Angst vor Ablehnung?
Hey,
ich bin 19, habe dieses Jahr meine Ausbildung bei der Stadt begonnen und stoße schon auf erste Probleme.
Ich kann euch nicht genau sagen warum, aber gestern musste ich auf einmal unvermittelt anfangen zu weinen - mitten während der Arbeitszeit!
Ich habe in diesem Moment um mich zu beruhigen einen Brief an meinen Psychiater geschrieben. Ich kopiere ihn euch hier rein, damit ihr den eingefangenen Augenblick miterleben könnt.
Sehr geehrter Herr Fischer,
ich schreibe Ihnen heute, weil ich keine Ahnung habe, wie ich mir sonst helfen soll.
Ich sitze grade eben auf der Arbeit und habe urplötzlich wahnsinnige Beklemmungsgefühle, einen Kloß im Hals und Tränen in den Augen. Ich habe Angst, dass ich mich nicht kontrollieren kann.
Ich kann nicht genau sagen, warum es mir plötzlich so schlecht geht.
Ich habe allerdings am Wochenende meine Tabletten (Gabapentin) von einem neuen Hersteller bekommen.
Meine Stimmungsveränderung fing damit an, dass ich das Gefühl hatte auf der Arbeit, etwas falsch zu machen. Ich fragte nach und man sagte mir, dass gewisse Aspekte verbesserungswürdig seien (komischerweise nichts tragisches, nichts was die Ausbildung in irgendeiner Weise gefährden könnte).
Es traf mich dennoch tief, da ich fest davon überzeugt war, eine sehr gute Auszubildende zu sein.
Daran schloß sich direkt das Bedürfniss an, wieder zu schnibbeln.
Ich konnte nicht mehr arbeiten, da mir ständig diese Bilder durch den Kopf spukten, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Danach kam ein Gefühl der absoluten Fremdheit. Ich war fest davon überzeugt, das meine Kollegen nur spielen, dass sie mich mögen, um mit hinterher in den Rücken zu fallen und sich über mich lustig zu machen. Dieses Gefühl, nirgendwo dazuzugehören, hat sich richtig fest gefressen. ich fühlte mich allein und hilflos.
Dieser Gedanke kommt mir zwischendurch immer wieder, jedoch war er in dieser Umgebung (!) noch nie so stark wie heute. Ich habe mich verletzlich und ausgenutzt gefühlt. Wie hilflos ausgeliefert. Als ob ich niemandem vertrauen könnte. Als ob ich nur verletzt würde, sollte ich versuchen Kontakt zu ihnen aufzubauen. Diese Gewissheit scheint recht sicher zu sein. Komischerweise hoffe ich dennoch andauernd, dass ich mich irre.
Kommt jedoch nur ein kleines Anzeichen von Abweisung, ein minimales, vielleicht auch unbewusstes, nehme ich es sofort persönlich und fühle mich in meiner Ahnung bestätigt.
Ich schreibe ihnen, weil mich dieses Gefühl grade verrückt macht, weil ich das Gefühl habe, es hält mich davon ab alles rauszuweinen indem ich es rausschreibe.
Ich kann mich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren, meine Gedanken fliegen ständig zu dem Thema Schnibbeln oder Versagensängsten.
Ich denke mir andauernd: Ich will doch nur dazugehören, warum fällt es so schwer? warum sind sie zu mir nicht so herzlich wie sie es untereinander sind? Warum unterhalten sie sich nicht mal von sich aus mit mir? warum sprechen sie nur sich gegenseitig an? warum bin ich luft? ich will auch gemocht werden.
Ich komme aus diesem gedankenkreis nicht mehr heraus.
Und jetzt ist es auch passiert, ich habe mitten im Büro angefangen loszuweinen. Zum glück war niemand da. zum glück darf ich die roten augen auf die Kontaktlinsen schieben.
vielleicht ist diese mail nicht angebracht aber ich habe tierische angst.
Ich weiß nicht, wie ich mir sonst helfen soll.
Es wäre schön, wenn sie mir antworten könnten.
Liebe Grüße
Kater-Merlin
Ich habe diesen Brief recht panisch und verwirrt geschrieben - angesichts der Situation ist es denke ich verständlich.
Nun ist mit heute eingefallen, dass mein Psychiater im Urlaub ist, ich werde also so schnell keine Antwort erhalten. Das ist der Grund, warum ich hier schreibe.
Das Beklemmungsgefühl ist noch nicht weg, es schwebt wie ein Schatten über mir. Ich habe Angst, es nimmt wieder Überhand und ich fange wieder an zu weinen, habe mich nicht mehr im Griff.
Ich bin andauernd unkonzentriert und nervös, kann mich nicht entspannen.
Zu den Tabletten die ich nehme:
Es sind Nervenschmerzmittel, da ich chronische Schmerzen habe (das sollte erstmal genügen).
Bitte gebt mir einen Tipp, wie ich es schaffe, wieder einigermassen zu funktionieren und Balance zu kommen.
Alles Liebe
Kater-Merlin