Ich bin neu hier und bin mir nicht sicher, wo das Thema genau hin gehört, also falls es hier falsch ist bitte verschiebt es. Tut mir Leid dann. ^^
Ich bin 23, weiblich und habe schreckliche Angst vor jeder Form von emotionaler Nähe, die über gewöhnliche Freundschaft hinaus geht. Das Problem begleitet mich schon seit ich zurück denken kann, es war eigentlich nie anders. Deshalb kann ich auch nicht sagen wann es begonnen hat und - was ich gerne herausfinden würde - warum ich solche Angst habe. Hier auf dieser Website aber auch an anderen Orten habe ich immer wieder gelesen, dass die Angst vor Nähe ihre Ursachen in Traumata hat, in Kindheitserlebnissen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass in meinem Leben je etwas derartiges vorgefallen wäre. Dabei müsste es doch einen Auslöser geben, der auch hinreichend schrecklich war, oder nicht?
Aber dazu einmal mehr von mir:
Ich war bereits einmal in psychischer Behandlung. Freiwillig, da ich von einem Tag auf den anderen einfach nicht mehr konnte. Mir war nicht bewusst, dass ich überhaupt traurig war, bis es eben ganz plötzlich mit einem Schlag auf mich einstürmte. Man könnte sagen: Ich ging eines Tages bei der Tür hinein und ein Ziegelstein fiel mir auf den Kopf. So in etwa war das. Danach tat einfach alles nur noch weh. Meine Diagnose war Belastungsstörung und ich ging in Behandlung, da ich selbst daran arbeiten wollte und sehr engagiert war meine Situation zu bessern. Damals war ich ca 17 Jahre alt, genau weiß ich es nicht mehr. Konkrete Gründe für meine Misere wurden keine gefunden, aber mehrere Möglichkeiten. Zu der Zeit stritten meine Eltern oft.
Obwohl ich in einem Internat wohnte kam ich jedes Wochenende nachhause und bekam natürlich alles mit. Eigentlich wachte ich jeden Morgen wegen ihrem Geschrei auf. Ich war nie Gegenstand oder gar Grund dieser Streits, doch ich hasste es dennoch. Früher hatten meine Eltern nie so gestritten, denke ich.
Ein anderer Grund war sicher die Schule einige Jahre zuvor, da war ich ca 9. Obwohl ich mich im Internat sehr wohl fühlte, von allen akzeptiert und auch meine schulische Leistung gut war, war das in den Schulen davor überhaupt nicht so gewesen. Eine Lehrerin hatte mich gehasst, ich verstehe heute noch nicht warum, aber sie mobbte mich schlimm und das griff auch auf die Klasse über. Bald wollte niemand mehr etwas mit mir zu tun haben außer um mich zu drangsalieren. Viel Geld wurde in dieser Zeit gestohlen und viel seelischer Schaden angerichtet. Meine Noten in diesem Fach waren natürlich unter aller Sau. Obwohl ich sonst recht gut war und in die nächste Klasse aufsteigen hätte dürfen, wechselte ich nach einem Jahr die Schule. Dort ging es mir besser. Ich war nicht beliebt, aber man ärgerte mich nicht mehr so schlimm. Ich dachte, darüber wäre ich hinweg gewesen, aber scheinbar doch nicht so recht, denn meine Therapeutin ging davon aus, es könne ein Grund für meine Belastungsstörung sein. Die Lehrerin hasse ich heute noch immer und wenn ich das Gefühl habe, bloßgestellt zu werden, packt mich die *beep* Angst.
Meine Behandlung verlief sehr gut, denn ich war davon überzeugt, mir würde es bald besser gehen, obwohl ich mich fühlte wie nasses, stinkendes Stück Hundedreck und nicht einmal so recht wusste wieso. Ich glaubte an mich und nach ca einem halben Jahr ging es mir wieder richtig gut; meine Therapeutin war darüber wirklich erstaunt. Und das, obwohl meine außer-schulischen Verhältnisse eigentlich schon wieder überhaupt nicht gut waren zu der Zeit, denn das war die Zeit, in der ich meine Probleme mit Nähe entdeckte.
Während ich in Behandlung war lernte ich einen netten Jungen kennen mit dem ich mich gut verstand, irgendwann so gut, dass man es Liebe nennen konnte. Bei ihm fühlte ich mich verstanden, denn wie er sehr bald nachdem er mich kennen lernte feststellte, litt auch er unter einer Belastungsstörung, die anschließend behandelt wurde. Er war meine erste Liebe und bis dato auch meine letzte. Wir quasselten, wir taten vieles gemeinsam aber obwohl ich wusste, dass er mich liebt und er mir das auch sehr deutlich machte, konnte ich ihm gegenüber nie eingestehen, dass ich das ebenfalls tat. Ich wollte nicht, dass er es weiß. Ich glaube der bloße Gedanke daran, dass er ein solches Vertrauen und eine solche /Abhängigkeit/ mir gegenüber hatte, machte mir Angst. Ich sagte ihm immer, dass ich ihn nicht lieben würde (wir hatten nie körperlichen Kontakt in keiner Form) und wir einigten uns darauf, dass man da eben nichts machen kann, dennoch konnte er nie aufhören mir gegenüber eindeutig zu sein. Ich sagte ihm ich wollte es nicht, mehrmals, doch immer flirtete er mit mir. Mir machte das rasende Angst, einerseits wollte ich nur noch weg von ihm, andererseits konnte ich nicht, da ich ihn ja liebte! öÖ Ein halbes Jahr schleppte ich mich so dahin, bis ich ihn irgendwann vor die Wahl stellte: Entweder er hört auf oder er sieht mich nie wieder. Nun, er hörte nicht auf und seither hat er mich nie wieder gesehen (Dh, ein paar Jahre später sah ich ihn mal wieder. Ich hatte immer gehofft auch er schafft es und das hat er auch, wie ich feststellte. Ihm geht es wieder gut und darüber bin ich froh, auch wenn er heute ein Ar. und ein Macho ist, ganz anders als damals. ). Ich weinte, ich fühlte mich schuldig, aber irgendwann hörte das auf und gut wars.
