Z
Zmilla
Hallo zusammen,
zu dem Thema RD und Psychosomatik wollte ich auch schon lange mal meinen „Senf“ dazugeben. In die psychosomatische „gaga“ Ecke gestellt zu werden, gefällt auch mir nicht sonderlich. Es ärgert mich immer wieder neu von den Ärzten (hier insbesondere den Schulmedizinern) als psychisch labiler, verängstigter Mensch von oben herab belächelt zu werden, um dann mit „gütiger, weiser“ Stimme durch die Blume gesagt zu bekommen, daß ich doch beim Psychologen besser aufgehoben wäre, denn körperlich fehle mir ja nach tausend und tausendundeiner Untersuchung nichts. Um die dem „Gott in Weiß“ so fremde Hilflosigkeit nicht einstehen zu müssen, versteckt sich der Medizinermensch hinter dem heut’ ach so modern gewordenen Begriff der „Psychosomatik“.
Sicher spielt sich unsere Krankheit auch in unserem Kopf ab (wie meiner Meinung nach bei jeder Krankheit). Unter bestimmten Voraussetzungen wie Streß, Angst und Unsicherheit verstärken sich die Symptome. Logisch. Ich denke jedoch, daß dies relativ „normal“ ist, daß sich annähernd jedes Krankheitsbild unter Streß und Druck verstärkt, ob das nun eine simple Erkältung ist, die man unter gegebenen Unständen nicht richtig auskurieren kann oder die chronischen Rückenschmerzen, die in der Hektik des Alltags auch nicht besser werden.
Vielleicht können wir Rdler uns mit unserem sensiblen Bauchhirn auch leichter in bestimmte, uns nicht guttuende Verhaltensmuster hineinsteigern bzw. sie mit der Zeit erlernen. Aber das gibt der Schulmedizin noch lange nicht das Wissen und schon gar nicht das Recht, uns körperlich nicht ernst nehmen zu müssen. Nur weil sie keine körperliche Ursache finden können, geben sie uns zu verstehen, daß wir im (Bauch)hirn krank sind. Und an dieser Stelle beginnt für mich die gesellschaftliche Ächtung. Als psychosomatisch und psychologisch bezeichnete Kranke werden nicht nur nicht ernst genommen, sondern es hängt ihnen auch noch das Stigma an, daß sie doch an ihrem Übel selbst schuld sind. Ein Krebskranker, ein Migränepatient oder ein Mensch mit Diabetes werden gesellschaftlich als krank akzeptiert. Keiner wird einem Lungenkrebskranken die Unterstützung entziehen „nur“ weil dieser ein Leben lang geraucht hat.
Ich meine, wir können doch nix dafür, daß wir an einer „Stelle“ erkrankt sind, über die die Medizin bis heut’ nicht ansatzweise Bescheid weiß und über die im medizinischen Bereich erst in letzter Zeit angefangen wird zu reden, geschweige denn im Alltag, wo dieses Thema doch überhaupt nicht bekannt ist und der Darm & Co irgendwie ein Tabuthema ist. Denn wer redet denn schon gern über das, was hinten rauskommt, seine Exkremente, den Stuhl oder auf gut Deutsch „seine schei.“ (sorry, aber ich gerade in Fahrt....).
Mir ist es tausendmal lieber, wenn mir ein Arzt klipp und klar sagt (wie mein Gastroenterologe): „Die Untersuchungen haben wir ohne Befund durchgeführt, aber ich weiß nicht, was sie haben. Wir können das und das ausprobieren“. Dieser Arzt ist wenigstens ehrlich, er versteckt sich nicht hinter seiner ärztlichen Allwissenheit. Er weiß, daß ich Schmerzen und Probleme und nimmt mich ernst, auch wenn er mir ggfs. nicht helfen kann.
Die Odysee verschiedener Ärzte und anderer Anlaufstellen wie alternative Methoden haben bestimmt schon viele von uns in ihrem jahrelangen Leidensweg hinter sich. Und ich glaube, es ist kein allzugroßes Wunder, wenn der eine oder der andere oder auch ich im Verlaufe dieses Weges zeitweise depressiv wird. Sicher ist es keine Entschuldigung, sich deswegen gehen zu lassen oder zu jammern. Ab und zu tut ein bestimmtes Maß an Selbstmitleid ganz gut. Aber wenn mir ein Arzt sagt, daß ich froh sein soll, daß ich nix „Schlimmes“ habe, dann ist das für mich der pure Hohn. Denn dieser Satz hilft mir nun wirklich nicht weiter, ich habe Schmerzen, mir geht miserabel. Und das ist auch genug für den Augenblick. Ich weiß, daß es Krankheiten gibt gegen die RD lächerlich ist. Und ich bin ehrlich gesagt auch froh, daß es „nur“ RD ist, aber mittlerweile reagiere ich auf so „Bla Bla“ vor allem bei Ärzten ziemlich allergisch.
