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Sagt ihr Leuten, dass sie eure Gefühle verletzt haben? Mein Therapeut will, dass ich das übe. Die Ergebnisse sind durchwachsen.
Wie ist das bei euch? Sagt ihr es? Wann?

Ich habe keine soziale Phobie. Ich weiß nicht, welches Unterforum passt.

26.03.2022 18:40 • 28.03.2022 x 1 #1


48 Antworten ↓


Ich habe es zu lange nicht gemacht und bin dadurch sehr krank geworden.

Mittlerweile achte ich besser auf mich und sage auch mal Stopp oder was mich verletzt hat.

A


Gefühle verletzt - wie sagt man das richtig?

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Nein. Aber ich stehe auch noch vor meiner Therapie (nächste Woche gehts los) und will das gerne lernen bzw. allgemein mehr über meine Gefühle sprechen zu können. Ich glaube, das kann hilfreich sein, weil das meist vom anderen doch auch erst verstanden wird, wenn man es klar sagt.
Wünsche dir viel Erfolg.

Doch ich finde man sollte es ansprechen,sonst kommt es immer wieder zu Missverständnissen

Zitat von Grace_99:
Ich habe es zu lange nicht gemacht und bin dadurch sehr krank geworden. Mittlerweile achte ich besser auf mich und sage auch mal Stopp oder was mich verletzt hat.


Wie sind denn die Reaktionen?

Zitat von Mondfuchs:
Nein. Aber ich stehe auch noch vor meiner Therapie (nächste Woche gehts los) und will das gerne lernen bzw. allgemein mehr über meine Gefühle sprechen zu können. Ich glaube, das kann hilfreich sein, weil das meist vom anderen doch auch erst verstanden wird, wenn man es klar sagt. Wünsche dir viel Erfolg.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Therapie.

Ich halte es auch für wichtig, dass man Leuten eine Rückmeldung zu ihrem Verhalten gibt, wenn man durch dieses verletzt wurde/wird.

Und ich glaube, dass das Wie dabei auch ganz entscheidend ist. Es ist sehr situationsabhängig, es hängt u.a. davon ab, was man genau von der anderen Person erwartet, in welcher Art von Beziehung man zu dieser Person steht, ob das regelmäßig vorkommt, gelegentlich vorkommt oder Ausrutscher sind, ob derjenige absichtlich verletzt oder aus Versehen/ Unwissenheit...

In vielen Situationen halte ich Ich-Botschaften für das geeignete Mittel der Wahl, also statt zu sagen Du hast mich verletzt, als Du dieses/jenes gesagt/getan hast (also die klassische Du-Pistole) lieber zu sagen
Ich habe mich so und so gefühlt, als Du dieses/jenes gesagt/getan hast. oder In mir hat das diese/jene Gefühle ausgelöst, als Du dieses/jenes gesagt/getan hast. (Ich-Botschaft)

Es klingt nach einem kleinen Unterschied, kann aber in der Kommunikation einen großen Unterschied machen. In der Variante mit der Ich-Botschaft kommuniziert man klar, was in einem selber passiert, macht dem Gegenüber also auch klar, dass man über die eigene Gefühlswelt spricht, für die man ja auch eine Eigenverantwortung hat, und dass man nicht zwangsläufig eine Schuld beim Gegenüber sieht.

Das wäre also eine de-eskalatorische Art der Gesprächsführung, die auf eine Lösung abzielt und den Wunsch impliziert, dass man die Beziehung grundsätzlich erhalten und verbessern möchte.

Es kann natürlich auch Situationen geben, wo es auch mal nötig sein kann, einem grundsätzlich wenig selbstreflektierten Gegenüber einmal eine klarere Ansage zu machen, wenn diese Person sich trotz aller Bemühungen unsererseits immer wieder so verhält und keinerlei Veränderungsbereitschaft erkennen lässt.

