Kleiner Input zum Thema Wissen im Rahmen erfolgreicher Prokrastination:
Ich saß vorhin in der Uni und habe MA-Literatur gelesen, mir währenddessen neues Wissen angeeignet. Da kam mir relativ abrupt der Gedanke, inwieweit dieses Konzept des Wissens, wie wir es verstehen, nicht viel komplexer ist, als es auf den ersten Blick erscheint. Ich könnte ja sagen, ich kenne die Gesetze der Physik, welche mir sowohl durch Experimente als auch durch theoretische Konstruktionen offenbart wurden. Ich kenne Formeln und Theorien, die mir eine gewisse Sicherheit geben, doch was bedeutet es eigentlich wirklich, diese Formeln zu „besitzen? Ich kann sie wiedergeben, ich kann sie anwenden und ihnen vertrauen - aber reflektiert dies wirklich ein echtes Verständnis oder nur eine technische Beherrschung?
Jetzt sitze ich wieder an meiner Arbeit, gehe fachlich zunehmend in die Tiefe, stelle mal wieder fest, dass Wissen nicht nur die Ansammlung von Informationen ist. Es ist ja im Prinzip ein aktiver Prozess, eine Art dynamisches Spiel zwischen Erfahrungen, Interpretationen und betrachteten Kontexten. Ich meine, wie oft habe ich in den letzten Wochen erlebt, dass eine Theorie, welche ich für unumstößlich hielt, bei neuen Erfahrungen oder neuen Daten komplett infrage gestellt werden kann? Sozusagen jede neue Erkenntnis schält Schichten meiner (ursprünglichen!?) Überzeugungen ab und zwingt mich nun wieder dazu, neu zu evaluieren, was ich zu wissen glaubte. Ist mein Wissen also nicht eher ein Zusammenspiel von Teilen, welche ständig in Bewegung sind und die Natur der Realität (fortwährend) neu fassen oder existiert vielliecht überhaupt kein eigenes inhärentes Wissen?
Das Ganze versuche ich nun insofern weiterzudenken, dass ich mich frage, ob das Wissen, welches wir als Individuen besitzen, nicht auch immer nur eine Teilhabe an einem kollektiven Gedächtnis ist. Ich meine, wenn ich Wissenschaftler bin, bin ich dann als Träger von Wissen auch ein Aggregator, ein Kanal, durch welchen Wissen von anderen vorbei fließt? Verändert sich die Beziehung zwischen Individuum und Wissen, wenn ich denn verstehe, dass mein Wissen nur ein Fragment eines größeren Ganzen ist?
13.10.2024 21:36 •
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