Durch die Diagnose bzw. Nichtdiagnose der Ärzte vor allem im psychosomatischen Bereich, durch die große Unsicherheit, die dahintersteckt bzw. dadurch erzeugt wird, gehen im „Zahn der Zeit“ ein großer Teil des Selbstbewußtseins und des Selbstwertgefühls drauf. Man fühlt sich den anderen „normalen“ Menschen nicht mehr gleichwertig, sondern eher minderwertig, ein Mensch zweiter Klasse. Überall im Leben muß man zurückstehen, sich einschränken. Und man hat bei Freunden und Gleichaltrigen nicht mal eine Erklärung zur Hand, die vielleicht über einen längeren Zeitraum akzeptiert wird. Sogar meine Familie hat meine Krankheit erst richtig zu akzeptieren begonnen, als sie einen Namen hatte. Vorher hatte ich immer das Gefühl, daß ich sogar in der Familie in Frage gestellt wurde, wenn es mir nicht gutging. So nach dem Motto „sie will sich vor der Arbeit drücken“ oder es wurde(n) verständnislos mit dem Kopf geschüttelt oder gutgemeinte, aber sinnlose Ratschläge gegeben.
Mit den strengen, meist sehr gesunden Ernährungsgewohnheiten erwirbt man sich zusätzlich den Ruf, des Gesundheitsapostels, des spießigen Sonderlings. Man verliert gesellschaftliche Kontakte, kann keine neuen aufbauen. Da man ja hier auch noch mehr investieren muß, als bei bereits bestehenden Freundschaften. Gesellschaftliche Aktivitäten finden nur in den Zeiträumen statt, in dem es einem gutgeht. Man beginnt auch Angst davor zu haben, neue Kontakte zu knüpfen, da man sie in schlechten Zeiten sowieso nicht aufrechterhalten kann bzw. den anderen nicht genug wiedergeben kann. Man verarmt gesellschaftlich und wenn man Pech hat, verliert man auch noch den Job, die letzte Bastion der Selbstbestätigung oder die Beziehung geht bei der Belastung in die Brüche, vom Aufbau einer neuen ganz zu schweigen.
So nun habe ich genug geschrieben und eigentlich viel mehr als ich wollte. Es hat gutgetan, diese Gedanken alle mal aufzuschreiben und natürlich ... ... lassen wir uns niemals nie unterkriegen ... in diesem Sinne ... never surrender ...
Ich danke allen für’s Lesen und bin darauf gespannt auf evtl. Reaktionen.
Haltet die Ohren steif und laßt Euch nicht unterkriegen
Liebgruß
Cl.
zu dem Thema RD und Psychosomatik wollte ich auch schon lange mal meinen „Senf“ dazugeben. In die psychosomatische „gaga“ Ecke gestellt zu werden, gefällt auch mir nicht sonderlich. Es ärgert mich immer wieder neu von den Ärzten (hier insbesondere den Schulmedizinern) als psychisch labiler, verängstigter Mensch von oben herab belächelt zu werden, um dann mit „gütiger, weiser“ Stimme durch die Blume gesagt zu bekommen, daß ich doch beim Psychologen besser aufgehoben wäre, denn körperlich fehle mir ja nach tausend und tausendundeiner Untersuchung nichts. Um die dem „Gott in Weiß“ so fremde Hilflosigkeit nicht einstehen zu müssen, versteckt sich der Medizinermensch hinter dem heut’ ach so modern gewordenen Begriff der „Psychosomatik“.
Sicher spielt sich unsere Krankheit auch in unserem Kopf ab (wie meiner Meinung nach bei jeder Krankheit). Unter bestimmten Voraussetzungen wie Streß, Angst und Unsicherheit verstärken sich die Symptome. Logisch. Ich denke jedoch, daß dies relativ „normal“ ist, daß sich annähernd jedes Krankheitsbild unter Streß und Druck verstärkt, ob das nun eine simple Erkältung ist, die man unter gegebenen Unständen nicht richtig auskurieren kann oder die chronischen Rückenschmerzen, die in der Hektik des Alltags auch nicht besser werden.
Vielleicht können wir Rdler uns mit unserem sensiblen Bauchhirn auch leichter in bestimmte, uns nicht guttuende Verhaltensmuster hineinsteigern bzw. sie mit der Zeit erlernen. Aber das gibt der Schulmedizin noch lange nicht das Wissen und schon gar nicht das Recht, uns körperlich nicht ernst nehmen zu müssen. Nur weil sie keine körperliche Ursache finden können, geben sie uns zu verstehen, daß wir im (Bauch)hirn krank sind. Und an dieser Stelle beginnt für mich die gesellschaftliche Ächtung. Als psychosomatisch und psychologisch bezeichnete Kranke werden nicht nur nicht ernst genommen, sondern es hängt ihnen auch noch das Stigma an, daß sie doch an ihrem Übel selbst schuld sind. Ein Krebskranker, ein Migränepatient oder ein Mensch mit Diabetes werden gesellschaftlich als krank akzeptiert. Keiner wird einem Lungenkrebskranken die Unterstützung entziehen „nur“ weil dieser ein Leben lang geraucht hat.