Es hängt also ein bisschen von dem Ziel ab, mit dem man in die Kommunikation geht. Es gibt ja so ein Interaktions-Dreieck, bestehend aus Ziel, Beziehung und Selbstachtung, das in jeder Interaktion eine Rolle spielt. In jeder Interaktion sind also meist alles drei Aspekte irgendwie beteiligt, aber einer steht meist im Vordergrund.
(Oder: Je klarer mir bewusst ist, welches mein kommunikatives Ziel in der Interaktion ist, umso besser kann ich mich darauf einstellen). Möchte ich also eher mit einem Beziehungs-Ziel in die Interaktion gehen, wähle ich meine Worte vorsichtiger als wenn die Selbstachtung im Vordergrund steht, man also dem anderen eine klare Grenze kommunizieren möchte und diese Grenze gerade wichtiger als die Beziehung ist.

Bei ganz vielen Menschen ist es ja so, dass sie die Beziehung nicht gefährden wollen und so immer auf den Selbstachtungsaspekt in der Kommunikation verzichten. Das kann aber auf Dauer die Beziehung auch gefährden.

Ich bin also für freundlich formulierte, aber klare Worte. Früher konnte ich das auch überhaupt nicht, ich habe es in monatelanger Gruppentherapie zu diesem Thema lernen müssen. Aber inzwischen klappt es schon etwas besser.
Und ich merke auch, dass auch meine Gegenüber es zu schätzen wissen, wenn sie klar wissen, was ich empfinde, das macht es auch für sie einfacher, denn dann sind nicht immer diese Zwischentöne mit im Raum.

LG Silver

Du kennst doch Friedrich v0n Thun mit den 4-Seiten-Modell (oder 4 Ohren)?

Wenn du auf der Beziehungsseite verletzt worden bist, versuche es auf die Sachebene zu heben und von da aus anzusprechen, wenn es von da auch negativ gesehen wird.

@Frittensauce
Zitat von Frittensauce:
Sagt ihr Leuten, dass sie eure Gefühle verletzt haben?

Ja, aber nur wenn es kein Narzisst ist.

Zitat von silverleaf:
Ich halte es auch für wichtig, dass man Leuten eine Rückmeldung zu ihrem Verhalten gibt, wenn man durch dieses verletzt wurde/wird. Und ich glaube, dass das Wie dabei auch ganz entscheidend ist. Es ist sehr situationsabhängig, es hängt u.a. davon ab, was man genau von der anderen Person erwartet, in ...

Vielen Dank für den Aspekt. Ich glaube, dass mein Therapeut das auch erwähnte. Ich habe es jedoch leider nicht immer beachtet. Dies fällt mir jetzt auf. Da Deutsch nicht meine Muttersprache ist, übersehe ich manchmal diese sprachlichen Feinheiten.

In welchen Situationen erwähnst du es? Nur bei Freunden und Familie oder zum Beispiel auch bei Arbeitskollegen?

Das Modell von Schulz von Thun finde ich auch sehr hilfreich. Es erklärt imho ziemlich gut, woran Kommunikation manchmal hakt, gerade wenn Ebenen vermischt werden bzw. die beteiligten Kommunikationspartner nicht auf der gleichen Ebene kommunizieren.

Eine klassische Situation wäre die Konfusion von Sach- und Beziehungsebene.
Ein Gesprächspartner macht eine Äußerung auf Sachebene, wie z.B. Wir sollten Brot kaufen gehen.
Der andere Gesprächspartner versteht es aber auf Beziehungsebene, sieht es als Vorwurf und ist verletzt, Warum hast Du schon wieder nicht an Brot gedacht? Warum kaufst Du nie Brot? Du bist immer so unzuverlässig ... und schon kommt es zum Streit.

Es kann daher durchaus hilfreich sein, stets genau zu schauen oder auch ganz konkret nachzufragen, was genau jemand mit einer Äußerung tatsächlich ausdrücken wollte.
Was beim Empfänger ankommt, ist ja nicht immer das, was der Sender ausdrücken wollte.

Und dabei geht es jetzt nicht darum, verletzende Äußerungen eines anderen zu entschuldigen o.ä., es geht nur darum, hinzusehen, ob eine Verletzung auch als solche gemeint war.

Und wenn sie es war, sollte man sich deutlich dagegen positionieren und seine Grenzen klar kommunizieren.

