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Hallo zusammen,
ich bin männlich und 21 Jahre alt.
Das letzte Jahr über hat sich bei mir die Angst davor entwickelt, Kontakt zu meinen Freunden aufrecht zu
erhalten. Ich ignoriere zum Beispiel Textnachrichten aus Angst vor der Konversation.
Ich baue eine regelrechte Mauer um mich herum auf, aus Angst vor negativen Erlebnissen und Ablehnung.
Ich wurde mit einer klinischen Depression diagnostiziert, die im Zusammenhang mit meinen Ängsten steht.

Meine Situation ist die, dass ich meine Probleme erkenne, sogar zu wissen glaube woher diese stammen, und doch nichts gegen sie unternehmen kann.
Ich wäre euch dankbar, wenn ihr euch ein bisschen Zeit nehmt und euch das Folgende durchlest. Ich muss ein wenig weit ausholen.
Vielleicht habt ihr ein paar Tipps für mich.

Die Angst vor Ablehnung habe ich gewissermaßen schon seit ich denken kann, nur nicht so stark wie seit kurzem.
Zu der Zeit als ich noch im Mutterleib war, hatten meine Eltern wegen familiären Problemen sehr viel Stress,
dazu kam ein Umzug und das Renovieren eines Hauses, das erst in meiner späten Kindheit abgeschlossen war.
Ich denke zwar im Nachhinein, dass ich eine schöne Kindheit hatte und meine Eltern stets das beste für mich wollten aber ich glaube auch,
dass ich im Mutterleib gewissermaßen zu vielen Stresshormonen ausgesetzt war.
Ich bin wegen den Renovierungsarbeiten sozusagen auf einer Baustelle aufgewachsen. Meine Umgebung hat sich ständig verändert.

In der Kindergarten- und Grundschulzeit war ich dann meinem Alter entsprechend etwas zu ängstlich und unselbstständig.
Anschließend besuchte ich die Realschule. Ich entwickelte eine Art Leistungsdenken und Perfektionismus, der mich (denke ich) unterbewusst vor Ablehnung schützen sollte. Meine Leistungen waren sehr gut, jedoch machte ich mir oft zu viel Druck, neigte zum Aufschiebeverhalten.
Was mich antrieb war also zum Teil meine Angst zu versagen.

Im alter von 14-16 Jahren hatte ich eine sehr schöne Beziehung, die aber unschön endete weil meine Minderwertigkeitsgefühle dominierten und somit die Angst vor dem Verlassenwerden quasi zur selbsterfüllenden Prophezeiung wurde.
Nach der Trennung folgte eine depressive Episode von ca einem halben Jahr.
Danach besuchte ich ein Aufbaugymnasium. Ich kam wieder sehr gut zurecht, doch dann begann eine Art Affäre mit einem Mädchen, in das ich schon seit längerem verliebt war. Mehr wurde nicht daraus, ich war einfach zu gehemmt und unfähig eine Beziehung zu führen. Was folgte war eine Krise, wie ich sie bis dahin noch nicht erlebt hatte, ich war emotional und körperlich vollkommen am Ende und wurde mit der Depression diagnostiziert. Das war im Sommer 2014.

Rechtzeitig zum Abitur 2015 ging es mir glücklicherweise wieder besser und ich konnte die Schulzeit erfolgreich beenden. Nach dem Abitur habe ich ein Auslandspraktikum gemacht und bin davor und danach herumgereist. Die Depression von 2014 begleitete ich irgendwie noch im Hintergrund. Ich hatte große Schwierigkeiten, mich in Reisegruppen zurechtzufinden. Immer öfter wollte ich allein sein.

Von März bis April 2016 war ich Teil einer 35 köpfigen Gruppe, wir brachen auf zu einem Roadtrip entlang der Westküste Australiens.
Ich hatte (für außenstehende unerklärliche) derartige Minderwertigkeitsgefühle und mittlerweile so wenige soziale Fähigkeiten, dass ich mich selbst zum Außenseiter machte.
Das ganze wurde letztendlich so schlimm, dass ich es nicht mehr aushielt und die Gruppe verließ.
Ich erklärte einigen, was in mir vor sich geht und sie zeigten sich unerwartet verständnisvoll. Sie hatten sich einfach nicht erklären können erklären, warum ich mich nicht richtig in die Gruppe integrieren konnte.
Ich reiste für eine Zeit allein weiter, bis ich im Mai in Neuseeland zusammen mit einem Mädchen, das ich kennengelernt hatte einer Reisegruppe beitrat. Schnell entwickelte ich wieder eine emotionale Abhängigkeit von der Beziehung zu diesem Mädchen, vernachlässigte somit das Kennenlernen der anderen Gruppenmitglieder und machte mich wieder zum Außenseiter.
Die Situation wurde wieder unerträglich, ich verließ die Gruppe wieder.
Diese sozialen Erfahrungen in Australien und Neuseeland haben in mir starke soziale Ängste ausgelöst. Meine Zuflucht bestand darin, mit meinen Freunden von Zuhause regelmäßig zu schreiben. ich hatte gegenüber ihnen keine Angst vor Ablehnung.

