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Zitat von Maarten:
20 Jahre durchgehalten? Respekt! Was war für dich am schlimmsten?

Am schlimmsten war die Disziplinlosigkeit und der fehlende Respekt gegenüber Lehrern bei vielen Schülern und die Hilflosigkeit, die ich dabei gefühlt habe. In der heutigen Zeit bekommen viele Kinder von ihrem Eltern überhaupt keine Erziehung und überlassen alles der Schule. Auf der anderen Seite erlauben sie es einem aber auch nicht, Maßnahmen zu ergreifen, dann rennen sie sofort zum Schulleiter und beschweren sich.
Ich habe an einem Gymnasium unterrichtet und selbst da spielt der fachliche Unterricht kaum noch eine Rolle, es geht in erster Linie um den Umgang mit den Schülern. Fachlich war ich gut, da hatte ich keine Zweifel an mir. Ich war sowohl an der Uni als auch im Referendariat unter den Besten.

Dieses Wochenende kostet mein Buch nur 99 Cent bei Amazon.de. Titel: Herr Lehrer, haben Sie Angst vor mir.
Eine mit mir befreundete Lektorin hat die Deutschfehler rausgeholt. Die Dialogen sind echt. Auch der Streit mit den Schülern. Nur Namen und Personenbeschreibungen habe ich geändert. Aber meine Schüler würden sich gleich wiedererkennen.
Was du erzählt Schlaflose hat der Klassenlehrer meines Sohnes auch erzählt. Man kann die Schüler nicht mal vor der Tür setzen. Er hat deswegen einmal einen Klassenfahrt ausfallen lassen, weil er den Schülern nicht im Griff hatte, und keine Verantwortung nehmen wollten. Ich fühle mich auch sehr oft ein Schießbudenfigur. Wehrlos und angreifbar. Ein meiner Kollegen schießt einfach zurück. Aber das kann ich nicht. Dafür bin ich zu höflich. ich habe ein guter Tipp vom Lehrerforum bekommen: Verlasse die Klasse mit den Schülern die lernen wollen. Habe ich einmal gemacht, und damit waren mein Teamleiter nicht sehr glücklich. Viele Kollegen erwarten auch das ich meine Schüler erziehe oder einschüchter mit Angst für Noten und Prüfungen und bloßstellen vor der Klasse. Ich kann das nicht, möchte dass auch nicht.

Maarten

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Beruf Lehrer mit sozialer Phobie

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Zitat von Maarten:
ich habe ein guter Tipp vom Lehrerforum bekommen: Verlasse die Klasse mit den Schülern die lernen wollen.


Das darf man nicht. Das ist Verletzung der Aufsichtspflicht. Da würden am nächsten Morgen, wenn nicht noch am gleichen Tag die Eltern beim Schulleiter vor der Tür stehen.
Man hat zumindest als Lehrer in der Sek I und II wenig Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Es geht entweder nur mit großer Strenge und Konsequenz oder indem man das Vertrauen der Schüler gewinnt, was aber nur geht, wenn man sich auf emotionaler Ebene auf sie einlässt, sich um ihre Probleme und ihr Seelenleben kümmert usw. Da bleibt aber erstens nicht mehr viel Zeit für den Fachunterricht und zweitens wird man völlig vereinnahmt und hat kein Privatleben mehr.
Mein Therapeut hat mir erzählt, dass er einen anderen Patienten hatte, der Lehrer ist und der ein Burnout hatte, weil er nur noch für die Schule und seine Schüler gelebt hat.

Meine Schüler haben auch viele Probleme: Schulden, gewalttätige Ehemänner, Probleme mit Kindern, Krankheiten.
Ich spüre und sehe die Probleme. Ich spüre auch deren Bedürfnisse mit jemandem zu reden. Aber mit ungefähr zwanzig Schüler pro Klasse, hat man dafür keine Zeit. Man muss auch noch unterrichten, und Unterricht vorbereiten. Mir tut es auch in der Seele weh, das ich nicht auch noch Seelsorger sein kann, weil keinen anderen für sie da ist. Ich versuche sie dazu zu bringen sich gegenseitig zu unterstützen. Wenn sie das tun, hätten sie es auch ohne meine Aufforderung getan. Das einzige was ich tun kann: Ich versuche sie gegenüber Wertschätzung zu zeigen. Ich lobe sie. Ich weise sie auf ihren Stärken hin. Sie sind nicht oft gelobt worden, und haben ein noch schlechteres Selbstbild als ich. Und manchmal macht es mir auch wütend, das meine Freundlichkeit mit Respektlosigkeit beantwortet wird. Nicht weil sie Freundlichkeit als Schwäche auslegen. Aber weil sie nie gelernt haben anderen mit Respekt zu behandeln. Und sie es genießen nicht immer Opfer, aber auch mal Täter zu sein.
Und sie haben auch eine sehr starke innere Unruhe. Ich glaube wir sollten in kleineren Gruppen unterrichten. 6-7
Schüler pro Klasse. Das wäre effektiver und man könnte dann auch noch erzieherisch tätig sein. Wie kann man das schaffen als Grundschullehrer oder Gymnasiallehrer mit dergleichen überfüllten Klassen? Jetzt wo ich Lehrer bin, habe ich mich auch oft gefragt wie Eltern von 7-8 Kinder (nicht unüblich in Süd-Holland) ihre Kinder erziehen können und ihre Bedürfnisse erfüllen. Mir scheint das unmöglich.