Ich meine, wir können doch nix dafür, daß wir an einer „Stelle“ erkrankt sind, über die die Medizin bis heut’ nicht ansatzweise Bescheid weiß und über die im medizinischen Bereich erst in letzter Zeit angefangen wird zu reden, geschweige denn im Alltag, wo dieses Thema doch überhaupt nicht bekannt ist und der Darm & Co irgendwie ein Tabuthema ist. Denn wer redet denn schon gern über das, was hinten rauskommt, seine Exkremente, den Stuhl oder auf gut Deutsch „seine schei.“ (sorry, aber ich gerade in Fahrt....).
Mir ist es tausendmal lieber, wenn mir ein Arzt klipp und klar sagt (wie mein Gastroenterologe): „Die Untersuchungen haben wir ohne Befund durchgeführt, aber ich weiß nicht, was sie haben. Wir können das und das ausprobieren“. Dieser Arzt ist wenigstens ehrlich, er versteckt sich nicht hinter seiner ärztlichen Allwissenheit. Er weiß, daß ich Schmerzen und Probleme und nimmt mich ernst, auch wenn er mir ggfs. nicht helfen kann.
Die Odysee verschiedener Ärzte und anderer Anlaufstellen wie alternative Methoden haben bestimmt schon viele von uns in ihrem jahrelangen Leidensweg hinter sich. Und ich glaube, es ist kein allzugroßes Wunder, wenn der eine oder der andere oder auch ich im Verlaufe dieses Weges zeitweise depressiv wird. Sicher ist es keine Entschuldigung, sich deswegen gehen zu lassen oder zu jammern. Ab und zu tut ein bestimmtes Maß an Selbstmitleid ganz gut. Aber wenn mir ein Arzt sagt, daß ich froh sein soll, daß ich nix „Schlimmes“ habe, dann ist das für mich der pure Hohn. Denn dieser Satz hilft mir nun wirklich nicht weiter, ich habe Schmerzen, mir geht miserabel. Und das ist auch genug für den Augenblick. Ich weiß, daß es Krankheiten gibt gegen die RD lächerlich ist. Und ich bin ehrlich gesagt auch froh, daß es „nur“ RD ist, aber mittlerweile reagiere ich auf so „Bla Bla“ vor allem bei Ärzten ziemlich allergisch.
Durch die Diagnose bzw. Nichtdiagnose der Ärzte vor allem im psychosomatischen Bereich, durch die große Unsicherheit, die dahintersteckt bzw. dadurch erzeugt wird, gehen im „Zahn der Zeit“ ein großer Teil des Selbstbewußtseins und des Selbstwertgefühls drauf. Man fühlt sich den anderen „normalen“ Menschen nicht mehr gleichwertig, sondern eher minderwertig, ein Mensch zweiter Klasse. Überall im Leben muß man zurückstehen, sich einschränken. Und man hat bei Freunden und Gleichaltrigen nicht mal eine Erklärung zur Hand, die vielleicht über einen längeren Zeitraum akzeptiert wird. Sogar meine Familie hat meine Krankheit erst richtig zu akzeptieren begonnen, als sie einen Namen hatte. Vorher hatte ich immer das Gefühl, daß ich sogar in der Familie in Frage gestellt wurde, wenn es mir nicht gutging. So nach dem Motto „sie will sich vor der Arbeit drücken“ oder es wurde(n) verständnislos mit dem Kopf geschüttelt oder gutgemeinte, aber sinnlose Ratschläge gegeben.
Mit den strengen, meist sehr gesunden Ernährungsgewohnheiten erwirbt man sich zusätzlich den Ruf, des Gesundheitsapostels, des spießigen Sonderlings. Man verliert gesellschaftliche Kontakte, kann keine neuen aufbauen. Da man ja hier auch noch mehr investieren muß, als bei bereits bestehenden Freundschaften. Gesellschaftliche Aktivitäten finden nur in den Zeiträumen statt, in dem es einem gutgeht. Man beginnt auch Angst davor zu haben, neue Kontakte zu knüpfen, da man sie in schlechten Zeiten sowieso nicht aufrechterhalten kann bzw. den anderen nicht genug wiedergeben kann. Man verarmt gesellschaftlich und wenn man Pech hat, verliert man auch noch den Job, die letzte Bastion der Selbstbestätigung oder die Beziehung geht bei der Belastung in die Brüche, vom Aufbau einer neuen ganz zu schweigen.
So nun habe ich genug geschrieben und eigentlich viel mehr als ich wollte. Es hat gutgetan, diese Gedanken alle mal aufzuschreiben und natürlich ... ... lassen wir uns niemals nie unterkriegen ... in diesem Sinne ... never surrender ...
Ich danke allen für’s Lesen und bin darauf gespannt auf evtl. Reaktionen.
Haltet die Ohren steif und laßt Euch nicht unterkriegen
Liebgruß
Cl.
14.03.2003 00:10 • • 16.03.2003 #1
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