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Liebe Leute,
ich bin vor ein paar Jahren Überfallen worden.
Ich kam von einer Weihnachtsfeier und wollte mir am Bahnhof eine Taxe nehmen.
Es war gegen Mitternacht und die Strassen schon leer. Kurz vorm Bahnhof kam aus einer Seitenstrasse ein weisser Golf angeprescht und hielt auf meiner Höhe. Vier Männer sprangen raus und umstellten mich. Der eine, der auf mich einschlug, hatte eine Pistole in der Hand. Alles ging so schnell. Als ich zu mir kam lag ich im Schnee an einer Hauswand und der Notarztwagen war schon da. Rettungsstelle und so weiter. Hatte Platzwunden am Kopf und die Augen zugequollen. Habe da ziemlich was auf die Lichter bekommen.
Dachte das erstmal gut verarbeitet zu haben, ( man ist ja ein Kerl, und da gibts schonmal auf die Fresse...) und gut ist. Konnte aber nach zwei Monaten meine Umschulung nicht mehr weiterführen und wusste nicht mehr was los war mit mir, und war drei Monate Stationär in Therapie. Die Täter wurden nie gefasst. Trotzdem habe ich nie vermieden da nicht mehr langzugehen weil ich dachte es abgehakt zu haben.
Wenn ich an die Tat denke, sehe ich sie jetzt wie ein unbeteiligter, wie ein Film.
Aber die Grundangst bleibt und ging nie wieder weg. Aber, Mensch, viele erleben Gewalt und ich bin ja gut davongekommen! Habe ja schon einiges an Gewalt durch, Kinderheim mit Selbsterziehung und Sexualisierte Gewalt, und habe das auch überlebt.

Meine Ängste beziehen sich auf Menschen. Allerdings nur auf gewisse Typen. Ich nenne sie die Bauarbeitertypen (Sorry Bauarbeiter !)
Rauh, Direkt und nicht gerade zimperlich.
Mit Frauen und Intellektuellen Männern kann ich gut umgehen. Ich frage mich ob da ein zusammenhang besteht. Habe ich zu viel abgespalten, will ich zuviel nicht wahrhaben ? Und woher kommen die Schuldgefühle ? Warum reagiere ich so ?

Danke fürs lesen und vielleich hat ja jemand ähnliches Erlebt und kann mir helfen damit umzugehen ?

LG Robinson...

18.12.2016 00:45 • 18.12.2016 #1


5 Antworten ↓


Das tut mir sehr leid lieber Robinson...hoffe du hast trotzdem einen schönen 4ten Advent...

Grüßle
Melanie

A


Der Überfall damals - und ich heute

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Zitat von Robinson:
Habe ich zu viel abgespalten, will ich zuviel nicht wahrhaben ? Und woher kommen die Schuldgefühle ? Warum reagiere ich so ?

Hallo Robinson,
Die Schuldgefühle haben viele, die solche Gewalt wie z.B. einen Überfall von Fremden, aber auch vergewaltigte Opfer, erleben. Es ist die Frage, ob man nicht genug getan hat, sich zu wehren. Man war zur falschen Zeit am falschen Ort und wenn ein anderer da gewesen wäre, wäre ein anderer überfallen worden. Die erlebte fremde Übermacht über sich selbst, kann sich niemand vorstellen, der das nicht schon mitgemacht hat oder direkt jemanden nach solchen Taten erlebt.
Du hast alles richtig gemacht @Robinson - du hast überlebt.

Du hast ebenfalls diese Erfahrung lange verdrängt und tust es schlußendlich immer noch. Wahrscheinlich wünscht man sich, es ungeschehen zu machen und sein Leben vor dieser Erfahrung zurück. Man wird auch mit Gewalt bestimmte Typen lebenslang verbinden und so kommt es, daß du eine Abneigung gegen eine bestimmt Sorte Menschen hast. Du hast dich aber gut eingerichtet, denn du erkennst sehr wohl, welche Menschen dir gut tun. Das hört sich komisch an, aber es hätte auch schlimmer kommen können und du könntest einen Kontaktabbruch zur gesamten Gesellschaft vornehmen, abstürzen und niemanden an dich heran lassen. Das tust du nicht und dafür du bist stark.

Weihnachten hat für dich die Erinnerung an diese Gewalterfahrung und wahrscheinlich wirst du dich dem nicht entziehen können, so wie für mich Weihnachten mit dem Tod meines Vaters belastet ist, der mein einziger und bester Freund war. Der Vergleich hinkt, es ist auch kein Vergleich, er soll eher verdeutlichen, daß Weihnachten belastet ist und das wird niemals mehr anders werden.

Grüße

Ich will das Schlagwort posttraumatische Belastungsstörung in die Runde werfen.


Ich denke, die Schuldgefühle kommen aus der resultierende Traumatisierung.
Man fühlt sich schuldig, weil man ohnmächtig war und dafür gibt man sich die Schuld.


Mein Beileid

Ich denke, Opfer gewesen zu sein, ist das, was am schlimmsten in uns feststecken kann.

Ohnmacht, Todesangst und Gewalt, das haut jeden die Beine unterm Boden weg.

Ich war als Jugendliche sexueller Gewalt ausgesetzt, ich hab damals ewig gebraucht überhaupt realisieren zu können, was da gerade mit mir passiert. Konnte das niemand erzählen, wegen der Scham.

Ja, Schuld und die Scham, kein Wunder, wenn man da irre wird.

@Reenchen

Zitat:
...aber es hätte auch schlimmer kommen können und du könntest einen Kontaktabbruch zur gesamten Gesellschaft vornehmen, abstürzen und niemanden an dich heran lassen.


Mehr oder weniger habe ich den Kontakt ja abgebrochen. Alles was danach an Kontakt mit Menschen kam, war immens Stressbelastet.
Du musst dir mich so vorstellen: ich war ein naiver Träumer, nicht weltfremd aber durch Entbehrungen der Zuwendung der Illusion verfallen, nein, dem Wunsch verfallen, der Mensch sei einseitig gut.
Mein Überlebenskonzept war Überangepasste Harmoniesucht. Ich habe Menschen oft Idealisiert, besonders Frauen, weil mir deren Emotionale Zuwendung wichtiger war als selbstbestimmtes Handeln. Im Grunde suche ich, mit 52 Jahren immer noch die Liebe meiner Mutter.
Ich war, ein Netter Kerl, Jim Carry in Truman Show ähnlich.
Durch dieses Verhalten bin ich manipulierbar gewesen, und war so Blind es oft nicht wissen zu wollen.
Heute bin ich ein zutiefst misstrauischer Mensch. Ein Schwenk ind Gegenteil. Und das ist auch Ungesund.
Der Überfall war ja nur Ein Highlight in einer Kette von vielen Microtraumen im Leben.
Aber es fällt mir heute noch schwer, anzuerkennen wo meine Grenzen eingerissen worden, und Wut darüber zu entwickeln. Oder besser, die Wut schwelt innerlich, aber ich darf sie nicht rauslassen, weil ich es nicht darf. Nichts ist schlimmer als dann dieses Verlassenheitsgefühl danach. Und die Schuldgefühle aus der Vorstellung nicht wütend sein zu dürfen.
Ich komme immer wieder auf das Verhältniss zu meiner Mutter zurück. Ich konnte nicht Anprangern was alles passiert ist, ohne den einzigen Bezug auch noch zu verlieren. So verteidige ich noch ihr Verhalten innerlich und tu das mit jeden Aggressor.

Danke für eure Kommentare...

Robinson...




Dr. Reinhard Pichler
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