silence~:Was ich mit soziale Phobie meine?
Denkst du, ich red mir das vielleicht irgendwie ein oder übertreibe?
Nein, das denke ich nicht. S.o. Ich habe aber den Eindruck, dass das gar keine soziale Phobie ist in dem Sinne, wie andere sie haben. Da ich kein Fachmann bin, kann ich mich da vielleicht irren. Aber mein Eindruck ist es mehr, dass du dir einfach die Angst vor dem Ungewohnten
Zitat:Ich meine damit, dass ich Angst habe. Ich gerate schon Wochen vor einem Termin in Panik
als soziale Phobie einstufst. Weil das natürlich viel besser klingt und dir als Krankheit einen höheren Rechtfertigungsgrad für dein Vermeidungsverhalten ermöglicht, als wenn du einfach sagten müsstest, ich bin so ungeübt in allen möglichen Dingen und ich habe so einen Perfektionsdrang, dass ich furchtbar häufig die Hosen voll habe und alles vermeide, was nur irgendwie geht.
Was meinst du dazu? Könnte das stimmen?
Zitat:Ich gerate schon Wochen vor einem Termin in Panik und male mir die schlimmsten Dinge aus. Mein Kopf arbeitet den ganzen Tag, der Mist beherrscht mein ganzes Leben.
Hm. Ich weiß ja nicht, was das für ein Termin ist. Aber es gibt für eine 21-Jährige durchaus viele Termine (du meinst vermutlich ein Gespräch mit jemandem, von dem etwas Wichtiges für dich abhängt?), vor denen es
völlig normal ist, sich vorher Kopfzerbrechen darüber zu machen und die Hosen voll zu haben. Das ist das, was ich mit Perfektionsdrang meine. Wie schon früher gesagt: Du bist zwar noch sehr jung, willst aber sowohl schon alles perfekt können, keine Fehler machen und keine Unsicherheit haben, UND du willst dich nicht anstrengen müssen.
Zitat:Ich will aber normal leben
Woher zum Teufel weißt du eigentlich, was ein normales Leben ist?
Du gehst hartnäckig davon aus, dass ein normales Leben ein Leben ohne Angst und Sorgen ist. Und die einzige, die diesen Charakter umerziehen kann, bist du ...
Zitat:Schon wenn ich die Wohnung verlassse, fühle ich mich wie auf dem Präsentierteller. Keine Ahnung, du kannst dir das wohl vielleicht nicht vorstellen.
Doch, ich kann es mir sogar sehr gut vorstellen, weil ich das früher genauso hatte. Ich hatte immer das Gefühl, dass ALLE mich angucken, sobald ich irgendwo aufkreuze, und das war mir extrem unangenehm, weil ich eigentlich - so dachte ich jedenfalls - völlig unauffällig sein wollte.
Das hat sich u.a. durch die Erkenntnisse aufgelöst, dass nicht nur die anderen mich, sondern genauso gut ich die anderen angucken, studieren und bewerten kann, wenn ich das will. Dass ich also den Standpunkt einfach umdrehen kann. Das hat die Sache enorm erleichtert. Inzwischen kann ich problemlos durch volle Lokale, volle Säle, volle Stuhlreihen und über Bühnen gehen, ohne das Gefühl zu haben, gleich tot umfallen zu müssen.
Geht es dir so ähnlich?
Zitat: gerade mache ih mir so viele Gedanken um den ganzen Mist, weil ich schn 21 Jahre alt bin und noch nichts erreicht habe. Ich stell mir vor, as in 5 jahren ist und ehrlichgesagt mag ich daran gar nich denken.
Deswegen beschäftige ich mich mit dir, weil mir der Gedanke auch nicht gefällt.
Zitat:Ich werd noch immer hier sitzen und darüber nachdenken.
Pass auf, dass das keine selffulfilling prophecy wird, wenn du das immer so behauptest. Sag wenigstens lieber: Ich fürchte, ich könnte dann noch immer so hier sitzen und darüber nachdenken. Das meine ich ernst. Das Unterbewusstsein nimmt Behauptungen wörtlich und
realisiert sie.
Zitat:Was ich mit meinem Kind machen würde, dass so ne Angst hat?
Nein. Was du mit
einem Kind machen würdest, das so eine Angst hat.
Stell dir vor, du bist Erzieherin in einem Internat, und eines der Kinder verhält sich so altersuntypisch ängstlich.
Was würdest du tun? Wie würdest du vorgehen?
(Sag jetzt bitte nicht, du würdest mit dem Kind zum Arzt gehen, damit er dem Kind eine soziale Phobie bescheinigt. Und selbst falls das das einzige wäre, das dir einfallen würde: Und was
dann?)
Würdest du das Kind einfach so belassen, die Augen zumachen und darauf warten, dass das Kind mit dem Abi endlich wieder verschwindet?
---------
Aber mal eine Verständnisfrage: Was sagen denn deine Eltern dazu, dass du nichts machst? Sind sie noch immer so lieb und verständnisvoll?
Zitat: Nun ist es zu spät um irgendwas rückgängig zu machen.
?? Und wieder so eine Behauptung, die du deinem Unterbewusstsein einbläust.
Falls das so stimmen würde, könnte ja z.B. keine Psychotherapie irgendeinen Nutzen haben? Oder eine Selbst-Erziehung? Was meinst du, wofür es die Hunderte oder Tausende Selbsterfahrungs-/Selbstveränderungsbücher auf dem Markt gibt, wenn es überhaupt nicht möglich wäre, irgendetwas an seinem Charakter/Verhalten zu verändern? Und das erst recht, wenn man erst 21 Jahre alt ist ..?
Bist du sicher, dass du
weißt, dass man auch 5x so alt werden kann wie du jetzt bist?
Andererseits benimmst du dich aber im konkreten Leben offenbar, als seist du erst 10 ...
Mein Vorschlag: Spiel mal ein wenig mit deinem Alter, mit der Zahl 21. Was fällt dir alles spontan dazu ein? Mach doch mal so eine Übung. Leg dich z.B. aufs Bett, guck in die Luft und lass einfach deine Gedanken und Assoziationen kommen. Einfach alles, was du jemals irgendwo irgendwie dazu gehört oder gedacht hast - und zwar völlig unzensiert, egal, wie irre dir etwas davon erscheinen mag. Irgendwas ist da vielleicht unbewusst festgetackert ...
Gruß,
GastB