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Ein Hallo an Euch Alle,

bin erst vor drei Wochen, als ich einen heftigen Rückfall in meine Angsterkrankung hatte, auf diese Seite gestoßen. Da lesen hat mir geholfen, da ich aus Euren Erfahrungen lernen konnte.
Dafür ein herzliches Dankeschön für die Berichte. Ich habe mich in vielen wiedererkannt.
Ich bin 45 Jahre alt und leide seit Anfang 1999 an Agoraphobie mit Panikattacken. Ich konnte zum Schluss nicht mehr einkaufen, aus dem Haus gehen und habe mich immer mehr zurückgezogen. Nicht mal meinen geliebten Sport konnte ich machen. Es war alles zuviel für mich. Ich dachte immer, mein Leben ist zu Ende und so kann und will ich nicht Leben. Als es dann ganz schlimm war und ich immer mehr Suizidgedanken hatte, bin ich für drei Monate zur stationären Psychotherapie gegangen. Es war wie ein Rettungsschiff für mich. In meiner eigenen Familie habe ich damals aber keine Hilfe erfahren. Nach dem Krankenhaus bin ich über das Hamburger Modell wieder arbeiten gegangen und habe eine ambulante Behandlung begonnen. Medikamente (Trevilor), Angst- und Panikattacken, Unruhe und körperliche Ausfallerscheinungen in unterschiedlichster Stärke gehören seitdem zu meinem fast täglichen Leben. Die Schicksalsschläge ließen mich auch nicht los. Erst ist meine Mutter unter tragischen Umständen 2002 verstorben und meinen pflegebedürftigen Vater haben wir dann in unserem kleinen Häuschen aufgenommen und gepflegt. Der Krebs war aber stärker und sechs Monate später ist auch er verstorben. Da ich völlig am Ende war, stellte ich eine Kurantrag und konnte im Frühjahr letzten Jahres fahren. Da ich in meiner eigenen Familie in den letzten 4 ½ Jahren, seit Beginn der Krankheit, auch kein Verständnis für meine Angsterkrankung gefunden habe, wurde unser Familienleben immer schlechter. Es gab nur Streit und Bedrohungen. Nach der Kur war es so schlimm, dass ich kurzerhand tageweise ausgezogen bin. Nach der Kur habe ich mit einer Verhaltentherapie begonnen und besuche sie immer noch. Zwischenzeitlich haben sich meine Frau und ich wieder auf einen gemeinsamen Weg gemacht. Gemeinsame Therapiestunden und der Wille zum Neubeginn hat uns Mut gemacht. Bis vor drei Wochen ging es also immer ein klein wenig besser mit Phasen der Rückschläge.
Vor drei Wochen dachte ich wieder mal Jetzt schlägt dein Herz nicht mehr richtig und innerhalb weniger Sekunden waren alle die schlechten Gedanken und Gefühle wieder da.
Meine Ärztin hat dann die Medikamente (Trevilor, Betablocker) erhöht und ich kämpfe nun kräftig mit den Nebenwirkungen bzw. den eingebildeten Nebenwirkungen. Kalte blaue Hände, weiche Beine, Unruhe und immer wieder verschiedenste Ängste, die wohl nie ganz aufhören werden, aber weniger werden.
Heute geht es mir aber schon ein klein wenig besser und dadurch habe ich auch den Mut gefunden zu schreiben. Man darf eben nicht aufgeben, auch wenn es Rückschläge gibt. Gleichzeitig gibt es aber auch wieder die Gedanken Am besten ich gehe mal wieder in die Tagesklinik, bevor es wieder schlimmer wird. So wechselt es immer hin und her und man ist verunsichert. Morgen habe ich wieder einen Termin beim Therapeuten und danach geht es immer ein wenig besser und so kraxle ich mich wieder ein wenig in die Welt der Glückskäfer.
Zum Schluss, damit der Text nicht so lang wird, die Wünsche für Euch alle für eine zufriedene Zukunft. Gebt nicht auf, es wird besser und ich wünsche Euch, dass es etwas weniger Zeit braucht, als bei mir.
Werde versuche, mich in Zukunft aktiv im Forum zu beteiligen.