LG Silver

Sorry, zeitliche Überschneidung, auf Deine Frage
Zitat von Frittensauce:
In welchen Situationen erwähnst du es? Nur bei Freunden und Familie oder zum Beispiel auch bei Arbeitskollegen?

antworte ich Dir gleich .

LG Silver

Zitat von Salzarina:
Du kennst doch Friedrich v0n Thun mit den 4-Seiten-Modell (oder 4 Ohren)? Wenn du auf der Beziehungsseite verletzt worden bist, versuche es auf die Sachebene zu heben und von da aus anzusprechen, wenn es von da auch negativ gesehen wird.


Ist es das mit der grünen Ampel? Ich kenne es, aber ich finde es kompliziert. Wie macht man das? Könnt ihr mir bei vier Situationen helfen?

Ich bin Libanese. Ein Arbeitskollege sprach abwertend über kriminelle Libanesenclans. Ich habe mir vorgenommen beim nächsten Mal etwas zu sagen.

Manchmal sagen Leute in einem Internetforum Sachen, die mich verletzen, weil sie direkt sehr persönlich urteilen ohne mich zu kennen.

Mein Vater nennt mich immer Schatzi, obwohl ich es hasse.

Manchmal glaube ich, dass manche Leute mich abschätzig mustern. Jedoch weiß ich nicht, ob ich es mir einrede.

Zitat von Frittensauce:
Ist es das mit der grünen Ampel? Ich kenne es, aber ich finde es kompliziert. Wie macht man das? Könnt ihr mir bei vier Situationen helfen? Ich bin Libanese. Ein Arbeitskollege sprach abwertend über kriminelle Libanesenclans. Ich habe mir vorgenommen beim nächsten Mal etwas zu sagen. Manchmal sagen Leute in einem ...

Ja, es ist das mit der grünen Ampel

Also auf deine Beispiele bezogen, kann ich das nicht anwenden. Aber bei der Ampel reicht es oft ja schon, wenn da der andere drauf hinweist, und man es sachlich als Info sieht und losfährt. Ohne sich auf deshalb verletzt zu fühlen (Beziehungsebene)....

Zitat von Frittensauce:
Ich bin Libanese. Ein Arbeitskollege sprach abwertend über kriminelle Libanesenclans. Ich habe mir vorgenommen beim nächsten Mal etwas zu sagen.


Hm, also vielleicht so: Wenn das mit den Libanesenclans als Beispiel eine Tatsache aus den Nachrichten ist, so kannst du es als Sachinformation ansehen. Es hat nichts mit dir zu tun!

Nur wenn du es im Kontext der Arbeitsbeziehung so deutest, dass er dich mit denen in einen Topf wirft, fühlst du dich natürlich angegriffen. Dann könntest ihn fragen, ob er dich mit denen in den Topf werfen möchte oder ob er sich nur mit dir über die Clans unterhalten möchte....Und ihm dann z B. sagen, dass du dich über das Thema nicht unterhalten magst.

Zitat von Frittensauce:
In welchen Situationen erwähnst du es? Nur bei Freunden und Familie oder zum Beispiel auch bei Arbeitskollegen?

Durch meine ängstlich-vermeidende PS fällt es mir besonders schwer, es bei Freunden und Familie zu tun. Als ich noch gearbeitet habe, habe ich es dort mit der Zeit gelernt, klare Grenzen zu ziehen, bei Arbeitskollegen ging es irgendwann.
Privat fällt es mir noch immer schwer, dies zu tun, aber ich lerne es Stück für Stück.

Es hat mir sehr geholfen, zu beobachten, dass Menschen tatsächlich auch positiv auf Rückmeldungen von mir reagiert haben, wenn ich kommuniziert habe, was ihre Worte in mir auslösen. Zum Teil waren die auch sehr überrascht, was ich aus ihren Worte herausgehört habe, was wirklich oftmals nicht so gemeint war. Mein Therapeut hat das ganz intensiv mit mir trainiert, er hat mir etwas gesagt und ich sollte ihm dann sagen, was ich gehört hatte. War für mich sehr interessant zu sehen, wie mein Gehirn bestimmte Botschaften gehört/verarbeitet hat.