Maarten

Zitat von Maarten:
Was ich möchte. Ich möchte keine Angst für meine Mitmenschen haben. Ich möchten keine Angst haben abgelehnt zu werden.

Ich verstehe das nicht: Du sagst, du hast Angst vor deinen Mitmenschen, einschließlich Schülern, siehst aber offenbar kein Problem darin,
- hier deinen realen Namen preiszugeben
- hier mit deinem realen Namen über deine intimsten Probleme zu sprechen
- über die Eigenschaften deiner Schüler, die Schule, Eltern (und vielleicht auch Kollegen?) zu sprechen - was dich arbeitsrechtlichen deinen Job kosten kann
- über die psychische und soziale Verfassung deiner Mutter zu sprechen (!), die dadurch ja ebenfalls nicht mehr anonym ist (!)
Zitat:
Ich neige übrigens auch zu Zwangsstörungen, so es wird wohl etwas in meinem Kopf sein das nicht genau stimmt.
Ich bin nicht die Einzige in meiner Familie, der so empfindet. Meine Mutter traut sich nicht mal in Geschäfte. Und ganz traurig: sie hat keine Freundinnen außer meiner Schwester und glaubt nicht mal das ihre Kinder sie aufrichtig mögen.

Du hast anscheinend noch ganz andere Probleme als deine Angst vor Menschen.

Maarten ist nicht meine reale Name. Und ich bin kein Deutscher, aber auch kein Niederländer.
Deswegen kann ich über intimste Details sprechen. Und kein Mensch aus meiner Familie oder kleinen
Bekanntenkreis weiß das ich dieses Buch geschrieben habe. Nicht mal meine Frau.

Selbstbild und Fremdbild unterscheiden sich. Wenn du mich in deinen Bücher beschreiben würde, so wie ich bin, würde ich
mich wahrscheinlich nicht wiedererkennen. Deswegen habe ich keinen Angst Menschen zu beschreiben. Dialogen habe ich
wiedergegeben wie sie waren. Weil Menschen vergessen was sie gesagt haben. Aber persönliche Details habe ich geändert.

Ich bin nicht schüchter wenn ich mich hinter einem Bildschirm verkriechen kann. Sogar sehr mutig. Ich bin es nur im direkten Kontakt mit
Menschen. Als ob mein Körper Gefahr wittert. Ich bin nur so weit, auch mit Hilfe dieses Forums, das ich denke: ich bin schüchter,
ich kann das nicht ändern, aber ich stehe einfach mal dazu. Ich schäme mich nicht mehr dafür. Wozu? Es gibt so viele schüchterne, ängstliche
Menschen, weiß ich jetzt. Und der Scham war das schlimmste. Es ist kein Problem schüchter zu sein. Es wird nur ein Problem, wenn
man sich für sich selbst schämt und sich selbst deswegen hasst.

Maarten

Also, ich bewundere Dich!

Bin selber Gymnastiklehrer und Sporttherapeut und ich weiss, wie heftig selbst einzelne Stunden mit Gruppen sein können, wenn man solche Probleme hat.

Aus dem Grund wollte ich auch nie richtiger Sportlehrer werden, obwohl ich ein paar Stärken besitze, die dafür super geeignet wären....

Am Längsten durchgehalten hab ich immer die Jobs, bei denen ich alleine vor mich hin-pröddeln konnte. Da sehe ich auch meine Zukunft.

Finde es schon SEHR beachtlich, dass Du Dich da seit 20 Jahren durchkämpfst!

Weiss bloß nicht, ob das jetzt besonders gut oder einfach nur unnötig ist ! Warum minimierst Du den Kontakt zu Menschen nicht ETWAS, wenn Du solche Probleme hast?

Völlig rausziehen bringt nix, aber ausgerechnet Lehrer mit solchen Schwierigkeiten?

Meinst du jetzt Maarten oder mich? Weil das mit den 20 Jahren, das bin ich. Wie lange Maarten das schon macht, hat er nicht geschrieben.

Zitat von Schlaflose:
Meinst du jetzt Maarten oder mich? Weil das mit den 20 Jahren, das bin ich. Wie lange Maarten das schon macht, hat er nicht geschrieben.


Oh, sorry. Ja, ich meinte ihn....

Zitat:
Maarten ist nicht meine reale Name. Und ich bin kein Deutscher, aber auch kein Niederländer.
Ah so. Stimmt, in der Buchbeschreibung steht unter Pseudonym.
Zitat von Maarten:
Und kein Mensch aus meiner Familie oder kleinen Bekanntenkreis weiß das ich dieses Buch geschrieben habe. Nicht mal meine Frau.

Dann möchte ich fragen: Herr Lehrer, haben Sie Angst vor Ihrer Frau?

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Dr. Reinhard Pichler
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