Die Technik des Präsentieren ist gar nicht so sehr mein Problem. Wenn ich in der Situation bin, mache ich es meist perfekt. In der beruflichen Situation hält man auch nicht einen Monolog, sondern präsentiert meist irgendwas, was kontrovers diskutiert wird. In manchen Präsentationen kommt man genau 30 Sekunden weit, bevor man unterbrochen wird.
Es ist die Angst vor der Angst und die Grübelei vor diesen Situationen.
Es breitet sich wie Krebs aus. Ein Kollege präsentiert vor 100 Leuten etwas und ich denke „ich könnte das nicht“. Irgendwann bin ich soweit, dass ich auch denke, ich könnte kein Meeting mit 5 Leuten moderieren. Anschließend bin ich so weit, dass ich denke ich könnte meinen Sohn nicht zum Tennis begleiten, etc… und irgendwann liege ich vor Nervosität und Machtlosigkeit zappelnd in meinem Bett und leide Qualen. Die berühmte Grübelschleife.
Obwohl ich in der Vergangenheit schon zig mal Präsentationen vor X Leuten gehalten habe. Viel größere Meetings moderiert habe (auch Face 2 Face). Meinen Sohn zig mal zum Tennis begleitet habe, etc…
Es ist als ob der Gewöhnungseffekt bei mir nach dieser ganzen Corona Zeit einfach verpufft ist.
Ich weiß, dass ich früher gereist bin, Workshops mitgemacht und moderiert habe, etc… aber heute würde mich das komplett fertig machen.
Ich weiß auch, dass ich mit medikamentöser Unterstützung die erste Hürde nehmen kann und sich danach auch der Gewöhnungseffekt zeigt.
Trotzdem bleibt erstmal die Angst vor der Angst.
Ich habe gestern also ein benzo genommen und war danach etwas entspannter. Den Tag haben wir - wie üblich Samstags - bei meinen Eltern verbracht.
Ich war trotz Benzo ein wenig Plan- und rastlos. Meine Frau hat das gemerkt und einen Spaziergang vorgeschlagen.
Wie immer in solchen Situationen reden wir dann darüber und ich sehe die Dinge rationaler.
Ja, ich habe emotional grad einen kleinen Rücksetzer, nachdem die letzten Monate super erfolgreich waren. Klar, dass man dann fürchtet, jetzt käme wieder eine Leidensperiode und man fühlt sich längere Zeit wieder so wie vor der Klinik. Aber für den Fall habe ich auch Medikamente, die das dämpfen und mir helfen.
Sie vergleicht das mit ihren häufigen Migräneattacken. Sie versucht es meist so lang auszuhalten wie es geht, aber irgendwann muss ein Triptan her. Auch, wenn das Medikament sie ein wenig beeinträchtigt, die Qual ist vorbei.
Der restliche Tag gestern war noch ganz schön. Mit der Familie haben wir masked singer geguckt und eine Popcorn-Party gemacht - einfach mal was für die Seele. Die Kinder sind irgendwann müde auf der Couch eingeschlafen und kurz darauf auch meine Frau und ich
Es tut wirklich gut, sich das hier von der Seele zu schreiben! Auch, wenn ich parallel ein Tagebuch führe. Der Input hier ist mir viel Wert: Danke!
06.11.2022 07:45 •
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