Teil 1:
Aufgrund von persönlichem Leiden möchte ich nun auch kurz schildern wie es für mich war, ist und sein wird. In der Hoffnung, dass irgendjemandem hiermit auch geholfen wird. Ich habe ein zwei Mögichkeiten gefunden einigermaßen bis gut weiterzuleben.
Was habe ich? Das was hier viele auch haben - ohne verfügbare Toilette ist mein Leben stark eingeschränkt. Ich vermeide das Ausgehen, Verreisen und schränke meinen Lebensalltag mehr ein als mir lieb ist.
Vorgeschichte:
Bei mir kam dies vor ca. 15 Jahren im Alter von 14-15 auf, England Reise mit der Schule. In der Gastfamilie englisches Frühstück, dann hat einer meiner Klassenkameraden zu lang auf dem Pott gesessen, sodass ich nicht mehr durfte weil wir schon spät dran waren, als uns unser Gastvater zum Reisebus für den täglichen Ausflug bringen sollte. Ich saß dann in einem 3-türigen Nissan Micra hinten auf der Rückbank (ohne Türen und ohne Fluchtmöglichkeit) eingequetscht zwischen zwei etwas wohlgeformteren Klassenkameraden. Und ich musste auf Klo, dringend, weil ich war ja früh nicht. Schweißausbrüche und aufsteigende Panik wollten sich gegenseitig übertrumpfen. Bis ich irgendwann den Gastvater im Stop-and-Go-Verkehr angeherrscht habe Stop the car, I need to go out! Verloren durch die Londoner Vorstadthölle bin ich geirrt auf der Suche nach einer Möglichkeit, wo ich mich erleichtern konnte. Ende vom Lied: ich habe völlig aufeglöst irgendwo in einem Reihenhausblock geklingelt, eine nette schwarze Frau hat geöffnet nachdem ich ihr erzählt habe, dass ich aus Germany bin auf einem Classtrip und I need to go to your toilet, it´s very dringend (original Wortlaut!). Ich konnte mich dann zum Glück erleichtern und bin dann wieder in die Arme meines Gastvaters gelaufen.
Der Rest des London-Aufenthalts war noch in Ordnung. Die Probleme begannen dann in den kommenden Monaten bis Jahren und reichen teilweise bis heute, 15 Jahre später. Und das, obwohl mir nicht einmal ein Missgeschick passiert ist. Trotzdessen, massives Unwohlsein, Panik, Ängste vor Unternehmungen.
Um das Ausmaß meiner persönlichen Einschränkungen noch einmal darzulegen:
- Zuhause, Besuch und Bad/Klo besetzt - Panik und Stuhldrang!
- Zu Gast irgendwo und Bad/Klo besetzt - Panik und Stuhldrang!
- Einkaufen, Betreten des Ladens, wissen, dass man hier nicht so schnell wieder rauskommt mit den ganzen Waren - Panik und Stuhldrang!
- Öffentlichkeit, Plätze, Lange Schlangen, Staus, Verkehr allgemein (außer Motorrad, da Fluchtmöglichkeit gegeben (kein Kontrollverlust)), Bahn, Bus, Flugzeuge. Einkaufszentren/Ausstellungen, etc.
- Keine Urlaube/Reisen.
- keine einfachen Spaziergänge (auch nicht in Wäldern) - ich kann/will mir die Blöße vor meinen Gefährten nicht geben.
- Angst vor Scham und Peinlichkeiten. Vor dem Chef und Kollegen, den Freunden und Fremden.
ABER:
Man muss sich bewusst machen: Es findet alles nur in meinem (und vielleicht auch nur in DEINEM) Kopf statt. Dort sitzt die Angst und dort muss man sie auch angehen. Ja, andere haben auch körperliche Ursachen. Diese möchte ich hier außer Acht lassen. Ich möchte meine Erfahrungen schildern die rein aus psychischer Belastung hervorgehen. Und man kann diese angehen!
Für extrem wichtig halte ich schonmal KOMMUNIKATION!
Ich habe meine liebe Frau sehr zeitnah, als wir uns vor 12 Jahren kennenlernten, darüber informiert, dass mir viele Sachen Unbehagen bereiten. Seitdem ist sie meine Stütze. Leider zum Leidwesen vieler Entbehrungen (Urlaube, Ausgehen,...). Ein Grund warum ich vor ca. einem Jahr angfangen habe nicht nur für mich eine Veränderung herbeizuführen sondern auch für sie, weil sie es verdient. So ein Faktor kann das Durchhaltevermögen steigern, wenn es nicht nur einem selbst mehr bringt sondern man so mehr für andere bringen/schaffen kann.
30.10.2023 14:51 •
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