Zitat von Cbrastreifen: Im Alltag reicht oft das ungefähr, weil man einander eher abtasten will, als tief diskutieren
Das scheint eine gängige Meinung zu sein, die sicher von vielen Menschen ihre Handhabung bei beiläufigen Situationen findet. Betrachtet man es aber genauer, so will eigentlich doch niemand das Ungefähre als ausreichend erachten. Niemand kauft eine Packung Kekse, auf der stehen würde: Inhalt ungefähr 500 Gramm. Ich lasse mir auch kein Fenster fürs Haus anfertigen, das ungefähr 80x100cm haben soll. Und jeder regt sich auf, wenn die Bahn ungefähr dann ankommt, wenn ein Zeitpunkt genannt wurde, statt pünktlich so sein. Das wären aber alles Umstände, die man hinnehmen könnte, wenn sie einen selbst nicht tangieren würden. Tangieren sie einen, gründet das aber schon auf Egoismus, beziehungsweise dem was Es eben ist, der Bezug zu einem selbst. Natürlich kann es für jemanden der eigentlich zu spät am Bahnsteig ist, gut sein, wenn die Bahn zu spät kommt und der freut sich dann, dass sein zu spät kommen keinen Nachteil für ihn hat. Ob demjenigen dann bewusst ist, dass diese Freude egoistisch ist, denn das ist sie, bleibt aber ungewiss.
Es bliebe auch vielleicht öfter mal zu bedenken, ob etwas das zum „abtasten“ gesagt wird, trotzdem die Möglichkeit bietet, „tief“ etwas zu thematisieren, auch wenn das eigene Anliegen vielleicht eher auf dem Prinzip basiert: Hauptsache mal was gesagt.
Was mir halt bei diesem „Hauptsache mal was gesagt“ auffällt ist, dass es denjenigen wohl an einem Wortschatz mangelt, der meiner Meinung nach angebracht wäre um überhaupt ein „Klären“ des gesagten zu ermöglichen. Dabei bleibt aber sowieso unangetastet, wie jemand ein Wort bewusst und willentlich verwendet, um einen anderen Kontext zu setzen. Da macht ja auch oft der Ton die Musik. Dementsprechend bringt es meiner Meinung nach auch wenig, bestimmte Worte aus dem Sprachgebrauch zu verbannen, wenn die gemäßigte Alternative nach und nach selbst wieder negativ behaftet würde. Und je inflationärer ein Begriff im Ungefähren verwendet wird, desto größer ist nunmal die Wahrscheinlichkeit, dass er letztlich nur noch negativ besetzt wird, obwohl er es im Grunde nicht ist, weil er wertfrei etwas Tatsächliches beschreibt.
So ist auch mittlerweile „Migration“ (und dessen verwandten Begriffe) zumindest bei einigen Menschen hierzulande fast ausschließlich negativ besetzt und Einer, der je nach Tonlage auch als Beschimpfung oder zumindest Abwertung herhalten kann.