Danke für Eure Beteiligung!
2. Geist
Dem Geist wird sowohl in der Philosophie als auch in den Religionslehren deutlich mehr Aufmerksamkeit zuteil. Ist ja auch sinnvoll, denn wenn ich über etwas rede, das Raum und Zeit überdauern soll muss ich mich sehr bald vom Körper abwenden.
Ich möchte, um es gleich vorwegzunehmen, das unabhängig existierende Ich als Illusion, als entscheidenden Verblendungs- und Leidensfaktor bezeichnen. Nichts destoweniger ist diese Illusion aber vorhanden. Genau deshalb ist eine Diskussion über das Ich-Gefühl so schwierig.
Eine gute Möglichkeit besteht allerdings darin, unser Ich-Erleben aufzudröseln in seine (fünf) Bestandteile oder Faktoren:
1. Sinnesorgane und das jeweilige Bewusstsein:
Man kann mit den Augen etwas erblicken, aber zum Sehen gehört das (dahinterstehende) Sehbewusstsein.
Gleiches gilt für Hören, Riechen, Schmecken, Tasten (Berühren) und - Denken.
Für einen Sinneskontakt der seinen Namen auch verdient, gehören also jeweils drei Komponenten: Objekt, Sinnesorgan, Sinnesbewusstsein.
2. Gefühle
Die Gefühle sind ein so entscheidender Faktor, dass wir ihn später eingehender betrachten müssen. Hier genügt vorerst die Feststellung, dass es zwei verschiedene Gefühle gibt: Angenehm und Unangenehm. Die Emotionen sind hier nicht einzuordnen, denn sie sind bereits Produkte der Ich-Illusion.
3. Wahrnehmung
Wahrnehmung bestimmt bzw. identifiziert alles, was über die Sinneskontakte in den Geist gelangt. Sie stellt Bezüge her, Kategorien und vor allem Bewertungen. Ebenso wie die Gefühle ist die Wahrnehmung ein dualisierender Faktor - keine Instanz! Sie teilt ein (innen, außen, Ich, Welt, meins, gut, schlecht etc.) und grenzt aus. Sie be-stimmt: Erhebt die Stimme über die Dinge.
4. Gestaltungen
Gestaltungen sind der aktiv agierende und vor allem reagierende Faktor. Sie bilden Meinungen, Überzeugungen; schmieden Pläne, setzen Perspektiven. Hier entstehen vor allem auch die Grundtendenzen des Menschseins: Das Wollen und das Nicht-wollen.
5. Bewusstsein
Wie der Name schon sagt, ist dies die Bewusstheit, zu sein. Es ist jener Faktor, dem die meisten Menschen (auch Wissenschaftler und Philosophen, Mystiker und Schriftgelehrte) seit langem die Heimat oder gar feinstoffliche Substanz des Ichs, des Geistes, der Seele etc. zuordnen.
Ich bin! sagt sich das Bewusstsein, doch faktisch ist das Bewusstsein ein letztlich unpersönliches Ergebnis aus den anderen vier mentalen Faktoren und sogleich Treibstoff bzw. Baumaterial für das unaufhörliche Weiterzusammenwirken sämtlicher Faktoren. Das Bewusstsein ist der perpetuumobilisierende Aspekt des Daseins.
Das sind also die beiden Bereiche, in denen das Ich zu suchen wäre: Körper und Geist.
Schon bei oberflächlicher Betrachtung dürfte auffallen, dass es aufgrund der ständigen Bewegung und Veränderung beider Bereiche sehr schwierig sein dürfte, ein eigenständiges, unabhängiges Ich, ein Selbst, eine Seele auszumachen.
Trotzdem kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass Ich-Erleben stattfindet.
Ich möchte darauf hinaus, dass es dieses Ich-Erleben ist, welches als Selbst missinterpretiert wird und somit unser menschliches Leid erschafft und endlos am Laufen hält.
@rero Und ich denke, dass ein Verständnis dieses Komplexes auch sehr wirksam unser Zusammenleben heilsam beeinflussen würde. Zumindest für jene, die aus diesem Verständnis heraus ihre Handlungen (denken, sprechen, tun) ändern.
01.05.2021 04:56 •
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