Meiner Psychologin habe ich von ihm nie etwas erzählt. Ich wusste, das zwar nicht alles, aber ein großer, gleicher Teil an allem meine Schuld war und schämte mich.
Meine Behandlung war vorüber, mir ging es wieder gut und so wurde sie beendet. Ich war stolz auf mich und froh 'geheilt' zu sein, obwohl ich immer noch tausend andere Probleme hatte. Ich erwähnte bereits: Die Angst vor anderen bloßgestellt zu werden und die nie erwähnte schreckliche Angst vor emotionaler Nähe.
Dass ich diese besitze wurde mir auch erst später bewusst, vorher hatte das Kind keinen Namen für mich. Auf jeden Fall habe ich nach ihm jede Beziehung erfolgreich im Keim erstickt. Eigentlich habe ich sogar Angst davor, mich mit Jungs anzufreunden, da ich Angst davor habe, sie könnten sich in mich verlieben. Manche finde ich ganz nett, aber ich lerne sie nie besser kennen und wenn ich es vermeiden kann rede ich auch nicht viel mit ihnen. Manche Jungs mochten mich dennoch gerne und haben sich an mich versucht, doch ich war immer passiv, tat so, als würde ich nichts bemerken und war froh, sobald sie wieder gingen. Das komische daran ist: Ich fürchte mich nicht davor, verletzt zu werden, ich habe Angst, die anderen zu verletzen! Das ist doch merkwürdig, oder?
Ich will von niemandem geliebt werden weil ich schreckliche Angst davor haben, den Ansprüchen nicht zu genügen oder wegen meiner Angst - denn ich weiß genau was ich in meiner Angst so mache - dem armen Jungen das Herz zu brechen... Der Gedanke, dass jemand mich um sich haben muss, um glücklich zu sein, dass jemand so abhängig von mir ist, versetzt mich in Panik. Das ist eine Macht, die ich nicht besitzen will. Ich weiß, das klingt alles sehr dumm und sehr kitschig, vielleicht sogar ausgedacht, aber es ist wirklich so. Ich will nicht, dass mir jemand so nahe kommt, sich so auf mich verlässt, weil ich mittlerweile weiß, wie das endet. Das lustige ist, ich betrachte mich als bi., vor Mädchen habe ich aber weit weniger Angst... Ich habe zwar auch das einzige Mädchen, dass es jemals versucht hätte, erfolgreich abgewehrt (was diesmal übrigends ganz alleine meine Schuld war und auch eines der peinlichsten und schrecklichsten Kapitel meines Lebens war, sehr wie damals mit meiner ersten Liebe), aber grundsätzlich gehe ich mit Mädchen viel unbefangener um. Ich habe keine Probleme neue Leute kennen zu lernen, eigentlich tue ich das gerne. Ich habe Freundinnen, zwar nicht viele, aber mir genügen sie sehr und mit meiner besten Freundin bin ich auch richtig dicke. Auf jeden Fall liebe ich keinen Menschen, habe seit dem Jungen damals auch nie wieder geliebt obwohl ich es gerne würde und werde wohl auch in Zukunft noch lange niemanden lieben. Manchmal frage ich mich ob ich das überhaupt kann oder ob das einfach alles aus mir heraus gebrannt wurde... oder es vielleicht nie da war? Viele Mädchen haben schon in der Grundschule die ersten unschuldigen Lieblinge, doch bei mir war das nie so. Für Jungs habe ich mich nie interessiert.
Warum bin ich also hier?
Ich will wissen, was das alles bedeutet. Warum habe ich solche Angst? Woher kommt sie? Und wieso liest man nie von Menschen, die Angst haben, ANDERE zu verletzen (anstatt selbst verletzt zu werden)?
Ich hatte doch nie ein Trauma. An meine Kindheit vor der Schule mit der verhassten Lehrerin kann ich mich kaum erinnern, aber falls da etwas schreckliches vorgefallen wäre, wüsste ich es. Mit meiner Weisheit bin ich schon lange am Ende und habe mich eigentlich mit meinem Schicksal abgefunden, doch wieso ich so bin, das will ich eigentlich immer noch gerne wissen.
13.11.2012 04:50 • • 14.11.2012 #1