Hallo Elvira,
hast schon recht, manchmal muss man versuchen einfach das Ganze positiv zu sehen, sich zu sagen, verdammt, ich bin zwar ziemlich eingeschränkt, aber wenigstens habe ich bis jetzt noch nichts Lebensbedrohliches. Ich finde es ganz toll, was Du auf die Beine gestellt hast! Meist geht es ja auch, man muss es nur erst mal in Angriff nehmen und das ist das Schwere. Ich merke immer mehr, dass meine Darm- und Magenprobleme doch viel mit der Psyche zu tun haben. Mir geht es relativ gut, dann steht irgendetwas „Aussergewöhnliches“ an und meinMagen und Darm fangen an zu rumoren. Mittlerweile können das Kleinigkeiten sein, wie Arztbesuche , einkaufen gehen, irgendwo anders hin müssen o.ä. Von einer Freundin habe ich jetzt die Telefonnummer von ihrem Psychotherapeuten bekommen, dort will ich versuchen so schnell wie möglich einen Termin zu bekommen. - Ich lese gerade das Buch „Garten der Frauen“, sehr gut geschrieben. Dort geht es um eine Frauengruppe, die sich schon jahrelang trifft und die Probleme jeder einzelnen Frau. Eine dieser Frauen hat Krebs, wird von den Freundinnen gut aufgefangen, aber nimmt ihr Schicksal auch selber in die Hand , sieht irgendwann das Leben plötzlich doch noch optimistisch und positiv. Manchmal weiß ich nicht, ob es gut für mich ist, dieses Buch zu lesen, denn der Leidensweg ist schon heftig beschrieben, andererseits finde ich es auch wieder toll zu lesen, mit wieviel Stärke diese Frau ihr Leben meistert und schäme mich dann fast, wie verzweifelt ich oft selber bin, dabei ist bis jetzt nicht wirklich etwas "Schlimmes" festgestellt worden. Es ist eben nur unangenehm und schränkt beachtlich die Lebensqualität ein.
Ja, ich war immer schon eher der ängstliche, stille Typ, der sich nie wehrte, schon als Kind, später in der Schule, dann in der Ausbildung. Stets beliebt, weil ja pflegeleicht und angepasst, geprägt durch Überbehütung im Elternhaus, da die Eltern auch eher ängstlich als forsch waren. Wehe aber ich versuchte mich dann doch mal zu wehren! Da stiess ich ganz schnell auf Unverständnis. Was ist jetzt mit der aufeinmal los?! – Geht mir noch heute so, obwohl ich besser nein sagen kann, als früher. Ich war auch immer schon eher nachdenklich und neige zum Grübeln über Gott und die Welt. Das ist sicher auch das Hauptproblem, denn oberflächliche Menschen denken ja erst gar nicht so viel nach. Mein Exmann war auch so ein Typ, der alles ziemlich locker nahm, im Jetzt und nicht im Gestern oder was wird morgen lebte. Glaub mir, der ist glücklicher und hat gesundheitlich keine Probleme! Möchte manchmal auch wenigstens ein bisschen von dieser Leichtigkeit haben, dann wäre so Vieles einfacher. Vor Weihnachten habe ich echt gedacht, ich bin kurz vor dem Durchdrehen. Ich konnte im wahrsten Sinne des Wortes keinen „klaren Gedanken“ mehr fassen, konnte nachts nicht schlafen, so schwirrten die Gedanken in meinem Kopf rum: Eltern- Kinder- Job – Zukunft – Finanzen – Hund – Beziehung – Krankheit. Das sprang von einem Thema zum nächsten, völlig wirr und ungeordnet hin und her.
Ich bin auch froh, dass man hier Verständnis findet, sich austauschen kann. Sicher meine Freunde und mein Partner versuchen auch verständnisvoll zu sein, sagen mir immer, Du musst mal endlich was an deinem Zustand ändern, aber man merkt in vielen Dingen, dass sie einen doch nicht verstehen und gar nicht nachvollziehen können, wie man sich fühlt. Die Sprüche: .. du hast ja nix Ernsthaftes, sei doch froh oder dies oder jenes hast du doch prima geschafft... kenne ich auch zur genüge. Wie viel Kraft es einen gekostet hat dieses „Dies oder Jenes“ zu bewerkstelligen, sei es eine Tunnelfahrt oder eine längere Autofahrt, egal was, und dass man beim nächsten Mal wieder genauso viel Angst davor hat und 1000 Tode vorher stirbt, die Enttäuschung, wenn man wieder Durchfall hat oder einem mal wieder übel ist, man Krämpfe hat, man wieder mal irgedeine Verabredung absagen muss, das sieht natürlich niemand, da reissst man sich eben einfach nicht genug zusammen. Aber vielleicht erwartet man da von Nichtbetroffenen einfach zu viel.
Man sollte wirklich im Frühjahr oder Sommer mal ein Treffen organisieren. Mittlerweile habe ich einen recht langen und intensiven Mailkontakt zu 3 anderen Betroffenen. Bis jetzt hat aufgrund der langen Anfahrten
( München- Köln- Hannover- Cuxhaven ) noch kein Treffen geklappt. Hättest Du auch Interesse daran?
Erstmal genug nach diesem Roman für heute
Ganz liebe Grüße
Angie
10.01.2002 10:39 •
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