Als ich jedoch wieder Zuhause in Deutschland war und mich einleben musste, mich bei Universitäten bewarb usw. entwickelte ich auch eine Angst vor meinen Freunden. Ich begann, sie als Gefahr zu sehen, mich verletzen zu können, wie ich es im Ausland erfahren habe. Ich schrieb seltener zurück, traf mich seltener mit ihnen. Aus Angst vor Ablehnung begann ich mich immer weiter zurückzuziehen. Ironischerweise begann ich, mich vor meinen engsten Freunden am meisten zurückzuziehen, weil sie mir am meisten bedeuten und somit der Schmerz der Ablehnung am größten wäre. Im Herbst 2016 begann dann das Studium.
Um es kurz zu machen, der Anfang lief gut, ich hatte keine großen sozialen Ängste, hielt zumindest spärlich den Kontakt zu meinen Freunden von zuhause aufrecht.
Dann lernte ich eine Kommilitonin kennen, wurde emotional von ihr abhängig, zog mich zurück, machte mich zum Außenseiter (kleiner Studiengang), rutschte in die Depression ab.
Gleiches Schema wie in Australien und Neuseeland.
Die Situation ist nun so schlimm, dass ich mich komplett von der Außenwelt abschotte. Freunden schreibe ich (wenn überhaupt) erst Tage oder Wochen später zurück. Sie bedeuten mir viel, doch ich kann aus Angst keinen Kontakt halten. Immer wieder bieten sich mir Möglichkeiten, positive Erfahrungen zu machen, doch ich schlage sie aus, aus Angst vor Ablehnung und negativen Erlebnissen. Ich denke, jeder hasst mich und dass es zu spät ist, an die Freundschaften anzuknüpfen.
Die Depression hat schließlich starke Konzentrationssschwierigkeiten verursacht und meine Merkfähigkeit hat im Laufe des Semesters stark nachgelassen.
Ich werde das Semester jetzt wiederholen und warte auf einen Psychotherapieplatz.
Außerdem nehme ich täglich 1800 mg Johanniskraut und Vitamin D3.
Mit synthetischen Antidepressiva habe ich 2014 bzgl der Nebenwirkungen schlechte Erfahrungen gemacht.
Nun vielen Dank an jeden, der bis hier hin gelesen hat!
Über Ratschläge jeglicher Art würde ich mich freuen.

09.01.2017 14:22 • 16.01.2017 #1


2 Antworten ↓


Es ist nie zu spät an Freundschaften anzuknüpfen. Sag ihnen einfach was in dir vorgeht ich weiß das es schwer ist, weil sich zu öffnen auch immer heißt noch mehr zu geben mit dem man dich verletzen könnte aber wenn du dich immer mehr von ihnen zurück ziehst, verlierst du irgendwann zwangsläufig den Kontakt. Vielleicht teilt ja auch einer deine Angst.

Zu deiner Aussage das du auf einen Therapieplatz wartest... Es ist immer schwer einen Therapeuten zu finden aber warten muss man eigentlich auch nicht. Es gibt den kassenärztlichenverbund ich weiß nicht aus welchem Bundesland du kommst aber das ist zB von BW: https://www.arztsuche-bw.de/index.php?s ... set_form=1 Du musst wahrscheinlich bei Hunderten anrufen aber es geht schneller als nur zu warten.

Das ist schwer ich weiß und sich einfach von allem zurückzuziehen ist so einfach aber niemand sollte das such dir einfach einen oder zwei Freunde mit denen du darüber sprichst oder eine Freundin (am besten eine platonische)

Ich kenn das was du schreibst gut ich brech lieber Freundschaften ab als verletzt oder zurückgewiesen zu werden aber damit tut man der anderen Person genau das an wovor man selbst angst hat und mal ehrlich sie können dich nicht alle hassen. Am besten ist es glaub ich zu versuchen nicht so viel darüber nachzudenken, was die anderen von einem halten. Ich weiß wie dämlich die aussage ist aber so ist es leider nun mal.

Ich hoffe das dir das in irgendeiner weise hilft

Noch eine frage nimmst du das Johanniskraut wegen deiner Angst oder wegen der Depression?

Hallo brightsky,

vom Alter her könnte ich fast Deine Oma sein, und ich fühle mich auch etwas merkwürdig hier zu schreiben. Aber lassen wir den Altersunterschied einfach ausser acht. Bei mir ist es nämlich entgegen jeder Annahme die man in jungen Jahren hat, mit den Jahren immer schlimmer geworden.
Das Thema 'Angst vor Ablehnung' begleitet mich auch schon mein ganzes Leben lang.
In jungen Jahren bin ich deshalb sehr sehr viel alleine gewesen, und habe genau wie Du vieles einfach auch allein unternommen. Und ich habe mir, genauso wie Du, viele Gedanken darüber gemacht.

