Marion1
ich schaue nun schon seit ca. 3 Monaten immer wieder in dieses Forum, habe mich aber bis jetzt nicht getraut einen Beitrag zu schreiben. Ich bin 27 Jahre und leide nun schon seit 4 Jahren an einem Reizdarm. Mein Leben besteht auch nur noch aus dem Gedanken "wo ist hier ein Klo?". Ich bin seit 2 Jahren nicht mehr auswärts essen gegangen, habe den letzten Urlaub auch vor 2 Jahren gemacht, Spaziergänge, Staus, Warteschlangen, einkaufen, Konzerte... sind auch schon lange tabu oder nur mit großen Ängsten zu schaffen. Meistens bin ich zu Hause. Gehe höchstens 3 mal im Monat in die Disko, wenn das Abendessen lange genug her gewesen ist. Meine Freunde haben sich distanziert, da man mit mir ja sowieso nichts unternehmen kann. Mein Freund ist sehr geduldig, aber ich habe Angst, daß er sich auch noch von mir verabschiedet. Und mein Kurschatten ist mir per e-mail treu geblieben.
Ich mache seit fast 2 Jahren eine Verhaltenstherapie. Bis jetzt kamen wir nicht recht weiter, außer daß wir einige Gründe, einige Lebenseinstellungen, einige Punkte in meiner Vergangenheit herausgefunden haben, die Schuld an den Durchfällen sein könnten. Doch es ist schwer sich zu ändern, schwer, Dinge und Gedanken zu ändern, die sich eingebrannt haben. Und ich kann oft nicht glauben, daß das alles an der Krankheit Schuld sein soll. Darmspiegelung, Magenspiegelung, Blutbild, Bioresonanz, Homöopathie, Akkupunktur, Allergietest, Kuraufenthalt hab ich alles schon durch, ohne Erfolg. Mich macht es wahnsinnig nicht 100 %ig zu wissen, warum ich dieses Problem habe und wie es wieder verschwindet. Es ist nicht greifbar. Es ist kein gebrochenes Bein, das ich mir bei einem Treppensturz zugezogen habe, es sind keine Salmonellen, die ich mit dem Hackfleisch gegessen habe. Ich weiß nicht, wo es anfängt und wo es endet. Ich weiß nicht, wie ich an die Wurzel kommen soll. Ich sitze manchmal auf dem Klo und fange an zu heulen, vor Schmerzen, vor Verzweiflung und weil ich Angst habe, daß das nie wieder weggeht. Es gibt kein Schema, egal was ich esse, mal vertrage ich es, mal nicht. Es ist nicht kontrollierbar. Ich habe früher mein Leben gehaßt, jetzt weiß ich, was ich an meinem früheren Leben gehabt habe, ich hätte glücklich sein sollen.
Ja, ich habe noch immer Angst vor dem Leben, ich will nicht funktionieren und ich will nicht müssen. Ich habe Angst die Verantwortung für mich und mein Leben zu übernehmen.
Seit 2 Monaten bin ich noch bei einer Psychiaterin, die mir Trevilor gegen meine Ängste und Durchhänger verschrieben hat. Ein bischen besser, ruhiger geht es mir damit. Aber meine Hauptangst ist die Angst Durchfall zu bekommen,wo kein Klo in der Nähe ist, oder es fremde Menschen mitbekommen. Und dagegen gibt es kein Mittel. Sonst haben auch keine Medikamente geholfen, weder gegen die Krämpfe vor und während dem Stuhlgang, noch gegen die Durchfälle. Ich bin auch schon seit fast 1 Jahr krankgeschrieben, aber ich muß langsam wieder am Arbeitsleben teilnehmen, weil die Hürde sonst noch größer wird. Ich frage mich, wie das gehen soll. Wie schafft ihr das? Ich werde dann wieder den ganzen Tag nichts essen und abends zu viel in mich hineinstopfen, das kommt dann eine halbe Std. später krampfhaft als Durchfall wieder zum Vorschein. Dann nehme ich wieder ab, und wiege wieder nur 45 kg bei 172 cm, wie vor fast einem Jahr. Zu diesem Zeitpunkt habe ich auch mit dem rauchen aufgehört. Mir ging es mit den Zig. noch schlechter. Die regten die Verdauung erst richtig an. Als ich so wenig gewogen habe, hieß es überall "die ist doch magersüchtig". Die Leute haben wirklich keine Ahnung.
Manchmal habe ich auch schon darüber nachgedacht dem ganzen Leben ein Ende zu setzen, da es für mich so keine Qualität hat. Aber ich habe immer weiter gekämpft. Mal schaun, wie lange noch.
Es heißt immer, man soll weitgehend Streß vermeiden, Entspannungsübungen machen... Autogenes Training, Muskelentspannung, Meditations-Cd's habe ich schon gemacht, aber eigentlich habe ich, außer dem Darmstreß, keinen Streß.
Ein bischen Ablenkung von meinem Darm und den "Klogedanken" schaffe ich durch die Aquarellmalerei, die ich seit 3 Monaten betreibe. Macht Spaß und ich habe ein paar Erfolgserlebnisse.
Ich bin froh daß es dieses Forum gibt. Obwohl es mich etwas frustriert hat, daß manche hier schon seit 10 Jahren oder länger mit dem Reizdarm zu tun haben.
Ich werde aber die Hoffnung nicht aufgeben irgendwann "einen Strand für meine Träume" (Sergio Bambaren), zu finden.
Vielleicht gibt es jemanden, der mir schreiben möchte?! Es tut gut zu wissen, daß man nicht allein auf dieser Welt ist und man nicht allein mit diesen Problemen zu kämpfen hat.
Alles wird gut.
Marion
10.01.2002 18:24 • • 03.02.2002 #1