Zitat von Kara-velle: Wenn es so wäre, machte es mein Leben irgendwie einfacher? Nein
Vielleicht gehört zu alten Seelen ja die Erkenntnis, dass das Leben schlicht nicht einfach ist.
Die Kriterien dafür, was eine alte Seele ausmacht, sind ja eher schwammig, allerdings ist Präzision im Bereich komplexer, lebendiger Wesen und ihrer Psyche ohnehin eher ein Irrglaube, bei dem man in das Gefängnis der Statistik gesteckt wird, dort wird eine Schein-Objektivität vermittelt, denn wie nun die große Zahl der Statistik wieder auf den Einzelfall runtergebrochen wird, ist weiterhin unklar.
So bleibt Anekdotisches und ein langsames Vortasten durchaus ein probastes Mittel, für Seelen. Ob es die dann gibt, ist noch mal eine eigene Diskussion, ich meine solche, die den Tod überdauern und wieder inkarnieren, sich wieder verdichten oder wie immer man sich das im Einzelfall vorstellt.
Der Buddha, dem man unterstellen darf eine alte Seele zu sein (bzw. das Seelenkonzept überwunden zu haben), lehrte ja, dass Leid von der Idee des Ich und damit von jeder Form der Personalisierung oder Individualisierung nicht zu trennen ist, bzw., dass diese sogar die Wurzel für Leid sind.
Ganz einfach, weil man etwas (festhalten) will und etwas anders nicht (haben) will. Oft wird gesagt, 'das Leben' kümmere sich nicht darum, was man will oder nicht will, sondern läuft einfach ab oder findet einfach statt, aber auch das ist kein unproblematischer Ansatz.
Die noch radikalere Antwort ist, dass Welt durch uns (den Gedanken, ein Körper-Ich zu sein, das Wünsche, Gedanken und Gefühle hat) überhaupt erst erzeugt wird und demzufolge mit uns (und dem Körper-Ich, wenn als als Illusion erkannt wurde) vergeht.
Das ist sehr weit weg von unserer Vorstellung, weil wir die Realität einer Außenwelt für gesetzt halten, wir meinen, dass um uns eine in weiten Teilen unveränderbare Welt ist, sei ganz einfach so. Aber nicht nur spirituelle Interpreten, auch Kant meldete hier bereits Zweifel an.
Aber ich finde den spirituellen Weg interessanter und habe versucht in die Erlebensweise alter Seelen einzutauchen und zwar indem ich der Frage nachgegangen bin, wie Menschen, denen nachgesagt wird spirituell angekommen zu sein, die Welt erleben.
Die für uns verwirrende und relativ einhellige Botschaft ist, dass die Welt, so wie wir sie wahrnehmen, für sie gar nicht existiert. Eine Variante ist, dass man sozusagen als dann willenloser Akteur mitgerissen wird, ohne selbst den Wunsch nach Aktion zu haben, aber die weitergehende ist, dass die Welt buchstäblich nicht existiert und es bei alten Seelen darum geht, sich zu dieser Erkenntnis und Erfahrung durchzuwurschteln und in der Empfindung reiner Existenz zu verweilen.
Das Ich strebt dabei immer zu einer Verbindung mit Welt, bzw. ist durch diese Verbindung mit Welt definiert und überhaupt erst durch diese (schein)existent. Die wahre oder reine Existenz braucht diese Verbindung eines Ich mit Welt aber nicht und durch eine stete Vergewisserung, dass man existiert (jetzt gerade) und ansonsten die konstante Befragung, wer es ist, der erlebt und was und wo diese erlebende Instanz eigentlich genau ist, kommt man dem illusionären Charaker der Ich + Welt Einheit allmählich auf die Spur.
Die Zahl der Angebote die Ich-Illusion aufrecht zu erhalten ist so groß, wie die Zahl der Wellen des Ozeans, es geht darum, sie mehr und mehr zurückzuweisen, den Gedanken, Gefühlen und Erscheinungen der Außenwelt nicht nachzugehen, sie austrudeln zu lassen. Erst beachtet man sie so neutral es geht, aber direkter soll es gehen, wenn man immer wieder zu der Erfahrung zurück kehrt, dass man existiert, genau hier und jetzt. Nichts sonst.
Das gelingt unterschiedlich gut und man weiß nicht so genau, ob man das eigentlich 'richtig macht'. Aber jede auch nur halbwegs gelungene Wahrnehmung des eigenen Ich (man muss an der Stelle starten, an der man sich befindet und das ist die Überzeugung, ein Körper-Ich in einer Welt zu sein, das Gedanken und Gefühle hat), der eigenen Existenz geht in die richtige Richtung, der Auflösung der Ich-Illusion.
Der Preis ist das Ich, der Lohn die Freiheit von Leid und der Eintritt in die Glückseligkeit, in einer in dieser Form nicht kitschigen Variante.