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Hallo liebes Forum,

am besten stelle ich mich erst einmal vor: ich bin 20 Jahre alt, weiblich und zurzeit leider arbeitsunfähig aufgrund eines Bandscheibenvorfalls.
Diesen Bandscheibenvorfall habe ich mir während meines 6 monatigen Auslandsaufenthalts zugezogen, wobei er erst erkannt wurde, als ich wieder in Deutschland war. Die Reha fängt jetzt zum Glück bald an.
Zu meiner Angst: Ich habe Redeangst und das jetzt bestimmt schon seit 5 Jahren. Den Auslöser weiß ich nicht genau, ich könnte mir da 1/2 Situationen vorstellen. Es belastet mich sooo sehr. Bei guten Freunden und meiner Familie hab ich kein Problem. Ich hab da irgendwie so zwei Seiten, die eine ohne und die eine mit Selbstbewusstsein. Kritik trifft mich immer sehr und generell bin ich auch sehr sensibel, was ich aber kaum jemandem zeige. Ich habe mich 2 Freunden anvertraut, aber meiner Familie kann ich es absolut nicht sagen, da würde ich aus meiner Sicht mein Gesicht verlieren. Psychotherapeuten hab ich auch schon 2 angerufen (das war schon ein großer Schritt für mich), aber ich werde nicht zurück gerufen.
Und jetzt ist es so, dass ich seit über 2 Jahren mein Abi habe und immer noch nicht weiß was ich werden will. Ich hab ein Studium angefangen und abgebrochen (was mir sehr schwer fiel, weil ich es unbedingt durchziehen wollte), ein Praktikum gemacht (was mir auch nicht gefallen hat) und dann jetzt das halbe Jahr ins Ausland gegangen und dort gearbeitet. Dieses halbe Jahr war wirklich wunderschön und ich bin persönlich so gewachsen. Ich hatte da auch das Gefühl, dass ich weiß was ich will (Richtung Ernährung/ökol. Landwirtschaft). Das alles ist aber jetzt irgendwie wieder weg. Wahrscheinlich auch, weil ich jetzt so lange schon zu Hause bin und schmerzbedingt nicht wirklich was tun kann. Was mir außerdem aufgefallen ist, ist, dass ich sehr schnell gelangweilt bin von Dingen, aber trotzdem immer sehr experimentierfreudig bin und habe immer Lust neue Dinge auszuprobieren. Daraus folgt dann irgendwie, dass ich immer ganz viel anfange, aber dann irgendwann so unmotiviert bin und es teilweise nicht zu Ende mache, weil ich es nicht mehr spannend finde. Beruflich hab ich den Anspruch an mich etwas zu schaffen, was die Welt ein Stück besser macht.
Und langsam bekomme ich natürlich auch von zu Hause Druck mal etwas anzufangen. Das will ich ja auch. Aber es ging jetzt erstmal nicht wegen des Bandscheibenvorfalls (konnte nichtmal 5 Minuten schmerzfrei sitzen). Eine Überlegung war Lehrer (man arbeitet mit Menschen, kann etwas bei ihnen erreichen, das fand ich gut) zu werden , aber wegen der Redeangst hab ich natürlich starke Zweifel ob das klappt, das wäre ja eine sehr krasse Konfrontationstherapie. Und dann zieht mich die Sache mit dem Bandscheibenvorfall auch wieder runter, weil ich nicht weiß, ob meine Schmerzen je irgendwann wieder weg gehen und ich vor allem mich frage warum ich diesen Vorfall überhaupt bekommen habe (Beschwerden seit 6 Monaten) und da muss ich auch gucken, dass ich meinen Beruf darauf abstimme. Ich drehe mich da in einem Kreis aus Angst, Traurigkeit und Wut. Ich hab manchmal einfach das Gefühl mir fehlt ein Charakter. Ich weiß gar nicht wer ich bin. Ich fühle mich nicht wertvoll bzw sehe nicht, dass ich etwas besonderes kann. Eigentlich bin ich ein sehr positiver und auch ehrgeiziger Mensch, aber langsam weiß ich nicht weiter. Da funken mir diese negativen Stimmen immer wieder dazwischen. Und ich hab auch gar keinen Überblick mehr womit ich bei diesem ganzen Problemsystem anfangen soll.
Was würdet ihr denn machen? Würdet ihr mir davon abraten Lehrer zu werden?

Vielen Dank schon mal und entschuldigt diese Wand von Text

12.12.2016 17:30 • 14.12.2016 #1


8 Antworten ↓


...hallo rosa wolke....

Du schilderst meine Gedanken. Ich kann dir nur den Rat geben und dich so lange gegen eine Therapie zu wehren wie ich es getan habe und es schleunigst angehen. Hatte zwar keinen BSV und habe keine Redeangst, der Rest ist mir allzu gut bekannt und mittlerweile bin ich 34 ohne dass sich diesbezüglich etwas verändert hätte.

Therapie kann da ein Schlüssel sein, am besten gleich stationär um auch in Gruppen deine Redeangst bearbeiten zu können.

Gute Besserung

A


Berufswahl und Redeangst

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Hallo Namb,
danke für deine Antwort! Machst du denn schon Fortschritte in deiner Therapie, also merkst du, dass es dir hilft?
Und ja stationär...Dann würde ja jeder merken, dass ich irgendwas hab. Das könnte ich nicht.
Ich würde eine Psychotherapie anfangen, aber wie gesagt, ich werde nicht zurück gerufen..

