Zitat von Jakob02: Seine Einsichten machen also praktisch deutlich, wie kompliziert die Verwendung von Begriffen in Sprache und Denken ist. Brandon betont ja, dass Beobachtungsberichte keine eigenständige Sprache bilden können; stattdessen erfordere das Verständnis dieser Berichte einen schlussfolgernden Rahmen.
Der vorausgeht und in den wir immer schon eingebunden sind.
Davon ausgehend wird dann eine reine Beobachtungssprache (der Naturwissenschaft) erfunden, die bereits in die normativen (so nennt Brandom sie) Strukturen eingebunden ist und (weil Naturwissenschaftler es in aller Regel nicht lernen) man denkt, die sprachlich-normativen Strukturen seien eine nachträgliche Erfindung, auf die man eigentlich auch verzichten könne.
Damit zieht man sich den Teppich unter den Füßen weg, auf dem man selbst steht, die schlimmsten Fälle sind Leute die Gerhard Roth, die gleich der ganzen Rationalität - im Namen der Wissenschaft, einem durch und druch rationalen Projekt - den Boden entziehen und nicht merken, was sie tun: ein performativer Selbstwiderspruch, rein technisch gesehen.
Selbst der intuitive Wissenschaftler, mit visionären Träumen und einer 'fühlt sich irgendwie richtig an' Einstellung muss am Ende des Tages begründen oder experimentell herzeigen - aber das ist der Clou von Brandom: das Herzeigen ist kein isolierter Akt, für den man eigentlich keine Sprachspiele braucht, denn man kann ja zeigen, wie es geht, nein, dieser Akt ist immer schon verwoben in Sprachspiele, ist normativ - beides begründende Akte, der wissenschaftliche ist nur ein Sonderfall einer immer schon bestehenden breiteren Praxis.
Zitat von Jakob02: Was das Schicksal von Schrödingers Katze betrifft, so hängt dieses davon ab, wann und wie die Messung erfolgt.
Und die ist nicht an das Bewusstsein von Beobachtern gebunden.
Zitat von Jakob02: Dennoch bleibt die philosophische Debatte bestehen: Wird das Ergebnis erst dann aussagekräftig, wenn die Forscher sich die Aufzeichnungen später ansehen und interpretieren? Diese Implikation kann zu einem Paradoxon führen, bei dem ein Ereignis ohne menschliches Bewusstsein eintritt, seine Bedeutung aber erst durch menschliche Interpretation entsteht.
Aber das verwechselt zwei Kategorien, nämlich die ontologische (wie es ist, die Katze ist lebendig oder tot, der Drops ist gelutscht) und die erkenntnistheoretische/epistemologische, der Bedeutung für uns oder Erkenntnis von uns.
Im Grunde das Szenario eines (im physikalischen Sinne) realistischen Universums, das einfach abläuft, aber wir haben gelernt, dass es das unter bestimmten Umständen eben gerade nicht tut.
Und was ist jetzt signifikant für einen Messvorgang; die phyisische Interaktion - der man ja noch Intentionalität untrerstellen kann, gleich wer oder was sie ausführt, also auch der doofe und zufällig Schließmechanismus - oder ihre Wahrnehmung?
Wochen später analysiert kann man schlecht sagen, dass die Katze durch die Sichtung der Ergebnisse jetzt vor Wochen gestorben ist, zumindest nicht, ohne das näher zu erläutern.
Zitat von Jakob02: Sellars’ Argumentation zeigt, so wie ich es verstehe, dass Theorie die Basis unseres Erkennens ist und nicht bloß ein nachträgliches System zur Erklärung. Wir begreifen die Welt also nicht unmittelbar empirisch, sondern durch die Linse normativer Konzepte, welche unser Verstehen überhaupt erst möglich machen.
Ja. Naturwissenschaften und Philosophie haben einen anderen Startpunkt. Für Naturwissenschaften gibt es einen zeitlichen Ablauf, der, sagen wir mal mit dem Urknall beginnt. Daraus entwickelt sich dann alles gemäß dem naturalistischen Mythos des Gegebenen, denn die unbedeutende Frage wo Materie denn eigentlich herkommt, ist ja ungeklärt, auch wenn man entstehende und vergehende Universen unterstellt.
Der Ausgangspunkt der Philosophie ist der Akt der Reflexion, in dem man sich bewusst wird, dass man ist und damit zugleich, dass man anders ist, also seine Umgebung. Das war vorher - gesetzt wird funktionierten gemäß Bio-Algorithmen - nicht klar. Kastrup unterscheidet Bewusstsein und Meta-Bewusstsein oder einfach Intelligenz und Reflexion und das ist der Startpunkt der Philosophie.
Hier angekommen findet man sich immer schon vor, als in die Welt Geworfener (Heidegger), aber eben nicht nur als ein in die physische Welt Geworfener, sondern auch eingebunden und Sprechpraktiken, ein normatives Gitter.
Wir können Dinge sprachlich herausgreifen (das Verhältnis von Anapher und Deixis wird von Brandom beleuchtet) aber schon Quine tat das, bei seinem Übersetzer Beispiel: gavagai sagt jemand, während er auch ein Kaninchen zeigt und schon ist uns klar: Aha, gavagai heißt Kaninchen.
Kurzschluss, sagt Quine, und seine Pointe ist, dass ab da alles schief gehen kann, denn gavagai kann auch Kaninchenschwanz, heiliges Tier, lecker Abendessen oder Kaninchenfliegen, die das Tier begleiten oder sonst was bedeuten und selbst - Quines Pointe - wenn man eine Sprache entwirft, die konsistent ist, kann man nicht sicher sein, dass es die Sprache der Eingeborenen ist.
Naturwissenschaft sieht die Philosophie als etwas an, was dann historisch auch irgendwann entstanden ist, gemäß ihrem linearen Weltbild, aber das verfehlt den Punkt, dass nämlich die Wissenschaft eine normative Praxis ist, in der sich jemand bereits vorgefunden hat und eingebunden ist.
Heifdegger witzelte darüber, dass Bewusstsein auf einem bestimmten Level nichtts besseres zu tun hat, als Welt von sich abzustreifen, das ging gegen Descartes, aber auf der anderen Seite jeder Theorie sitzt ein Bewusstsein, das lästig Subjektive in der durch Statistik und Co. versuchsweise objektiverten Sicht.