Zitat von Quasinemo:Sofern diese Sicht eine invalidierende ist, ersetze ich das Wort wichtiger durch erniedrigender. Nichts ist so schlimm wie jemandem nicht zu glauben.
Ja, dann wäre die Deutungshoheit sozusagen völlig asymmetrisch, auf der Seite jener, die einen Menschen beachreiben und über ihn reden, statt mit ihm. In dem von Dir skikzzierten Fall kann man zwar etwas sagen, aber es hat keine Bedeutung.
Zitat von Quasinemo:Von wem? Von anderen? In meinem Fall nicht.
Vor allem ganz offensichtlich von Dir. Wenn Du eine gute Geschichte Deines Lebens hast, färbt das auch auf dei Deutung anderer ab. Vielleicht nicht in einem engen System, in dem sich oft auch niemand verändern will Aber selbst da kann man Prozesse anstoßen, wie die systemischen Therapien zeigen.
Zitat von Quasinemo:Wir alle benötigen in einem gewissen Ausmaß das soziale Gefüge, den Schutz der Gruppe und damit zwangsläufig Rückmeldungen. Sind diese konstruktiv, erfüllen sie ja auch einen wichtigen Zweck: das eigene Verhalten zu spiegeln und zu verbessern.
Erst wenn man nichts mehr zu verlieren hat, kann man ganz auf Fremdbeurteilungen verzichten.
Aber das ist ein wechselseitiges Spiel und wo es das nicht ist, würde ich die Beziehung überdenken. Vielleicht nicht in allen Fällen, man kann auch einige Beziehungen tolerieren, die rein funktional sind - man braucht einander irgendwie, mehr nicht - solange man einige tiefe Beziehungen hat, die wechselseitig und auf Augenhöhe sind.
Zitat von Quasinemo:Das ist sehr schade!
Ja, ein Drama, weil da noch anderes dran hing und hängt.
Zitat von Quasinemo:Ideen, die man für sich selbst entwirft, kann man jederzeit umsetzen, solche, für die man andere benötigt, eben auch nur dann, wenn man auf andere zugreifen kann. An Ideen hat es mir auch selten gefehlt, nur eben am Ergänzungspart..
Deinen Ausführungen entnehme ich, dass in diesem Punkt bei dir aber alles stimmig ist.......?
Wie man's nimmt. Ich bin alles in allem optimistisch, dass sich Leute finden werden, die ähnlich denken wie ich, meine Gedanken zu diesem Thema sind ja nicht verrückt oder völlig exotisch, ich spule lediglich die Linien, die schon seit Jahren sind, wie sie sind und die auch schnell mal eben nicht zu ändern sind ein paar Jahre in die Zukunft. Dafür braucht man keine hellseherischen Fähigkeiten, man muss lediglich einschätzen können, was sich schnell ändern kann und was nicht. Demografische Faktoren sind nicht schnell zu ändern und natürlich könnte die Bürokratie morgen radikal verschlankt werden, vermutlich, wird sich die nächsten 10 Jahre aber nichts tun. Die Altersarmut klopft nicht nur an, sie ist hat die Tür schon geöffnet usw.
All das vergrößert den Pool potentieller Interessenten ganz organisch, d.h. die Ideen können da auf fruchtbaren Boden fallen. Dazu kommt die Gruppe derer, die die Zusammenhänge heute klarer sehen und besser begreifen.
Zitat von Quasinemo:......Was im Klartext bestätigt, dass ich nichts beitragen kann (s.o.). Die Personen, die ich kenne (mit und ohne persönlichen Kontakt), sind entweder alt, krank oder sind definitiv nicht am Wechsel ihrer Wohnsituation interessiert (vgl. u.)
Wie gesagt, die Ideen zu verbreiten und ggf. zu erläutern ist ja ein nicht zu unterschätzender, wichtiger Punkt. Ich kann und will keine Aufgaben zuweisen, dann würde ich genau in die Rolle kommen, in die ich gar nicht kommen möchte, weil ich eben kein zentrales System (mit einem weiteren Bürokratiemonster) sehe, sondern dezentral organisierte, kleine regionale Gruppierungen, die alle für sich autonom interessieren können, aber dennoch auch in lockerer Verbidnung stehen können, wenn sie wollen.
Zitat von Quasinemo:aber vielleicht an denen, die sich solche Wohnalternativen für sich selbst vorstellen können. Es ist ein Unterschied, ob jemand eine Idee nur toll findet (wie z. B. diejenigen, die du bei den Eingangskontrollen angesprochen hast) oder auch für sich selbst ausschöpfen möchte.
Ich bin überhaupt nicht der Typ, der für so etwas gerne wirbt. Ich zwinge niemanden zu seinem Glück und möchte ausschließlich mit Leuten zusammen arbeiten, die auf so einen Ansatz Lust haben.