Liebe Grüße

Glückskäfer

29.04.2004 16:45 • 03.06.2004 #1


4 Antworten ↓


Hallo Glückskäfer,
dich hat es ja ziemlich erwischt, Ich kenne sämtliche Phasen dieser Sch.... -Erkrankung.
Hatte sie schon zweimal in meinem Leben. Damals war es allerdings sauschwer etwas dagegen zu tun. Ich war auch 8 Wochen zur Psychptherapie. Die hat mir vieles gebracht, neue Erkenntnisse und Lebenseinstellungen. Die Medikamente damals waren großer Mist und schlugen bei mir auch nicht an, ich wurde noch verwirrter und war immer müde.
Es ging mir dann zwar etwas besser, hatte aber die SP immer im Hintergrund und habe vieles vermieden.
Vor etwa 5 Jahren schlich sich die SP wieder ein und wurde fast unerträglich. Trotzdem habe ich fast alles weiter gemacht. Habe mich einfach nicht geschlagen gegeben. Die Angst kam immer wieder, bei allem was ich tat und wurde immer schlimmer. Ein schrecklicher Zustand.
Nach eingehender Untersuchung in einer Angstklinik wurde festgestellt, dass die PS bei mir biologische Ursachen hat und nach der Einnahme von Trevilor geht es mir so gut wie noch nie.
Es liegt ja bei jedem anders, deshalb muss man den Arzt entscheiden lassen.
Auf alle Fälle gibt es Hilfe für J e d e n. Es braucht sich keiner mehr umbringen. Das Internet ist eine Supersache um Hilfe zu suchen und anzunehmen.

A


Habe mich getraut

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Hallo Staunebärin,

als ersten vielen Dank für Deine Zeilen. Als es mir vor drei Wochen ziemlich schlecht ging, habe ich viel von Dir auf den Seiten hier gelesen. Mir hat es Mut gemacht durchzuhalten. Besonders Deine Worte Die schlechten Tage werden weniger und Wir Sensibelchen haben mir sehr gefallen. Ich bin ja auch so ein Sensibelchen. Auf jede kleine Veränderung an mir oder der Umwelt reagiere ich sofort und oft auch verkehrt oder unangemessen. Am Sonntag war auch wieder mehr Anspannung da. Mein Therapeut hat am Freitag gesagt, dass er sicher ist, dass ich aus dem Rückfall wieder raus komme und auf dem richtigen Weg bin und es mir bald besser gehen wird. Der Weg ist aber öfters ganz schön schwer. Du hast natürlich recht, es braucht sich keiner umzubringen denn es gibt Hilfe. Es ist nur öfters schwer, einmal gedachte Negativgedanken ganz zu vergessen. Sie melden sich halt immer wieder. Wenn es mal wieder ganz schlimm wird, habe ich noch meine Notfalltropfen (Diazepam, Atosil). Habe aber bisher keine genommen. Habe einfach Angst vor Abhängigkeit und Nebenwirkungen. Aber ein Krückstock ist es schon. Solange es ohne geht, ist ja besser.
Es freut mich, dass es Dir unter Trevilor besser geht und Du nicht aufgegeben hast. Ich versuch Dir nachzumachen.
Ich habe da ja auch noch Hoffnung, dass ich mit meiner Ärztin die richtige Dosis der Medikamente für mich finden.
Bin heute wieder auf Arbeit.
Die Sonne scheint hier und der Frühling kommt und da geht es mir etwas besser.
Ich sende Dir daher sonnige Grüße

Der Glückskäfer

Hallo Glückskäfer,
habe mich gefreut, dass es dir wieder besser geht.
Es ist nach der schlimmsten Phase normal, dass es immer auf und ab geht. Erfahrungsgemäß werden die guten Tage immer häufiger und die schlechten verschwinden nach und nach. Das kann schon etwas dauern. Ohne Medizin hat es bei mir beim ersten Mal 2 Jahre gedauert. Das war eine furchtbar lange Zeit.
Nur gut, dass es jetzt gute Medikamente gibt. Noch einmal möchte ich das nicht erleben.
Selbst kann man natürlich auch einiges dazu tun.
Vor allem sollte man nicht viel Zeit zum Grübeln haben, denn das bringt außer kaputten Nerven gar nichts. In so schlimmen Zeiten hat mir irgend eine körperliche Arbeit immer am besten getan.
Dir wünsche ich alles Gute und dass du bald wieder viel Positives auf der Welt entdeckst.
Liebe Grüße
staunebärin