Stationär bringt einfach deutlich mehr. Fast jeder Mensch hat was, nur gesteht es sich nicht jeder ein. Die Frequenz ambulant, gerade in einer akutsituation, ist einfach viel zu niedrig. Du brauchst dich für nichts zu schämen. Ja, bringt was, erwarte aber keine Wunder und lass dich von den Wartezeiten nicht ernüchtern oder runterziehen. Kannst mir auch gern pm schreiben

Zitat von rosa_wolke:
Eine Überlegung war Lehrer (man arbeitet mit Menschen, kann etwas bei ihnen erreichen, das fand ich gut) zu werden , aber wegen der Redeangst hab ich natürlich starke Zweifel ob das klappt, das wäre ja eine sehr krasse Konfrontationstherapie.


Mach das bloß nicht. Diesen Fehler habe ich begangen und es war die Hölle. Ich dachte auch, dass mit der Übung die Angst weggeht, aber dem war nicht so. Ich habe 20 Jahre durchgehalten und es wurde immer schlimmer, bis ich mehrere Zusammenbrüche mit längeren Krankschreibungen, mehreren Therapien und Klinikaufenthalt hatte. Schließlich habe ich den Entschluss gefasst, den aktiven Lehrerberuf aufzugeben. Ich arbeite jetzt am Bildungsministerium und mache reine Verwaltungstätigkeit und seitdem geht es mir psychisch hervorragend.
Allerdings muss ich hinzufügen, dass es bei mir nicht nur Redeangst allein war sondern auch die Angst, der Boss zu sein, im Mittelpunkt zu stehen, Anweisungen zu geben, auf die Schüler und Eltern zuzugehen u.ä. Meine Diagnosen sind soziale Phobie und ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung.

Es gibt viele Kreative Berufe wo reden nicht so wichtig ist...ich kann auch nicht so mit vielen Menschen habe es trotzdem ausprobiert war trotzdem nix...der Stresspegel zu hoch...also bleibe ich kreativ und widme mich weniger Menschen und habe dadurch so gesehen Erholungspausen...vielleicht mal eher an Berufe denken wo man kreativ werden kann...du musst ja keine Frisörin werden oder Lehrerin...Bin auch eher schüchtern...Redeangst fing bei mir erst nach dem Mobbing an in der Schule damals...mit einem Banscheibenvorfall wirds eh anders...vielleicht ist ja Bürokauffrau was für dich...mach Praktikas mit ner ambulanten Therapie nebenher...so habe ich es in deinem Alter gemacht und konnte schauen was ich aushalte und was nicht, und das hat gut bei mir funktioniert...

Grüßle
Melanie

Zitat von rosa_wolke:
Hallo Namb,

Ich würde eine Psychotherapie anfangen, aber wie gesagt, ich werde nicht zurück gerufen..
Auch wenn du bisher nicht zurück gerufen wurdest, würde ich nach einer Weile noch mal nachfragen ob eine Therapie möglich ist.

Vielen Dank für eure Antworten!

@Schlaflose hattest du denn schon mal eine Therapie speziell wegen deiner Redeangst gemacht oder was für Therapien waren das? Aber das hört sich ja alles nicht so rosig an Ich bin nämlich eigentlich ein ziemlich offener Mensch und lerne auch schnell und gerne neue Leute kennen. Die Angst steht mir bei größeren Gruppen jedoch einfach total im Weg. Wie du ja auch schreibst, vielleicht war es alles für dich nur so schlimm weil du halt die Phobie und die Persönlichkeitsstörung hast. Würdest du dich privat denn trotzdem als offenen und kontaktfreudigen Menschen bezeichnen ?
Da bleibt mir jetzt ein mulmiges Gefühl, wenn du sagst, dass es während der Zeit mit der Angst nicht besser geworden ist...

@MissPanicRoom ja Praktika werde ich wohl machen...wobei ich ja auch echt was gegen die Angst machen will und mir nicht von ihr manche Berufe 'verbieten' lassen will.

@klSchnecke Ja, das werde ich auch machen. Und auch noch bei anderen Therapeuten anrufen.

Therapien hatte ich hauptsächlich wegen meinen extremen Schlafstörungen, die aber die Folge davon waren, dass ich micht täglich dazu zwang, mich trotz Angst vor die Klassen zu stellen. Meine Diagnosen bekam ich erst nach und nach. Therapie direkt gegen die Redeangst hatte ich nicht, denn ich habe ja immer vor den Klassen geredet und das auch noch in Englisch und Französisch (ich habe am Gymnasium unterrichtet) und es ging auch. Nur war es immer ein absoluter Kraftakt, sich täglich dazu zu überwinden. Und noch schlimmer waren Elternabende oder bei Konferenzen vor den Kollegen etwas zu sagen.
Zitat von rosa_wolke:
Würdest du dich privat denn trotzdem als offenen und kontaktfreudigen Menschen bezeichnen ?

Beileibe nicht In kleinem Kreis, mit Leuten, die ich schon gut kenne, bin ich schon relativ offen, aber viel reden tue ich nie.





Dr. Reinhard Pichler
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