Zitat von Quasinemo:Es mangelt mir an Vorstellungsvermögen, dass Menschen, die über eine solide soziale Basis verfügen (glückliche Partnerschaft, Familie, Freundeskreis) Lust verspüren, in eine größere Gemeinschaft zu ziehen. Das, was die jetzt schon haben, ist denen Gemeinschaft genug! Unter Umständen hängt auch noch ein hübsches Eigenheim daran in einer gepflegten Nachbarschaft. Das gibt doch keiner freiwillig auf!
Natürlich nicht in so einer Situation. Aber die Zahl der Menschen, die einfach nicht in so einer Situation leben, wächst jedes Jahr. Da sind die Kinder in einer anderen Stadt, das Haus wird nach dem Tod des Partners zu groß, man ist geschieden, die Freunde sterben oder ziehen weg oder es ist einfach kein Geld mehr da, um die Polin oder Rumänin als Haushaltshilfe und Krankenschwester zu bezahlen.
Wir haben immer weniger Kinder und bald auch noch immer weniger Geld. Vor allem haben wir immer weniger gute Beziehungen, Corona und Krieg, das sind Themen, die auch Familien und Freundeskreise gesprengt haben.
Die übergeordnete Story, unter der sich alle versammeln kann zwar morgen schon gefunden werden, aber ich würde keine Kiste B. drauf wetten. Aktuell ist die Gesellschaft in mehrere kleine Schollen geteilt und sie alle haben ihre Deutung des großen Ganzen. Der Mainstream wird zwar immer angebellt, aber wenn man mal fragt, was den Mainstream denn ausmacht, sieht er aus der Sicht jeder Scholle doch ziemlich anders aus.
Zitat von Quasinemo:
Ergo - bleiben dann noch die übrig, die mit ihren sozialen Kontakten - aus welchem Grund auch immer - nicht zufrieden sind. Hier besteht aber auch die Gefahr, dass diese Menschen in einem anderen Milieu enttäuscht werden, weil sich ihre Erwartungen nicht erfüllen - und umgekehrt die der Mitmenschen in Bezug auf die anderen. (Der Bauer im Interview berichtete u.a. davon)
Klar, da wird es immer auch Menschen geben, die wieder gehen. Im Altenheim hat man diese Möglichkeit nicht. Also, formal schon, aber sonst ...
Zitat von Quasinemo:Das muss natürlich nicht so kommen, aber: warum sollte das, was woanders nicht funktioniert, ausgerechnet in der neuen Wohnform gewährleistet sein? Wer garantiert denn, dass sich alle Bewohner/innen gleichermaßen tolerant wie rücksichtsvoll verhalten?
Niemand, aber genau deshalb will ich, a) niemandem hinterher rennen und b) nicht, dass man sich freikauft und sich so von der Wechselseitigkeit lossagt. Über die Verpflichtungen zur Praxis kommt man einander näher und kann sich auch wieder entfernen, man muss und wird nicht alle mögen.
Wenn jemand die Idee selbst attraktiv findet, super, wenn nicht, kein Problem.
Zitat von Quasinemo:Selbst, wenn sich eine bunt gemischte Wohnschar ergäbe, sagen wir, Ehepaare neben Alleinlebenden, dann wird der Alltag so aussehen wie gehabt; Die Kontakte werden - von flüchtigen Begegnungen abgesehen - in der vertrauten Form fortgesetzt: Eheleute bleiben gerne unter sich - Alleinlebende ungern ebenfalls!
Habe ich auch gedacht, bis ich jemanden kennen lernte, der in so einen Projekt lebt. Der (ein Roillstuhlfahrer) war komplett begeistert und sagte, er hätte in dem einen Jahr, in dem er da lebt, bereits weit mehr Menschen kennen gelernt als in den 20 Jahren davon und er hat gesagt, dass auch zu den jungen Leuten dort ein echter Kontakt besteht.
Zitat von Quasinemo:Der neue Wohnbereich versteht sich ja auch nicht als Ghetto. Wer vorher schon Außenkontakte hatte, kann und wird die natürlich weiterhin pflegen und sich nicht darauf fixieren, Einsame dabei unterstützen, aus der Isolation zu kommen, nur weil sie die neuen Nachbarn sind.
Noch-Berufstätige sind zudem auf eine überschaubare Entfernung zum Arbeitsplatz angewiesen.
Ja. Eine Nebenidee ist, dass man sich innerhalb der Gemeinschaft zu einem großen Teil vom Geld unabhängig macht, was einfach durch wechselseitige Hilfe kompensiert wird, aber man braucht natürlich Geld für die weitere Umgebung, aber wenn man schon mal auf Miete, Strom und eine Teil der Nahrungsmittel verzichten kann, kann das ja jeder mal durchrechnen.
Vielen Dank, für die wichtigen, kritischen Fragen, die mir bei der Ausgestaltung der groben Idee helfen. Wie es dann konkret aussieht, kann nur jede Gemeinschaft für sich beantworten. Ich will bspw. nicht einfach ein Altenheim aufs Land verlegen, sondern eher, dass sich Gemeinschaften bilden, die bestimmte Schwerpunkte haben: Handwerk, ökologischer Lebensansatz, Kunst Kultur, Spiritualität, Philosophie, das alles ist sehr konkret.
11.02.2023 08:49 • #121