Zuerst wollte ich das nicht. Meine kleine Lilly weggeben? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen! Gerade jetzt, wo sie mich doch braucht!
Aber ich merkte auch seit einiger Zeit, dass Lilly einsam war. Vor einem Jahr ist ihre Lebensgefährtin gestorben. Sie standen sich nicht so nah, aber trotzdem war Lilly seitdem allein und musste den Umzug und die neue Umgebung ohne ihre Gefährtin bewältigen. Ich spürte, dass ihr etwas fehlte, sie nicht ausgelastet war. Und sie war ängstlicher als früher. Eine zweite Katze wollte ich aber erst einmal nicht mehr.
Lilly bekam andere Beruhigungsmittel, ebenfalls pflanzlich, die aber gut anschlugen, und das Schreien wurde tatsächlich ein bisschen besser.
Trotzdem musste, auch längerfristig gesehen, eine Lösung her. Mit der Zeit wurde mir klar, dass die Tierärztin wahrscheinlich recht hatte. Lilly brauchte auch tagsüber Betreuung, ich konnte nicht mehr weggehen, nicht mehr in Urlaub fahren. Ich hatte immer Angst, dass sie schreit, wenn ich weg bin, oder dass es ihr nicht gut geht.
Ins Tierheim wollte ich sie auf keinen Fall geben, denn ihre Vermittlungschancen waren fast null. Nein, ein Leben im Tierheim kam nicht in Frage.
Also habe ich nach einem neuen schönen Zuhause gesucht, nach Menschen, die bereit sind, sie anzunehmen und die Schwierigkeiten in Kauf nahmen. Und ich wurde tatsächlich fündig. Über einen Verein für Katzen in Not habe ich ein Ehepaar gefunden, die sich gezielt um alte und kranke Katzen kümmern. Der Verein ist ein e. V., absolut seriös, und macht tolle Arbeit. Mit den potentiellen Besitzern habe ich mehrmals telefoniert, sie haben Fotos geschickt und mir alle Zeit für eine Entscheidung gelassen. Auch Tierarztkosten und alles haben wir besprochen. Alles machte einen wirklich guten Eindruck. Aber natürlich blieb eine gewisse Unsicherheit, denn ich kannte die Leute ja noch nicht persönlich.
Um es abzukürzen: ich habe mich schließlich dafür entschieden, Ihnen Lilly anzuvertrauen. Auch hoffte ich, dass Lilly die Gesellschaft von Artgenossen gut tun würde.
Trotzdem war es eine unheimlich schwierige Entscheidung, und es sind viele Tränen geflossen.
Anfabg März habe ich Lilly in ihr neues Zuhause gebracht. Mit allen ihren Sachen, damit sie möglichst viel Vertrautes um sich hat. Die ersten Tage waren sehr schwierig, Lilly fauchte nur und traute sich nicht aus ihrer Box. Ich machte mir große Sorgen, wie sie zurecht kommt, sie verstand das alles ja nicht. Die neuen Besitzer hatten viel Geduld. Und dann wurde es besser.
Wir telefonieren oft, und so weiß ich wie es Lilly geht. Sie hat sich gut eingelebt, lässt sich streicheln, frisst gemeinsam mit den anderen 4 Katzen, kommt mit ihnen an die Tür zur Begrüßung. Und: Sie hat sich mit einem der beiden Kater angefreundet! Das ist richtig toll! Und, ich konnte es kaum glauben, das nächtliche Schreien hat komplett aufgehört!
Ich bin sehr erleichtert, dass es ihr dort so gut geht. Inzwischen denke ich, dass neben der beginnenden Demenz eine gute Portion Einsamkeit eine wichtige Rolle gespielt hat.
Ich glaube, Lilly hat noch ein paar gute Jahre vor sich!
Ich vermisse sie sehr. Sie fehlt mir so. Manchmal spüre ich ihr Fell zwischen meinen Fingern. Vermisse, sie in den Arm zu nehmen, sie zu streicheln, zu kraulen, ihr Miauen, ihren Blick, wenn sie erwartungsvoll beim Futterzubereiten neben mir sitzt. Ihren kleinen starken Körper. Ihr Schnurren, das Kuscheln und Spielen mit ihr.
Auch wenn es eine sehr schwere Entscheidung war - es war richtig. Für Lilly. Sie wird immer meine kleine liebe Lilly bleiben.
24.05.2022 18:12 •
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