Hallo Staunebär, hallo Glückskäfer...
das ist ja furchtbar, was Ihr alles schon hinter Euch habt.
Ich hab eine weniger schlimme Zeit der Sozialphobie hinter mir. Das war vor gut zwei Jahren. Ich war nur kurzzeitig in Therapie und hab keine Medikamente gekriegt, aber das alles war die übelste Zeit meines Lebens, keine Frage. Wenn ich im Nachhinein dran denk, seh ich mich immer auf einer Kreuzung stehen, mit Wegen in 10 Richtungen, aber alles Sackgassen. Damals hat sich der Bruder eines Bekannten von mir umgebracht und ich weiß noch, dass ich mir gedacht hab: ich kann ihn verstehen. Zu dem Zeitpunkt konnte ich wirklich verstehen, dass einem die Lust auf's Leben durchwegs vergehen kann.
Allerdings bin ich überzeugte Christin und ich hab schon deshalb nicht ernsthaft mit dem Gedanken gespielt mich umzubringen. Ich glaub dran, dass Gott mich geschaffen hat und dass er mich hier haben wollte, auch wenn mir nicht zu jeder Zeit klar ist, warum. Ich hab mir damals gedacht: Was will er mit einer Versagerin wie mir? Was soll denn eine wie ich in der Welt für einen Sinn haben? Was bitteschön soll denn eine wie ich in der Welt bewirken, wo ich doch schon die Krise krieg, wenn ich bei Aldi an der Kasse steh und mein Kleingeld nicht sofort parat hab? Wer kann denn so jemandem verübeln, dass ihm bei dieser Perspektivenlosigkeit und bei diesem durchwegs negativen Selbstkonzept die Lust auf's Leben vergeht?
Und ich hab früher wirklich IMMER das beste aus meinem Leben rausgeholt, alles mitgenommen, Spaß gehabt wo's nur ging. Ich war einfach so ein Spielkind und ich konnt nicht verstehen, wieso andere Menschen das Leben so unnötig ernst nehmen. Jesus hat doch gesagt, er ist gekommen, damit wir das Leben in Fülle haben. Wieso sehen die Menschen um mich rum diese Fülle einfach nicht? Wieso machen sie sich so viele scheinbar destruktive Gedanken?
Durch diese grundlegende Lebenskrise (die diese Sozialphobie-Reizdarm-Zeit für mich darstellte) bin ich ein reiferer, reflektierterer Mensch geworden. Mir gehts wieder fast ganz gut und ich kann wieder jede Menge Spaß am Leben haben. Es ist nur so, dass ich dabei manchmal so eine tiefe Dankbarkeit und Freude empfind, dass ich das Leben einfach um des Lebens willen zu schätzen weiß. Insofern bin ich Gott unheimlich dankbar für die schlimmste Zeit meines Lebens.
Er hat nicht weniger mit mir vor als mit den gesunden Menschen, sondern mehr. Das war eine harte Schule, aber mein Leben ist um so viel intensiver als zuvor.
Das wünsch ich Euch allen auch!! Das mit der Angst ist sicher eine psychische Sache. Aber psychisch kommt ja vom griechischen Psyche und das heißt einfach Seele. Lasst Euch auch auf sowas wie eine seelische, geistige Heilung ein. Hört sich jetzt abgedroschen an, aber ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich einfach keine Angst mehr haben muss, wenn ich mich auf den Gedanken einlassen kann, dass ich in Gott geborgen bin und dass nur das allein zählt. Bestätigung von den Menschen ist super, aber im Grunde ziemlich unwesentlich. Wir sollten uns nicht von Wesen einschüchtern lassen, die genauso vergänglich und schwach sind wie wir selber. Und wir sollten uns nicht mit Menschen umgeben, die unsensibel und oberflächlich sind.
Seit ich mich wieder besser fühl, geh ich solchen Menschen auch nicht mehr aus dem Weg. Aber noch vor zwei Jahren hat mich sowas durchwegs fertiggemacht, weil mir gerade die Menschen stark und souverän vorgekommen sind. Sind sie nicht. Sie sind nur noch nicht mit ihrer Tiefe in Berührung gekommen, wovor sollten sie also Angst haben?
Ich denk an Euch und würd mich freuen mal wieder was zu hören
Eure Mine




Dr. Reinhard Pichler
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