Ich hab massenhaft schöne Erinnerungen an Weihnachten, das würde hier den Rahmen sprengen.
Heiligabend kamen immer Omma und Oppa zu Besuch. Bei Kartoffelsalat und Würtschen ging es dann immer hoch her; es war echt Leben in der Bude.
Beide versuchten sich gegenseitig zu übertrumpfen im Erzählen von Geschichten, fielen sich ins Wort und korrigierten sich wechselseitig.
Wenn Omma mal in Fahrt kam, war sie nicht mehr zu bremsen und ich sass dabei mit grossen Augen und lauschte. Die beiden waren eben die Oberhäupter einer grösseren Familie, wussten von vielem zu berichten. Da die gesamte Verwandtschaft im selben Ort wohnte, liefen bei ihnen alle Fäden zusammen.
Oppa war ein Patriarch alter Schule, aber im Alter milde geworden. Von ihm gab es nichts zu befürchten. Aber er freute sich diebisch, wenn Omma mal ein Fehler unterlief, sie etwas falsch wiedergegeben hatte, dann klatschte er sich auf die Schenkel und lachte sich schlapp.
Die merkwürdige Konkurrenz der beiden gab mir als kleinem Jungen so manches Rätsel auf.
Geschenke brachten sie mir und meinem Bruder nicht grossartig mit. Socken, bzw. Strümpfe, die mich naturgemäss nicht besonders freuten. Aber das war mir egal, denn Omma war das ganze Jahr über gut für ein paar exzellente Bratkartoffeln mit Spiegelei, wenn ich mal zu einem Spontanbesuch auf der Matte stand.
Und das war mir erheblich wichtiger als teure Geschenke zu Weihnachten...............
Oppa hatte nicht viel Sitzfleisch und mahnte bald zum Aufbruch. Und jedesmal, wirklich jedesmal drückte Omma beim Betreten des dunklen Hausflures aus den falschen Schalter-den oberen- sodass nicht das Licht anging, sondern die Klingel.
Alle anderen riefen wie im Chor : UNTEN !
Oppa lachte sich schlapp und haute mir vor Vergnügen auf die Schulter. Für ihn war der Abend gerettet..........
Wenn meine Grosseltern dann weg waren, herrschte Stille. Meine Mutter räumte ab während mein Vater das Radio hervornahm und irgendwo auf UKW rumsuchte.
Normalerweise war Medienkonsum an Weihnachten verpönt, aber mein Vater suchte nach der Sendung Weihnachten auf hoher See! Und die war erlaubt.
Unter viel Rauschen und Störgeräuschen lauchten wir gebannt den Weihnachtsgrüssen von Seeleuten , die zum Fest von ihren Familien getrennt waren.
Es fielen Namen wie Madagaskar, Cap der Guten Hoffnung, Skandinavien, Sansibar und Neufundland. Es fielen die Namen von Schiffen, Häfen und Routen. Von Fracht und Passagieren.
Ich mochte es unheimlich, von sturmumbrausten Küsten zu hören,während ich selber im Warmen und Sicheren sass, mir noch ein Marzipanbrot reinschob und den Lichterglanz in der Wohnung bestaunte.
Vor kurzem habe ich nochmal recherchiert und zu meinem Erstaunen festgestellt, dass es diese Sendung immer noch gibt.
Trotz whatsapp usw.
Sie heisst geringfügig anders, etwa Radioweihnacht auf hoher See oder so ähnlich.
Wie auch immer, an meine Erinnerung reicht das alles nicht ran.
Wer hat das noch gesagt?
Die Erinnerung ist da einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann!
Da ist - definitiv - was dran!