Mein Ansatz ist, dass Menschen denen diese Empfindungen zu eigen sind, zum Einen grosse Individualisten sind. Und zum Anderen, sehr sensibel. Denn auf der einen Seite sind wir sehr abgesetzt von dem Rest der Masse - siehe Deine Reisen und was Dich vielleicht sonst noch interessiert und bewegt. Und auf der anderen Seite bewerten wir jeden Blick, jeden Tonfall und einfach Alles, als eine sehr persönliche und auf uns gemachte Aussage.
Dieses eigene Gespür dafür, nicht in die konforme Masse der meisten Menschen eins zu eins hineinzupassen, das im Hintergrund deshalb ablaufende schlechte Gewissen, und die Sensibelität für Körpersprache und nonverbale Kommunikation, löst eine Spirale aus. In Form von Angst und Depression.
Es ist möglich, dass Du Hochsensibel und vielleicht auch Hochintelligent bist. Das wäre meine Erklärung dafür, dass Du soviel wahrnimmst und auch den kleinsten Grad von Unstimmigkeit zwischen Dir und Deinen Mitmenschen so hochgradig einstufst.

Dir ist in Deinem Lebensalter bereits sehr viel bewusst. Als ich so jung war, war mir gar nichts klar. Und ich habe mich jahrelang durch einen Haufen hochspezieller psychologischer Literatur hindurch gearbeitet. Ausser, dass der Abstand zwischen mir und dem Rest der Menschen immer grösser wurde, ist nicht viel dabei herausgekommen.

Inzwischen denke ich, dass es ein urtypisches deutsches Phänomen ist, sich abgelehnt zu fühlen. Und es ist auch urtypisch deutsch, andere abzulehnen, wenn sie anders ticken.
Vielleicht würde es Dir besser gehen, wenn Du im Ausland leben würdest. Es gibt viele Länder auf der Welt, in denen wird Individualität nicht bestraft.
Und Du hast jetzt noch die Wahl! In Deutschland wirst Du niemanden finden, der Dich aufbaut und Dir wirklich hilft. Hier wird Dich jeder nur in Deinen Minderwertigkeitsgefühlen bestärken. Die deutschen sind furchtbar neidisch und missgünstig. Anstatt sich wirklich mit Dir zu beschäftigen, wird man Dir hier eine Diagnose nach der anderen an die Hacke binden.
Ich habe mich mein Leben lang im Ausland sehr viel wohler gefühlt, als hier in Deutschland. Aber ich habe nicht die richtigen Schlüsse daraus gezogen, dachte immer, dass das alles mein Problem ist.
Natürlich kann ich nur von mir sprechen. Aber in den USA habe ich mich wirklich wohl gefühlt. Ich war vor 30 Jahren ein paar Wochen in New York. Und die Menschen da, ticken einfach anders. Ob das immer noch so ist, weiss ich nicht.
Jedenfalls habe ich es erfahren, dass einem in Deutschland keine echte therapeutische Hilfe zu Teil wird. Im Vergleich zu USA sind das hier alles Dilettanten und Beschränkte.
Und ich habe dort ein Medikament verordnet bekommen, mit dem es mir zu 100% besser ging - ohne Nebenwirkungen. Auf dem deutschen und europäischen Markt ist es vollkommen unbekannt. Keine Chance es hier jemals zu erhalten!

Und ich rate Dir mit meiner heutigen Erfahrung, dass Du nicht zuviel in Deinem Leben nach Ursachen suchst. Du bist so, und damit basta. Suche lieber nach einem Ort auf dieser Welt, an dem es Dir gut geht!
Ich sitze nach zig Therapien, mehreren Psychatrieaufenthalten und sonst noch was für eigenen Anstrengungen einfach nur noch hier herum, und es geht mir immer schlechter.

Für mich übrigens eine sehr weise Entscheidung, keine chemischen Produkte mehr einzunehmen. Johanniskraut hat mir auch immer gut geholfen. Und wenn das hilft, sind es die Lebensumstände, die einen krank machen. Kein psychischer Defekt!

Ich kann Dir nur raten, Deinen Blick absolut nach vorne zu richten. Und nicht hier in Deutschland nach einer Lösung Deiner Probleme zu suchen.
Das was Du bist, wirst Du nie ändern können. Aber es wird Orte auf der Welt geben, an denen es sich besser Leben lässt als hier. Und Du wirst es lernen, besser mit Dir zurecht zu kommen!
Du kannst Deinen Konflikt in Bezug auf Kontakte einfach erstmal auf Eis legen. Kümmere Dich um Dich selbst und darum, was Du im Leben erreichen willst. Das andere kommt dann von Selbst.

Mache etwas aus Deinem Leben!

Ganz lieben Gruss
Mala




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