Ich freu mich heute, dass ich ein Gedanken-Tief aus eigener Kraft überwinden konnte
Ich hab heute Nacht geträumt, wie mein Papa Daheim ins Koma gefallen ist und ich ihn nicht mehr aufwecken konnte.
Das geht mir immer noch sehr nach, und ich erinnere mich an Alles ganz genau. Dass er so richtig grau im Gesicht war (und später im Krankenhaus dann wieder so rosig, als tät er jeden Moment wieder aufwachen..) und gezittert hat und sein Atem ganz rasselnd klang.
Jedenfalls bin ich dann mit Herzrasen aufgeschreckt und wusste erstmal gar nicht, wo ich bin. Als ich dann gemerkt hab, dass Alles nicht echt war sondern bloß ein sehr realistischer Traum musste ich erstmal weinen
Dann hab ich gefrühstückt, aber war total am Ende, hab immer wieder geweint und hatte diese unrealen Gefühle, die bestimmt viele hier kennen. So, als ob die Welt entrückt wär, irgendwie unscharf halt. Als wär man irgendwie nicht richtig in der Welt, nicht in der Spur, nicht im Fokus.
Dann hab ich mir gesagt, dass damit jetzt Schluss sein muss, weil ich mich so grottenschlecht gefühlt hab und mir das nicht geholfen hat, mich besser zu fühlen, sondern nur immer weiter runter gezogen hat. Das war keine gute, erleichternde Trauer, und kein Weinen, das geholfen hat, sondern richtig depressive Anwandlungen.
Also den Musicplayer geholt, meine neuen Kopfhörer dran, ab ins Treppenhaus und Putzarbeit für meine Mom erledigt.
Ha, das ging ab!
Da ich allein im ganzen Haus bin konnte ich richtig singen und mit dem Besen tanzen, und jetzt ist Alles wieder im Lot
Ich fühl mich wieder da, im Leben, und fahre wieder in der Spur anstatt 5 Meter daneben. Das tut mir gut!
Außerdem hab ich erkannt, wieso es mir so schwer fällt, mich für ein Studium zu entscheiden: Ich spür nirgendwo eine 100%-Sicherheit, dass es richtig ist. Und zwar deshalb, weil mir einfach die Meinung meines Papas fehlt. Ich versuche, sie zu kompensieren, indem ich mich mit dutzenden von Fremden unterhalte über ihr Studium und wie sie sich entscheiden konnten und whatnot. Aber es bringt mich kein Stück weiter.
Weil keiner davon ist mein Papa und mein Papa kann auch nicht mehr zu mir sagen: Hey Bianca, gute Wahl! Ich denke, das passt zu dir!
Und DAS ist es, was mich so verunsichert, was mir so fehlt.
Ich hab das erst heute endlich erkannt, und seitdem geht es mir besser.
Kein Fremder kann mir weiter helfen, ich muss selber wissen und selber entscheiden, was ich machen will.
Und auch meine Selbstzweifel sind verschwunden, seit ich gerade eben mit einem ehemaligen Arbeitskollegen und sehr guten Freund meines Papas geredet habe. (Es ging um diese Homepages eigentlich, wo die Mahnung kam vorgestern, aber dann eben auch um mich.)
Ich hab mein Abi geschafft, obwohl ich an einer unheilbaren Krankheit leide und es mir kein einziger Lehrer jemals zugetraut hatte.
Ich bin auf Probe nur in die Kollegstufe gekommen, und alle Lehrer haben mit immer geraten, ich solle doch es mir selber nicht so schwer machen, lieber auf die Realschule gehen, da wäre es nicht so schwer mit meinen vielen Fehlzeiten durch die Krankheit. Pah! Aufgeben, nur, weil ich ein blödes Schicksal hab? No way. Also hab ich mich durchgebissen, mich reingehängt, und eines der wirklich besten Abis gehabt in unserem Jahrgang. Das hätte vor zwei Jahren keiner geglaubt, aber ich habs geschafft. Abi, obwohl mein Papa 4 Monate vorher gestorben ist. Und sogar ohne eine erkennbare Notenverschlechterung.
Ich hab bisher alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe, ich hab immer eine Lösung gefunden für meine Probleme.
Ich hab es immer geschafft, zu erreichen, was ich wollte.
Und seit Wochen denke ich nur, dass ich ein Studium nicht schaffen könnte? Nee.
Der Freund von meinem Papa meinte:
Ach Bianca, glaubst du wirklich, es gibt auf dieser Welt irgendetwas, was du nicht erreichen könntest, wenn du es nicht unbedingt wolltest?
Das hat mich zum Nachdenke gebracht.
Und die Antwort ist: Nein, nicht wirklich.
Und mein Papa hätte, egal, was ich wähle, an mich geglaubt.
Also glaub ich auch an mich.
Das hab ich heute Alles erkannt (obwohl ich erst seit 4 Stunden wach bin) und jetzt bin ich einen riesen Schritt weiter.
Jetzt ist es mehr wie ein Blog-Eintrag geworden als ein Beitrag, aber was soll's. Ich hab Kraft, Energie, und fühl mich gut.
Heut hab ich das Gefühl, dass ich die ganze Welt umarmen und Alles schaffen könnte, was ich will.
Es ist keine einfache Sache, für einen jungen Menschen wie mich, wenn plötzlich so viele Stützen wegfallen, wenn man so wichtige Entscheidungen treffen muss, und einem dabei geliebte Menschen fehlen.
Aber man muss weiter gehen.
Und ich kann auch meinen Weg weiter gehen.
Ich brauch und will keine Angst mehr vor der Zukunft haben.
Denn egal, was kommt, es wird schon passen
Achja, und meine Schwester kommt heute wieder Heim von ihrer Klassenfahrt, und ich freu mich, dass unsere Familie dann wieder vereint ist
Alles Gute für euch!
Pilongo
04.07.2009 10:55 •
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