Was auch geholfen hat: Training. Ich habe tatsächlich sehr, sehr lange geübt. In Einzel- und Gruppentherapie immer wieder kleine Rollenspiele gemacht. Dabei konnte ich merken, wie es mit der Übung einfacher wurde, meine Position zu vertreten.
Und dass es mir geholfen hat, mir im Vorfeld zu überlegen, was genau ich kommunizieren möchte, um mich von meinen Gegenüber nicht aus der Fassung bringen zu lassen, sondern immer wieder zum Thema zurückzukommen, das ich ansprechen möchte.

Und mir klarzumachen, dass ich in der Kommunikation sehr in der Beziehungsecke festsitze und diese auch mal verlassen muss. Dass ich nicht immer die Ziel- und die Selbstachtungsebene über Bord werfen sollte, nur um die Beziehung vermeintlich zu schützen.

Seitdem klappt es nicht immer, aber es wird mit der Zeit und der Übung besser. Seitdem ich die Mechanismen, die sich da abspielen, besser verstanden und dadurch mehr im Blick habe, fällt es mir leichter, Grenzen zu kommunizieren.

LG Silver

Zitat von Salzarina:
Hm, also vielleicht so: Wenn das mit den Libanesenclans als Beispiel eine Tatsache aus den Nachrichten ist, so kannst du es als Sachinformation ansehen. Es hat nichts mit dir zu tun! Nur wenn du es im Kontext der Arbeitsbeziehung so deutest, dass er dich mit denen in einen Topf wirft, fühlst du dich natürlich ...

Er sagt das bei einer Diskussion über Politik und Verbrechen, privat, mehrmals. Nicht konkret zu mir und nicht konkret über mich. Ich war jedoch dabei und fühlte mich sehr unwohl.
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Zitat von silverleaf:
Durch meine ängstlich-vermeidende PS fällt es mir besonders schwer, es bei Freunden und Familie zu tun. Als ich noch gearbeitet habe, habe ich es dort mit der Zeit gelernt, klare Grenzen zu ziehen, bei Arbeitskollegen ging es irgendwann. Privat fällt es mir noch immer schwer, dies zu tun, aber ich lerne es Stück ...


Ist es dir auch mal passiert, dass jemand es lächerlich fand, dass du das so klar kommunizierst hast oder beleidigt war?

Schulz von Thun sagt, dass jede Aussage immer 4 Komponenten hat/haben kann: eine Sachinformation (etwas, worüber man einfach nur informieren möchte), eine Selbstoffenbarung (etwas das man von sich offenlegen/zeigen möchte), einen Beziehungsaspekt (wie steht man zueinander, was hält man von dem anderen) einen Appell (man möchte, dass der andere etwas tut).

Du könntest Deinem Arbeitskollegen gegenüber also eine Selbstoffenbarung machen und ihm so etwas sagen wie: Ich bin selber Libanese und es verletzt mich, wenn Menschen abfällig über Libanesen sprechen. So wie Du über Libanesenclans sprichst, klingt es für mich so, als würde Du denken, dass alle Libanesen Kriminelle sind.

Das gibt Deinem Kollegen die Möglichkeit, das ggf. richtigzustellen, im Sinne von Ich finde alle Clan-Kriminalität schlimm, unabhängig von der Nationalität,

und Du könntest es mit der Bitte/dem Appell verbinden, abfällige Bemerkungen über Libanesen in Deiner Gegenwart zu unterlassen, weil Dich das verletzt.

LG Silver

Zitat von Mondfuchs:
Nein. Aber ich stehe auch noch vor meiner Therapie (nächste Woche gehts los) und will das gerne lernen bzw. allgemein mehr über meine Gefühle sprechen zu können. Ich glaube, das kann hilfreich sein, weil das meist vom anderen doch auch erst verstanden wird, wenn man es klar sagt. Wünsche dir viel Erfolg.


Das will ich übrigens auch. Ich bin ein Mensch mit vielen Gefühlen und habe oft Angst davor, andere meine Gefühle als übertrieben empfinden. Das ist mir schon passiert.

A


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